Eine vernünftige App für das manuelle Blitzen: Manual Flash Calculator
Ich bin ein Freund des manuellen Blitzens. Dummerweise gestaltet sich die Rechnerei und der Umgang mit Tabellen und Leistungsstufen häufig zu einem recht umständlichen Prozedere. Hier stelle ich eine wirklich famose App für das Android-Handy vor.
Hier stelle ich eine sehr praktische App für das Smartphone vor, mit welcher sich das Rechnen erübrigen wird, wenn man zuvor einmalig die einzigen Daten (die feste Leitzahl bei der jeweiligen „Reflektor-Zoomstellung“) seiner Taschensonne eingeben hat. Danach können Lichtkegel und Abstufungen (z. B. „volles Licht“ oder nur Aufhellen) sowie Ändern des ISO-Wertes in der Kamera bequem per Schieberegler in dem Programm berücksichtigt- bzw. berechnet werden. In der Praxis müssen Sie dann nur eines wissen – nämlich den Abstand Blitzgerät zum Motiv. Alle anderen Werte „spuckt“ Ihnen das Programm dann entsprechend aus.
Zunächst: Wenn ich direkt auf meiner DSLR einen kompatiblen Systemblitz nutze, fahre ich diesen – wie sicherlich die meisten Fotofreunde – im TTL-Modus, also im „Autopiloten“. Die Technik ist heute soweit, dass beide Geräte sich ganz wunderbar „unterhalten“ können. Ein Blitzgerät direkt auf der Kamera ergibt für mich in zwei Fällen Sinn:
- Zum Aufhellblitzen bei hartem Sonnenlicht und
- zum Erzeugen eines Pfiffs bei diffusem Umgebungslicht.
Was den ersten Punkt anbelangt: Da sitzt das Blitzgerät tatsächlich an der richtigen Position (gleich neben / über dem Objektiv direkt auf der Kamera). Als Effektlicht sollte man es besser entfesseln. Doch auch hierfür kann es (etwas „gedimmt“) bereits sinnvoll sein, wenn man es direkt auf der Kamera nutzt. Daher ergibt ja auch der integrierte Kamerablitz manchmal durchaus Sinn. In beiden Fällen muss man der TTL-Automatik jedoch mitteilen, dass die Leistung jeweils automatisch um ca. zwei bis drei EV (Blendenstufen) gegenüber dem Umgebungslicht reduziert abgegeben werden sollte. Derlei Korrektureingaben berücksichtigen moderne TTL-Systeme ja problemlos. Und auch viele Funkauslöser wie zum Beispiel das Yongnuo YN622-System unterstützen die TTL-Automatik (sofern man Canon oder Nikon nutzt).
Nun kommt jedoch das große Aber daher: Entfesselt man einen Blitz von der Kamera, dann befindet man sich wahrscheinlich in einer Situation, bei welcher stets kontinuierliche Ergebnisse (je gleiche Lichtabgabe) für eine Bildserie gewünscht sind. Für einen solchen Fall sollte man die Aufsteckblitze so betrachten, als wären sie Studiolampen. Und diese regelt man manuell. Im Gegensatz zu älteren Aufsteckblitzen kann man deren moderne Vertreter heute ebenfalls in sehr feinen Schritten manuell einstellen. Ich fotografiere zudem häufig mit analogen Kameras auf Film. Bei diesen alten Geräten gibt es kein (kompatibles) TTL und natürlich auch kein Display nebst Histogramm. Da ist mir solch ein Rechner auf dem Handy Gold wert.
Für derlei Fälle hatte ich mir anfangs für meine Geräte Tabellen angefertigt. Sie sagen mir grob, bei welchem Abstand (zum Motiv) ich welche Blende an der Kamera wählen muss (hier bei fest eingestelltem Zoom, fest eingestellter Leistung und nur bei zwei ISO-Werten). Allein: Bei vielen Blitzgeräten kann man die Leistung
- durch den Zoom ändern und
- natürlich durch die manuelle Leistungssteuerung in kleinen Schritten fein variieren.
