Ein einfacher Belichtungsmesser aus Papier bzw. Karton
Hier gibt es einen äußerst einfachen Belichtungszeitenrechner für Papier bzw. Karton zum Download und ausdrucken. Man erhält damit auf einfachste Art die einigermaßen richtige Kombination Blende / Belichtungszeit an simplen Kameras ohne Elektronik je nach Lichtverhältnis.
Wer oft mit alten, völlig manuellen Kameras unterwegs ist, wird sicherlich stets einen externen Belichtungsmesser in der Tasche haben. Wer aber mit Kameras arbeitet, die gar nicht für das ›perfekte‹ Bild ausgelegt sind – die Lomographie lässt grüßen – für den muss es nicht unbedingt ein teurer Handbelichtungsmesser zur Lichtmessung sein: Eine einfache Rechenscheibe oder eben ein Belichtungsrechner aus Karton bzw. eine Belichtungstabelle reicht da allemal – zumindest wenn Draußen, im Freien fotografiert wird. Sie ist auch als »Backup« dienlich, wenn unverhofft die Batterie der Kamera leer ist.
Es gab früher u. a. die so genannte Agfa-Scheibe und dann auch vor allem verschiedenen Lichtverhältnissen zugeordnete Werte in Tabellen. Diese Methoden funktionieren – zumindest, wenn man nicht gerade bei Kunstlicht fotografiert – erstaunlich gut. Ab und an gibt es diese Rechenscheibe bei Ebay. Das Beste: fürs Erste kann man sich so einen Belichtungsmesser auch ganz einfach selber bauen (wenn auch in einfacher Form).
Kurz etwas Theorie zur Lichtmessung und zum Prinzip des Belichtungs-Rechners

Die meisten Kameras handhaben es völlig automatisch, intern und ohne dass man es vielleicht sogar bemerkt: das richtige Belichten des Filmes oder eben des Sensors. Eine Elektronik misst hierbei die Intensität des Lichtes und stellt von diesem Wert ausgehend eine richtige Kombination Blende / Verschlusszeit ein.
Möchte man aber mit z.B. einer 60 Jahre alten Adox Golf oder Agfa Isolette-Balgenkamera fotografieren oder mit einer Lomo Lubitel, dann steht man schön dumm da: hier gibt es keine Elektronik: Man fotografiert ohne Batterie völlig manuell und muss die entsprechenden Parameter selbst einstellen.
Blende 8 und Sunny 16-Regel
Der Satz »Sonne lacht: Nimm Blende 8« den man manchmal hört, ist natürlich unbrauchbar. Hier fehlen ja zwei Parameter: bei welcher Filmempfindlichkeit gilt diese ›Blende 8‹ und bei welcher Belichtungszeit?
Weitaus besser lässt es sich aber mit der „Sonne 16 Regel“ arbeiten: Hier geht man davon aus, dass bei schönstem Sonnenschein und bei Blende 16 die richtige Verschlusszeit jene ist, die dem Kehrwert der Filmempfindlichkeit entspricht:
Bei einem ISO 400 Film wäre hier bei Blende 16 also die Belichtungszeit von 1/400 richtig. Dies kann man dann umrechnen: bei Blende 8 wäre dann die Verschlusszeit 1/800 relevant usw. Da aber keine manuelle Kamera die 1/400 belichten kann, nimmt man einfach den nächsten Wert: 1/500 usw.
Mit dieser »Sunny-16-Regel« lässt sich also durchaus (bei genügend Licht) auf die Schnelle schon recht gut fotografieren: Man stellt am Verschluss also genau die Zeit ein, die (ungefähr) dem Kehrwert der Filmempfindlichkeit entspricht: Also bei 400 ASA 1/500 Sekunde und bei Sonnenschein Blende 16; bei leichten Wolken dann Blende 11 und bei Wolken blende 8. Fertig. Damit würde man draußen schon recht weit kommen. Man kann ja auch, möchte man bei etwas geöffneter Blende arbeiten, die Zeit entsprechend umrechnen.
Der Belichtungsschieber basiert auf dieser Sunny 16 Regel, berücksichtigt aber eben noch andere Lichtverhältnisse als voller Sonnenschein zum direkten Ablesen und Einstellen und dabei andere Blenden. Als Ergebnis erhält man eine bestimmte Belichtungszeit.
Bauanleitung
Die PDF-Datei wird einfach ausgedruckt und zwar am besten auf etwas stärkerem Karton. Alternativ kann man ein normal starkes Blatt nach dem Ausdrucken auf stärkeres Material kleben.
Der Messschieber besteht aus zwei Teilen A und B, welche ausgeschnitten werden. Teil B wird gefalzt und an der einen Stelle zusammen geklebt, so dass eine Art „Hülle“ für Teil A entsteht. Teil A wird nun einfach eingeschoben.
Ich habe meinen Belichtungszeitenschieber stets im Portmonee. Damit der Messschieber nicht so schnell abnutzt, kann er auch mit breitem, transparenten Klebeband ummantelt werden.
