Digitalisierung von Filmen: Höherer Dynamikumfang durch Tiefenscan
Eine wunderbare Symbiose zwischen moderner Bildbearbeitung und traditioneller Fotografie mit den guten alten analogen Kameras bildet die hybride Arbeitsweise: Fotografiert wird mit einer vernünftigen alten analogen Kamera. Der Film wird dann aber zu hause eingescannt und das Negativ am Rechner „entwickelt“. In diesem Artikel möchte ich einen Trick demonstrieren, wie Sie aus einem solchen Negativ wirklich alles an Zeichnung herauskitzeln können!
Vielleicht kennen Sie die alte Fotografenregel: Belichte auf die Schatten und entwickele nach den Lichtern. Dies bedeutet: Gönnen Sie dem Film zunächst viel Licht! Belichten Sie mindestens solange, dass tatsächlich auch die dunkelsten Bereiche Ihres Motivs auch wirklich schön durchgezeichnet sind. Wenn Sie aber nun auch gleichzeitig sehr helle Bereiche im Bild haben, laufen Sie Gefahr, dass diese hellen Bereiche dabei ausfressen bzw. im Negativ eine sehr hohe Dichte annehmen. Sie müssten dieses Negativ nun viel kürzer entwickeln (auf die Lichter entwickeln), damit Ihr Scanner jenes später noch durchleuchten kann.
Dummerweise würden auf diese Art (bei einer verkürzten Entwicklung) alle anderen Motive auf dem Film, einen nur sehr geringen Kontrast aufweisen, so dass man besser ganz normal entwickeln sollte. Ganz besonders beträfe dies das Kontrastverhalten innerhalb der Schatten selbst („lokaler Kontrast“). Hier gäbe es bei einer verkürzten Entwicklung nur eine unzureichende Differenzierung. Ein Beispiel wäre Geäst unter einer Baumkrone: Bei zu dünnen Negativen würden diese Äste in Bezug zum Schwarz daneben nur einen sehr geringen Kontrast aufweisen und somit visuell untergehen bzw. „flau“ wirken.
Doch es ist durchaus möglich, auch sehr dichte Negative zu scannen! Hier bediene ich mich eines simplen Tricks. Man benötigt hierzu zwei Dinge: 1. eine strukturlose Milchglasfolie und 2. Kenntnisse in der Bildbearbeitung. Das Negativ wird bei dieser Methode zweimal hintereinander gescannt: Es findet ein Mehrfachscan bzw. ein zusätzlicher „Tiefenscan“ statt.
Schauen Sie sich das Foto meines Scanners an:
Sie sehen die Messzelle. Diese Messzelle am Negativscanner sollte normalerweise keinesfalls abgedeckt werden, denn der Scanner überprüft damit die Lichtstärke der eingebauten „Abtastlampe“. Nun kommt der Trick: Legen Sie mal eine Folie (diese darf keine Struktur aufweisen) auf die Messzelle und scannen Sie ein Negativ. Sie werden feststellen, dass der Scannvorgang nun sehr viel länger dauern wird. Es findet nun ein Tiefenscann statt.
Das Ergebnis: Die Lichter Ihres Negativs, also die sehr dichten Bereiche werden nun wesentlich besser durchleuchtet bzw. viel detailreicher digitalisiert!
Das Dumme: Die dünnsten Bereiche des Negativs, die „Schatten“ saufen völlig ab.
Und nun kommt die Bildbearbeitung ins Spiel: Sie müssen das Negativ zweimal scannen (Mehrfachscan): einmal ohne Folie, um ein Positiv mit voller Schattenzeichnung zu erlangen (aber wahrscheinlich „blockierten Lichtern“ und im Anschluss ein zweites Mal um ein Positiv mit wesentlich besserer Lichterzeichnung zu erhalten. Im Anschluss müssen sie beide Scanns via Bildbearbeitung zusammen fügen.