Hierfür müsste ich mir dann riesige Tabellen ausdrucken, die all solche Parameter berücksichtigen. Diese lassen sich jedoch – ob der Größe – nicht mehr so galant auf die Blitzköpfe kleben. Vielleicht kann man sich hierfür auch eine Rechenscheibe aus mehreren Pappscheiben anfertigen. Dies lässt sich heute jedoch auch eleganter lösen – Nämlich mittels einer App für das Handy:
Ich nutze hierfür die App „Manual Flash Calculator“ für mein Android-Handy. Wie sie funktioniert, erkläre ich gleich im Anschluss anhand dreier Beispiele. Diese Leitzahl-Rechner-App können Sie im Google Play Store kostenlos herunter laden. Sie benötigt keine besonderen Rechte und ist sehr klein, was den Speicherplatz anbelangt. Die „Pro-Version“ unterstützt mehrere Profile bzw. mehrere unterschiedliche Blitzgeräte. Zunächst begnüge ich mich mit der kostenlosen Version, mittels derer ich nur ein einziges Blitzgerät verwalten kann.
Mir ist allerdings nicht bekannt, ob es dieses wirklich praktische Programm (oder eine Alternative) auch für das Iphone gibt.
Sie haben diese App auf Ihrem Smartphone installiert? Sie haben Ihr Blitzgerät auf dem Schreibtisch liegen? Dann kann es los gehen. Dummerweise ist das Programm nur in Englisch verfügbar:
- Ganz oben steht ein Wert bei Distance. Das heißt „Entfernung“.
- Aperture ist die Blende.
- ISO ist, klar, der ISO-Wert.
- Bei FEC stellen Sie die gewünschte Leistungsregulierung (z. B. für das Aufhellblitzen) ein, um die beim Rechnen zu berücksichtigen. Dies nutze ich gleich bei meinen Beispielen.
- Bei Power stellen Sie die Leistung ein, welche Sie am manuellen Blitzgerät eingestellt haben, also z. B. „Full“ bei ganzer Leistung oder 1/2 bei um die Hälfte reduzierter Leistung.
- GN Ι Coverage ist der Blitz-Zoom.
Doch zunächst muss man das Programm mit den richtigen Daten füttern. Es muss erst einmal „wissen“, für welches Gerät es die Daten ausrechnen muss:
Die korrekten Leitzahlen eintragen
Sie haben die Bedienungsanleitung zu ihrem Blitzgerät nicht? Sie kennen die (jeweilige) Leitzahl (LZ) nicht? Mit einem schwarzen Tuch und dem Histogramm einer Digitalkamera kann man die LZ recht leicht heraus finden.
In der Bedienungsanleitung Ihres Blitzgerätes wird sich (hoffentlich) eine Tabelle finden, welche Ihnen sagt, welche „Leitzahl“ (das ist die „Blitzstärke“ bzw. die PS-Angabe) das Gerät bei welcher Zoom-Stellung des Blitzkopfes hat. Denn ändert man die Zoomposition, so verändert man zum einen natürlich den Lichtkegel. Zum anderen hat dies auch eine Auswirkung auf die je ab zu gebende Lichtstärke. Dies ist eines der großen Vorteile vom „Manual Flash Calculator“: Im Gegensatz zu simplen Leitzahlrechnern kann diese App derlei Einstellungen am Blitz berücksichtigen!
Standardmäßig sind bei diesem Rechner für das manuelle Blitzen bereits Daten eingetragen. Diese gelten für den populären Blitz „Canon 580EX II“:
Offenbar kann man dieses Blitzgerät bis zu 1/128 herunter regeln. Dies muss man dem Programm mitteilen. Die manuelle Regelung kann hier in 1/3-Stufen erfolgen. Auch dies ist hier in den Einstellungen eingetragen. Wir in Westeuropa rechnen in Metern (und nicht in Feet). Und jetzt wird es interessant: Nun trägt man die Leitzahlen ein, die das Blitzgerät bei der jeweiligen Zoom-Einstellung besitzt. Dies müssen Sie aus der Bedienungsanleitung Ihres Blitzes entnehmen. Diese Anfangsleitzahlen gelten immer für 100 ISO. Im Rechner können Sie dann später einen anderen Wert eintragen – wenn Sie beispielsweise mit ISO 400 fotografieren wollen – und dieser wird berücksichtigt. Zunächst braucht die App aber Anfangswerte, die Sie hier für die jeweilige Reflektorstellung („Zoomwert“) einmalig eintragen müssen.