Bedienungsanleitung
Die Bedienung für meinen Belichtungsmesser zum Ausdrucken ist recht einfach:
- Man sucht sich genau den blauen Pfeil, welcher der ISO-Empfindlichkeit (ASA) des eingelegten Filmes entspricht. Alle anderen blauen Pfeile werden ignoriert.
- Man schiebt diesen Pfeil auf das entsprechende Lichtverhältnis. Dieses Lichtverhältnis (bedeckt, sonnig usw.) muss natürlich geschätzt- bzw. auch umgedacht werden: ›Sehr wolkig; Motiv kontrastlos‹ könnte also auch ›Freundin sitzt in recht hellem Zimmer auf Couch ‹heißen.
- Nun erhält man eine Reihe von gültigen Kombinationen aus Blende bzw. Belichtungszeit. Alle sind richtig. Der orange Pfeil zeigt von einer Belichtungszeit auf die jeweils dann richtige Blende.
- Das gewünschte Wertpaar Blende und Belichtungszeit muss nun einfach auf die Kamera übertragen werden. Die Einstellungen am Fotoapparat müssen natürlich eine möglichst breite Auswahl an Blendenwerten und Belichtungszeiten unterstützen.
Es ist darauf zu achten, dass aus Platzgründen die Belichtungszeiten ohne dem „1/“ angegeben sind. Eine 60stel Sekunde (1/60) wird beispielsweise nur als „60“ angegeben usw.
Beispiel zum Ermitteln der richtigen Blende und Verschlusszeit
Bei diesem Beispielbild wird davon ausgegangen, dass ein 400-ASA-Film verwendet wird (z. B. ein ›Ilford HP5‹) und der Himmel bedeckt ist, es kein Sonnenschein und keine Schatten gibt. Beide Werte werden nun gegenüber geschoben:
Als Ergebnis erhält man gültige Werte, welche an die Kamera übertragen werden können:
- Möchten man zum Beispiel eine hohe Schärfentiefe, so stellt man Blende 22 ein und belichtet folglich mit der 1/30 Sekunde.
- Möchte man aber den Hintergrund unscharf haben, stellt man Blende 4 ein und muss dafür aber mit der 1/1000 Sekunde belichten.
Ob die Kamera nun die 1/1000 Sekunde beherrscht, ist natürlich eine andere Sache. Die bereits erwähnten Balgenkameras aus den 50ern schaffen es nicht – Hier müsste dann, dem Beispiel gemäß, die 1/125 bei Blende 11 verwendet werden. Sämtliche Kameras der Gattung Lomographie sind ebenso äußerst eingeschränkt, was die Belichtungssteuerung anbelangt. Ein Belichtungsmesser macht da eben auch nur Sinn, wenn man manuell die bzw. möglichst viele Parameter der Kamera verstellen kann.
Ich finde, so ein einfacher Belichtungsrechner eignet sich auch sehr gut dafür, das Verhältnis zwischen Blende/Verschlusszeit zu verstehen und überhaupt dafür, ein Gefühl für Licht zum Fotografieren zu erlangen. Natürlich ist ein elektrisch arbeitender Handbelichtungsmesser stets vorzuziehen. Aber auch mit so einem einfachen Rechner kommt man schon sehr weit.
Im Zweifel sollte man immer etwas reichlicher belichten: Also entweder einen kleinerer Blendenwert oder eine längere Belichtungszeit wählen. Der Belichtungsschieber ist natürlich auch für Digitalkameras geeignet, sofern diese manuelle Einstellungen zulassen. Man kann ihn stets im Portmonee dabei haben.
Download
Der Belichtungsmesser zum Ausdrucken kann sich als PDF-Datei heruntergeladen werden:
Zum Abspeichern am besten die rechte Maustaste benutzen und dann „Speichern unter…“.
Seit einiger Zeit gibt es recht günstige kleine Belichtungsmesser zum Aufstecken in den Blitzschuh / Zubehörschuh einer (analogen) Kamera. Auf dem Display wird die gemessene Zeit / Blende angezeigt und beide Werte müssen händisch an der Kamera eingestellt werden.
Weitere Rechner
… Hierfür müsste man dann allerdings unterwegs ein Smartphone mit Internetverbindung bereit halten. Allerdings gibt es mittlerweile auch entsprechende Apps, die den selben Zweck erfüllen.
Die »Urversion« dieses Beitrages ist schon recht alt. Damals waren Smartphones noch etwas Besonderes, kaum jemand hatte eines und entsprechende Apps gab es da auch noch nicht.
Wenn Ihr Interesse geweckt wurde, besuchen Sie auch den Artikel → Entfernungsmesser aus Papier. Mit etwas Druckerpapier kann man also zur Not durchaus zwei wichtige elektronische Komponenten einer Kamera ersetzen.
Hallo zusammen,
Ich werde mir auch gleich diesen Belichtungsmesser ausdrucken. Habe mir ne russische FED 5 zugelegt. Auf den Filmverpackungen sind/waren auch solche einfachen Belichtungstabellen drauf. Diese einfachen Tabellen reichen völlig aus und schulen den Zusammenhang von ASA/DIN-Blende-Verschlusszeit.
Gruss Holger