Betrachten Sie sich diesen Scann: Die Schattenzeichnung der Burschen im Vordergrund ist genügend vorhanden obwohl in das Gegenlicht fotografiert wurde! Ich belichtete also bei der Aufnahme auf die Schatten. Der Himmel ist daher im Negativ fast ausgefressen, fast! Denn durch meine spezielle „Zweifach-Scantechnik“ kann ich diesen äußerst hohen Dynamikumfang auch mit einem recht einfachen Scanner wie meinem Epson V700 meistern!
Der Himmel gelangt wieder zu Zeichnung. Im Labor müsste ich diesen tüchtig nachbelichten und genau das Gleiche tue ich mit meinem Scanner. So ein hoher Kontrastumfang wie bei diesem Foto ist durchaus zu meistern, jedoch nicht mit einem konventionellem Scann (und im Übrigen auch nicht durch die Funktion „Zweifachscan“ des Silverfast-Programms).
Ich möchte den ganzen Prozess anhand eines sehr überbelichteten Negativs demonstrieren. Die „Überbelichtung“ der hellen Bildbereiche war natürlich nötig, um eine genügende Schattenzeichnung in den dunklen Bildbereichen zu erzielen. Ich wusste bereits bei der Aufnahme, dass ich hier ein gewisses Maß an Bildbearbeitung bzw. meine spezielle Scantechnik einsetzen musste:
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Dieses Foto entstand aus tiefstem Schatten (aus einem Wald direkt an der Ostsee) heraus und ich belichtete so, dass eben die dunkelsten Bereiche im Bild noch Zeichnung haben. Natürlich brennen alle Lichter aus! Der hintere und obere Bereich ist völlig überbelichtet. Denn dahinten am Horizont ist es ja wesentlich (!) heller gewesen als im Schatten unter den Bäumen am Strand.
Der Kontrastumfang dieses Motivs war sehr hoch und durch das Belichten auf die Schatten übertrug ich diesen hohen Kontrastumfang auf mein Negativ. Doch so ein klassischer S/W-Film hat einen enorm hohen Kontrastumfang. Die Frage ist nur: Wie bringe ich nun all die Informationen, die sich noch tief im Negativ befinden auf meinen Computer? Ich scanne das Negativ also ein zweites Mal, aber diesmal lege ich die Folie auf die Scanner-Messzelle:
Sie sehen: Bei diesem Scan erschienen plötzlich Dinge, die vorher überhaupt nicht digitalisiert worden sind! Hier hätte kein Drehen an irgendwelchen Reglern in der Scansoftware geholfen. Die Bildinformationen wurden vorher gar nicht physisch erfasst. Nun haben wir auch alle Lichterinformationen auf dem Computer. Allein: Die Schatten sind völlig zugelaufen.
Als nächstes müssen beide Bilder zu einem einzigen zusammen gesetzt werden. Ich nutze das Programm „Photoshop“. Hier öffnet man einen der beiden Scanns und geht dann auf „Datei / Platzieren“. Mit dieser Funktion platziert man den anderen Scan bzw. die andere Bilddatei über der ersten.
Man hat nun also zwei Ebenen. Die dunklere Version sollte über der helleren liegen. Nun nimmt man das Radiergummie-Werkzeug, stellt dieses auf „sehr weich“ und geringe Deckkraft und radiert sich sozusagen wieder die Schatten frei. Man kann auch die Deckkraft der obersten Ebene etwas abmildern, wenn einem die Lichter schon zu stark gedeckt sind. Alternativ definiert man die oberste Eben als „negativ multiplizieren“. Das Ergebnis sieht bei mir so aus:
Es ist nicht das schönste Ergebnis, doch ich denke, das Prinzip sollte klar sein: Mit der Mehrfach-Scann-Technik, mit dem zusätzlichen Tiefenscan, können Sie noch Informationen aus ihren Negativen herauskitzeln, die Sie so mit bloßem digitalen „Nachbelichten“ bzw. „Kurvenverbiegen“ nie zu sehen bekommen.