Was, wenn ich einen alten Blitz ohne Zoom nutzen möchte?
Das ist gar kein Problem. Denn dann wird einfach nur eine einzige Leitzahl eingetragen und zwar für den Wert 35 mm. Dies ist sozusagen die Standard-Reflektorstellung aller Blitzgeräte, die man nicht „zoomen“ kann. Alle anderen Werte sollte man dann in den Settings löschen (Finger drauf und nach links wischen). Dies gilt für fast alle manuell bedienbaren alten Blitze, die man freilich heute immer noch verwenden kann (sofern deren „Triggerspannung“ gering genug ist, damit diese nicht gar die Elektronik der teuren DSLR brät).
Einer meiner Lieblingsblitzgeräte ist der gute, alte Metz-Stabblitz. Auch dieser hat keine Funktion, den Lichtkegel via Zoom zu verändern. Also trug ich in die App ein:
- „Guide Number“: 33
(Das ist bei diesem Gerät die konservative Leitzahl, die reguläre beträgt freilich 45. Hierzu gleich mehr.) - „Coverage“: 35
(Diese Ziffer ist eigentlich egal. Sie dient nur zur Orientierung. 35 mm = leicht weitwinkliger Lichtkegel.)
Mit diesem einen Datensatz kann das Gerät nun bedient werden. Einige Modelle dieses Typs lassen sich auch noch manuell in der Leistung regeln (und zwar in ganzen Schritten [nicht in halben oder Dritteln). Auch dies sollte dann definiert werden. Die „Anfangs-Leitzahl“ verringert sich dann pro herunter gestellter voller Stufe um den Divisior „1,4“. Der Leuchtkegel „Coverage“ bleibt hierbei natürlich immer der Gleiche.
Eine Möglichkeit, den Zoom (also den Leuchtkegel) zu ändern gibt es hier jedoch immer: Nämlich mittels der Streuscheibe, die original stets beigelegt war. Besitzt man sie, kann man noch einen zweiten Punkt anlegen: Guide Number = 24 und Coverage = 24. Bei vielen Blitzgeräten verhält es sich ganz ähnlich. Sie müssen halt immer nur die (jeweilige) Leitzahl wissen und die App einmalig damit füttern.
Was den besagten alten Metzblitz anbelangt: Dieser besitzt selbst eine ziemlich raffiniert gemachte, eingebaute Rechenscheibe. Hierfür braucht man die App eigentlich nicht. Viele andere, alte „analoge“ Blitzgeräte besitzen eine solche jedoch nicht (sondern unübersichtliche Tabellen).
Ich selbst habe kein Canon-Blitzgerät (wie es bereits in der Vorgabe eingetragen ist). Ich arbeite seit Jahren mit den günstigen Yongnuo-Blitzen und zwar auf diversen Digitalkameras von Nikon wie auch auf alten analogen. In der Bedienungsanleitung von Yongnuo (leider nur auf Englisch [oder eben Chinesisch“]) befinden sich aber diese Werte.
So sieht mein Setting für meinen Yongnuo YN685 Blitz aus:
Einstellungen als Beispiel für meinen Yongnuo-Blitz
Hinweis: Diese Einstellungen sind sicherlich auch auf alle anderen stärkeren Yonguo-Blitzgeräte übertragbar (YN560, YN565, YN660, YN568, …). Deren Leistung und Zoompositionen ähneln sich ja bzw. sind gar gleich.
Sicherlich fragen Sie sich an dieser Stelle, warum die Leitzahlen („Guide Number“) bei mir so gering ausfallen. Der Canon-Blitz weist hier doch viel höhere Werte auf. Die Frage ist berechtigt. Tatsächlich sind beide Geräte ungefähr gleich stark. Ich arbeite jedoch stets mit den konservativen Leitzahlen!
Was hat es denn damit auf sich? Blitzen Sie ein Motiv direkt an (Das Blitzgerät befindet sich direkt über bzw. neben dem Objektiv) kommt es zu einer Reflexion. Dies bewirkt eine künstliche Aufhellung und hierfür sind die regulären Leitzahlen richtig. Entfesseln Sie jedoch Ihr Blitzgerät, ist diese direkte Reflexion nicht mehr vorhanden. Ein schwarzes Tuch beispielsweise würde nun (schräg beleuchtet) plötzlich ohne Faltenwurf (also unterbelichtet) abgebildet werden. Daher arbeite ich stets mit der konservativen Leitzahl bzw. rechne damit. Sie ist es auch, welche durch einen Blitzbelichtungsmesser ermittelt wird. Mit eben solch einem echten Blitzbelichtungsmesser hatte ich meine (konservativen) Leitzahlen ermittelt, die ich dann – je nach Zoomposition – in den Einstellungen der App eingetragen hatte.
Faustformel: Reguläre Leitzahl geteilt durch 1,4 = konservative Leitzahl.
Diese regulären Leitzahlen können Sie ja aus der Bedienungsanleitung Ihres Blitzgerätes entnehmen. Die Zoomstellung sollte daneben stehen. Wählen Sie hier unbedingt die Spalte „100 ISO“. Dies sind die Daten, die Sie zunächst in die App eintragen müssen. Ich empfehle Ihnen, diese Werte dann mit „1,4“ zu dividieren, um auf die konservative Leitzahl zu kommen. Diese sollten Sie dann für jede Zoomstellung in die Blitz-App einsetzen.
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Vergessen Sie auch nicht die Optionen „Power Range“ (Bereich innerhalb welchem gedimmt werden kann) und „Increment“ (Stufen, innerhalb welcher die Leistung reguliert werden kann) anzupassen. Bei meinem Yongnuo-Blitz verhält es sich genau so wie bei dem voreingestellten von Canon 580EX II: Er lässt sich manuell bis auf 1/128 in der Leistung herunter regeln und dies ganz fein in 1/3-Schritten.
Übrigens: Ich habe hier einige Zoompositionen übersprungen. Zum einen benutze ich nur wenige. Zum anderen ändert sich die Leitzahl kaum, wenn ich den Zoom z. B. von 28 mm auf 35 mm ändere. Mir reichen hier für die spätere Berechnung die „Eckpfeiler“.
Nun ist alles korrekt eingestellt. Die App weiß nun, für was für ein Gerät sie die Leistung bestimmen soll. Jetzt geht es für ein Beispielfoto raus in den Herbstwald:
Die Manual Flash Calculator App anhand eines Beispiels nutzen
Jetzt möchte ich Ihnen einmal demonstrieren, wie man ganz ohne TTL-Automatiken recht raffiniert blitzen kann – nämlich manuell mit solch einem hübschen App-Rechner. Auch Aufhellblitzen und Effektblitzen ist hiermit ganz einfach möglich. Man muss nur den Abstand zum Motiv wissen. Dies ist die einzige Variabel, die man vor Ort noch ermitteln muss. Die Blitzgeräte-App wurde ja zuvor bereits mit den nötigen Daten gefüttert und dann kann es ja los gehen:
Dieses Foto entstammt einer kleinen Serie, die ich mit meiner analogen Kamera aufgenommen hatte. Bei diesem Fotoapparat gibt es freilich keine moderne TTL-Verknüpfung zum Blitz: Beide können sich nicht unterhalten. Es kann hier lediglich ein Signal zum Auslösen gesendet werden. Die nötige Blitzstärke stellt man am Blitzgerät manuell ein bzw. ermittelt sie anhand des „Flash Calculators“ auf dem Smartphone. Und: Ich habe hier kein Display zur Verfügung, auf welchem ich die Lichtmenge beurteilen kann, die meine Taschensonne abgegeben hat. Ich muss mich nun auf den Rechner verlassen (und das funktioniert auch).