Denn beim Tiefenscan greifen Sie optisch in den Scanvorgang ein, ganz ähnlich also, wie man beim echten Vergrößern mit einem Vergrößerer im Fotolabor die Lichter nachbelichtet, indem man an diesen Stellen des Bildes einfach länger bzw. intensiver Licht passieren lässt. Man könnte diese Technik auch „analoges HDR“ nennen – wobei die Basis (das Negativ) hierbei nur aus einer einzigen Aufnahme besteht.
Wenn Sie sich generell für das Scannen von Negativen interessieren, empfehle ich auch meinen Artikel: Rohdaten Scannen für tonwertreiche Bilder. Denn ich vertraue den Scan-Automatiken der Scan-Software keinesfalls: Immer greife ich manuell in den Prozess der Digitalisierung ein.
Hallo Thomas,
danke für Deine Antwort.
Wie es der Zufall so will mußte ich gestern abend für meinen Grafiker einige komplizierte Fotos aufnehmen. Bei dieser Gelegenheit zeigte er mir ganz stolz sein neues Telefon (der Oberklasse). Die damit gemachten Fotos, selbst bei übelstem Licht, brauchen keinen Vergleich mit einer klassischen Kamera zu fürchten. Scharf, rauschfrei und perfekte Farben. Völlig automatisch und ohne jedes Nachdenken. Er möchte schon sein Abo vom PS abbestellen; wären da nicht die ollen Kunden/Fotografen.
Was die kurzen Brennweiten betrifft hast Du recht. Aber das interessiert die Leute doch gar nicht. Wenn es anders wäre dann wäre das Thema Selfie schon längst perdu. Eierköppe à la Weitwinkel sind zur Zeit groß en vogue. Mein Grafiker macht übrigens seine Portraits aus einem Abstand von mind. 1,5 m, stellt seine Opfer in die Bildmitte und schneidet aus. Die Auslösung des Telefons ist ausreichend und Hintergründe sucht er so aus dass sie neutral sind. Mit der Schärfentiefe hat er deshalb keine Probleme. Seine Bilder sind klasse.
Ich sehe für die Kameraindustrie schwarz. Die aktuellen Geräte sind in meinen Augen entweder technisch total veraltet bzw. zu kompliziert und dafür zu teuer und uniteressant oder zu groß, zu schwer und viel zu teuer. Man schaue nur einmal in die Preisliste für Objektive von Canon, Sony oder Nikon. Für eine moderne, kleine Ausrüstung reichen keine 10.000 Euro. Dafür trägt man sich aber einen Bruch.
Meine Entscheidung ist deshalb recht einfach: im Moment fotografiere ich privat zwei Projekte mit einer sehr preiswerten Ausrüstung von Minolta/Yashica; zwei Kameras aus toten Systemen die mir gut reichen.
Für den ganzen Plunder hätte ich – wenn er mir nicht geschenkt worden wäre – vor zwei oder drei Jahren deutlich unter 500 Euro bezahlen müssen.
Filme sind zwar ein wenig teuer aber wenn ich mir den Wertverfall einer Digitalausrüstung betrachte dann kann man damit leben.
Weiter brauche ich pro Motiv (Künstlerportraits) in der Regel einen Rollfilm bzw. bringe auf einem Kleinbildfilm (Landschaftsfotos/Künstlerportraits) gut und gerne 4-6 brauchbare Motive unter. Das ist überschaubar.
Weiter ist die alte Ausrüstung viel kleiner und leichter als eine moderne Digitalkamera. Meine Miniausrüstung für Künsterportraits paßt problemlos in eine Umhängetasche die nicht nach Fototasche aussieht. Ich brauche weder ein unbezahlbares 1,4/85 noch irgendwelche anderen Lichtriesen die ins Gewicht gehen und meine „Opfer“ einschüchtern und mein Portemonaie belasten. Solange die Fotoindustrie in meinen Augen aufs falsche Pferd setzt werde ich sie boykottieren wo immer ich kann.