Nun diente bei diesem Motiv das (diffuse) Umgebungslicht als primäre Lichtquelle. Auf sie war die Belichtungszeit der Kamera fest (manuell) eingestellt. Allein: Ich wollte zusätzlich noch einen Pfiff auf den mit Efeu bewachsenen Baum im Vordergrund haben. Eine „Prise“ hartes Blitzlicht sollte hier zusätzlich dieses Motivelement freistellen. Dies bewirkt, dass der Bewuchs im Vordergrund etwas „knackiger“ abgebildet wird als würde man zur Beleuchtung lediglich das vorhandene (diffuse) „available Light“ (Umgebungslicht) nutzen. Der Hintergrund kann / soll etwas „sanfter“ abgebildet werden (nur weiches Licht).
Mein Aufsteckblitzgerät befand sich für diese Aufnahme direkt auf der Kamera. Besser wäre es gewesen, hätte ich es noch entfesselt. Doch bei der Wanderung wollte ich nicht noch zusätzlich ein Stativ bzw. ein Funkauslöser-System mitnehmen. Der Effekt funktioniert in diesem Fall auch mit direktem Kunstlicht als „Push“. Wichtig war für die Aufnahme, dass ich zunächst ermitteln musste, in welchem Abstand sich der vordere Baum (um den es mir ja ging) zum Blitzgerät befand. Es waren hier vier Meter. Dies kann man recht einfach z. B. durch Fußschritte ermitteln. Da das Objektiv meiner analogen Kamera Meter-Zahlen aufgedruckt hat, fokussierte ich einfach auf den Efeu und las ab, auf welche Entfernungseinstellung das Objektiv nun eingestellt ist. Die weiteren Schritte erkläre ich am besten gleich sehr übersichtlich anhand eines Screenshots:
- Als erstes stelle ich den ISO-Wert im Rechner ein, mit welchem ich fotografieren möchte. Bei mir waren es 400 ISO, denn in meiner analogen Kamera befand sich der Kodak Tri-X mit einer Empfindlichkeit von eben 400 ISO. Sie werden sicherlich digital fotografieren. Hier teilen Sie der Blitz-Rechner-App den Wert mit, welchen Sie an Ihrer Digitalkamera eingestellt haben.
Die Kamera sollte hierfür natürlich im manuellen Modus betrieben werden, damit sich derlei Werte nicht etwa wieder von selbst verstellen! - Als nächstes müssen Sie sich natürlich überlegt haben, bei welcher Blende Sie das Motiv aufnehmen möchten. Ich stellte meine Kamera manuell auf Blende F/3.5 ein. Dies war hier bei meinem Modell die größte Blendenöffnung, denn ich wollte den Hintergrund möglichst unscharf abgebildet haben. Auch diesen Wert muss die App zur Berechnung der korrekten Blitzleistung wissen.
- Jetzt wird es wieder interessant: Bei Schritt Nummer 3 sagen Sie dem Blitz-Rechner, auf welche Zoom-Position Ihr Blitz eingestellt ist: Geringe Zoomwerte leuchten das gesamte Motiv aus. Hohe Zoomwerte zielen nur einen bestimmten Teil vom fotografischen Motiv an. Ich wollte nur den vorderen Baumstamm mit dem Blitzgerät „treffen“ und wählte daher eine Zoomposition von 105 mm. Der Lichtkegel war hier also schon recht eng begrenzt. Hierzu drehte ich den Kopf des Blitzes freilich in Richtung des vom Efeu bewachsenen Baumes.
- Und jetzt wird es noch interessanter: Bei Schritt 4 steuern wir den Beleuchtungscharakter! Mein Motiv ist doch bereits vom Tageslicht korrekt beleuchtet (bzw. die Verschlusszeit der Kamera darauf eingestellt)! Das Blitzlicht soll lediglich als Effektlicht „obendrauf“ dienlich sein! Daher teile ich hier der App mit, dass sie dies berücksichtigen soll. Sie soll daher später einen Wert ermitteln, welcher für eine lediglich reduzierte Lichtleistung gültig ist! Sie wissen doch: Es geht mir bei diesem Beispiel lediglich um einen Push, um einen Pfiff.
Und deswegen habe ich an dieser Stelle einen Wert von „-2.0 EV“ definiert. Sie können es auch mit -3 EV probieren (dies bietet sich beim Aufhellblitzen bei hartem Sonnenlicht an) oder mit -1 EV (für einen etwas dominanteren Effekt). Sollten Sie jedoch das Blitzlicht als alleinige Lichtquelle (im Studio oder bei Nacht) nutzen, müssen Sie diesen Regler natürlich auf „0.0 EV“ (ganze Lichtabgabe) belassen. Ansonsten wird Ihr Motiv unterbelichtet. - Und jetzt kommt es zum „Finale“: Nun schieben Sie den Regler „Power“ so lange hin und her, bis die Anzeige ganz oben „Distance“ (Entfernung) ungefähr eben die Entfernung anzeigt, welche Sie ganz am Anfang ermittelt hatten bzw. in welcher sich Ihr Blitzgerät vom Motiv entfernt befindet.
Bei mir waren es bei diesem Beispiel ja vier Meter. Und bei einer „Power-Einstellung“ von 1/64 EV + 0,3 wird dann genau die Blitzleistung abgegeben, die nötig ist, um hier meinem Efeu einen gewissen Pfiff an hartem Kunstlicht zu geben. Alle zuvor eingestellten Parameter wurden berücksichtigt.
Genau diese „Power-Einstellung“ stellte ich dann manuell an meinem Aufsteckblitz ein.
So einfach geht das!
Sind alle Parameter gesetzt, besteht die tatsächliche Einstellung beim manuellen Blitzen also nur noch darin, den „Power-Regler“ so zu verschieben, bis die Entfernungsangabe oben („Distance“) mit der Ihrigen übereinstimmt:
Jetzt wissen Sie auch, warum man bei neueren Blitzgeräten die Leistung manuell so fein variieren kann. Dies geht bei den alten leider nicht. Wer noch keines hat: Ich empfehle hier immer so einen manuellen modernen Blitz, die so um die 80 Euro neu kosten und die ich seit Jahren auch nutze.
Ein zweites Beispiel zum manuellen Errechnen der korrekten Blitzleistung
Eben hatten Sie einen guten Einblick darin, wie man das manuell regelbare Kunstlicht perfekt auf die eigenen Bedürfnisse einstellen kann. Dies geht in der Praxis übrigens recht zügig vonstatten, wenn man den Dreh erst einmal raus hat. Es sei in diesem Artikel noch einem zweiten Beispiel Platz gestattet sein:
Diesmal soll es etwas Größeres sein: Ein kleines Grüpplein Birken schmiegt sich da an den Wegesrand. Fotografiert werden soll nun bei ISO 200 (das ergibt weniger Rauschen). Außerdem soll nun bei Blende 5.6 gearbeitet werden (dies ergibt ja mehr Schärfentiefe). Beides stelle ich zunächst in meinem Blitzleistungs-App-Rechner ein. Die Geschichte mit der Leitzahl geht mich nun nichts mehr an. Diese Daten hatte ich ja zuvor in den „Settings“ hinterlegt. Ich muss nicht mehr (um-) rechnen.
Wieder stelle ich die Belichtungszeit der Kamera manuell auf einen Wert, dass das Ensemble bereits durch das Tageslicht korrekt beleuchtet werden wird. Mein Blitzgerät steht entfesselt auf einem Stativ. Dieses Kunstlich soll nun wieder nur für den besagten Push wirken (was ich damit meine, können Sie in diesem Beitrag anhand von Beispielfotos sehen). Und daher stelle ich den Regler „FEC“ auf „-1.0 EV“ in der App. Das Stativ mit dem Blitzgerät ist diesmal etwas seitlich vom Motiv positioniert. Es ist entfesselt und wird mittels Funkauslöser von der Kamera aus angesteuert. Durch die seitliche Positionierung erhalte ich eine prägnante Schattenwirkung, einen „Pfiff“ harten Lichtes, welches die Oberflächenstruktur betont, wohingegen der Rest des Bildes sanft vom diffusen Umgebungslicht beleuchtet wird.
Den Zoomreflektor des Blitzes stelle ich bei diesem Beispiel gleich auf die maximale Stellung: 200 mm und freilich übertrage ich diese Information auch auf meinen Leitzahl-App-Rechner. Ich muss hier nicht unbedingt die selben Millimeterwerte nutzen, die meine aktuelle Objektivbrennweite besitzt! Denn das Kunstlicht soll doch viel weiter weg positioniert werden und hier reicht dann auch ein enger Lichtkegel (Zoomstellung auf z. B. 200 mm).
Den „Power-Regler“ stelle ich jetzt hingegen auf „Full“ und somit stelle ich die Leistung des Blitzgerätes auch auf „1“ bzw. auf „volle Leistung“. Denn ich möchte bei diesem Rechenbeispiel ja heraus finden, wie weit ich mein Blitzgerät auf dem Stativ entfesselt vom Motiv entfernt positionieren kann. Es sind nun hier 11,4 Meter. Das reicht aus, um der kleinen Birkengruppe gleichmäßig (ohne Lichtabfall) einen deutlichen „Pfiff“ (Kunstlicht von -1 EV) zusätzlich verpassen zu können. So werden sich diese Bäumchen auf der Fotografie elegant vom Hintergrund lösen können ohne, dass es gar zu künstlich ausschaut.
Dieses Foto demonstriert im Kleinen das Prinzip: Damit der Vordergrund (Holz vorne) nicht heller abgebildet wird als der Hintergrund des zentralen Motivbestandteiles (abgestorbener Baum), muss man das Blitzgerät möglichst weit entfesselt positionieren. Wie weit (bei welchen Parametern), dies zeigt einem die hier vorgestellte App an.
Die Stärke eines Haarlichtes manuell einstellen
Ich möchte noch ein drittes (theoretisches) Beispiel nachschieben. Sicherlich kennen Sie das typische Porträt-Setting: Softbox von der Seite, Aufheller oder eine um zwei bis drei Blenden schwächere zweite Softbox von der anderen Seite und: das Haarlicht in Form eines etwas schräg von hinten installiertem „nackten“ Blitzgerätes. Dieses harte Streiflicht wird auch häufig beim Film für Interviews mit Personen benutzt (z. B. bei Guido-Knopp-Dokumentationen). Es streift die Person und verleiht ihr oftmals etwas „Präsenz“. Manchmal wird hierfür noch ein Farbfilter genutzt. Doch auf so etwas verzichte ich hier besser.
Solch ein hartes Haarlicht bzw. Effektlicht sollte um ca. zwei Blenden (-2 EV) schwächer eingestellt sein, als wäre es die primäre Lichtquelle (manche Fotografen oder Lichtsetzer beim Film machen hier übrigens manchmal den Fehler und lassen das Haar „ausbrennen“). Was soll ich hier nun am manuellen Blitz konkret einstellen? Der Manual Flash Calculator sagt es uns ganz schnell:
- Diesmal fotografiere ich mit Blende 2.8. Dies habe ich der App wieder „mitgeteilt“: Aperture F/2.8. Denn ich möchte ja bei einem Porträt den Hintergrund schön unscharf abgebildet haben. Weiterhin fotografiere ich hier bei ISO 100. Auch dies übertrage ich schnell in die App.
- Jetzt, ganz wichtig: Bei „FEC“ stelle ich „-2.0 EV“ ein. Denn es geht ja um mein Effektlicht. Dieses Haarlicht soll um Minus zwei Blenden Licht abgeben. Es sollte die Lichtsituation keinesfalls dominieren! Es stellt ja nicht die Hauptlichtquelle dar.
- Ganz unten bei „“GN Coverage“ stelle ich „200mm“ ein. Dies ist der maximale Zoom meines Yongnuo-Blitzes. Denn solch ein Haarlicht soll natürlich eng und gerichtet abgegeben werden. Es soll nur auf den Kopf meiner porträtierten Person zielen. Auch diese Information teile ich dieser Blitz-App mit.
- So. Nun wird es interessant: Ich weiß, dass bei meinem Beispiel der entfesselte Yongnuo-Blitz auf dem Stativ ca. zwei Meter entfernt von der Person positioniert ist. Also schiebe ich den „Power-Regler“ soweit, bis oben auf dem Bildschirm eben diese zwei Meter angezeigt werden (Distance 2.0m). Ich lese dann ab: Ich muss hier mein Blitzgerät manuell ganz nach unten regeln (Power 1/128), damit ich bei den anderen, eingestellten Parametern ein um -2 EV reduziertes Haarlicht einstellen kann. Diesen Wert (1/128 Leistung) übertrug ich dann auf den Blitz. Fertig!
Dieser gesamte Vorgang geht mit dieser App tatsächlich sehr schnell. Ich bin wahrlich entzückt. Mit der TTL-Blitzautomatik wird solch ein Setting jedenfalls kaum möglich sein – erst recht nicht reproduzierbar.
Übrigens: Wenn Sie Ihr Blitzgerät hinter einer Softbox oder hinter einem Blitzschirm als Hauptlichtquelle berechnen möchten, dann tragen Sie in die App „+1 EV“ ein. Denn Softbox und Blitzschirm „schlucken“ ca. eine Blende Lichtstärke. Dieser Lichtverlust muss ja bei den Berechnungen berücksichtigt werden. Idealerweise nutzen Sie hierfür die Pro-Version der App bzw. legen sich ein gesondertes Profil (z. B. „Mein Nikonblitz bei 24 mm hinter Softbox“) mit (geringerer Leitzahl [geteilt durch 1,4″]) nur für einen Blitz in der Softbox an. In diesem, bereits korrigierten Fall muss der „EV-Wert“ (Schieber „FEC“) beim Rechnen freilich wieder auf „0 EV“ stehen.
Einige +/- EV Einstellungen aus der Praxis
Zuletzt soll es noch eine kleine Liste aus meiner Praxis geben, wofür manche + EV bzw. – EV Einstellungen sinnvoll sind. EV bedeutet „Exposure Value“ bzw. übersetzt „Lichtwert“.
Ich arbeite hier immer mit der zuvor ermittelten „konservativen Leitzahl“ als Grundeinstellung im Programm. Wie aus den Beispielen ersichtlich funktioniert der Workflow immer so: Man definiert die gewünschte Stärke der Lichtabgabe (Plus EV oder Minus EV) und verschiebt dann den Regler „Power“ so, dass oben bei „Distance“ die korrekte Entfernung zum Motiv angezeigt wird. Den so ermittelten „Power-Wert“ überträgt man an das manuell einstellbare Blitzgerät.
Korrektes Ausleuchten bei 0 EV
Bei dieser Einstellung gibt der Blitz die korrekte Leistung ab, um ein Motiv so auszuleuchten, dass auch die Schattenzeichnung genügend vorhanden ist. Diese Einstellung ist wichtig, wenn das Blitzgerät die primäre oder gar die alleinige Lichtquelle ist.
Direktes Blitzen direkt von der Kamera -1 EV
Setzt man ein Blitzgerät direkt auf die Kamera und richtet den Reflektor zum Motiv, kommt es zu einer künstlichen Aufhellung, da hier der Einfallwinkel und Ausfallwinkel gleich ist. Das Blitzlicht reflektiert. Für diesen Fall sind auch die normalen „regulären“ Leitzahlen gedacht. Da ich jedoch mit der konservativen rechne, kann nun eine Korrektur vorgenommen werden und zwar um -1 EV. Die Schatten werden dann dennoch ihre genügende Durchzeichnung besitzen.
Mischlicht bzw. dem Motiv bei diffusem Umgebungslicht einen Pfiff geben -1 EV
Dies ist mein liebstes „Setting“: Die Kamera ist bei diffusem Umgebungslicht (z. B. bewölkter Himmel) so eingestellt, dass dieses das primäre Licht für die Aufnahme bildet. Das Blitzgerät steht entfesselt seitlich daneben. Oft stelle ich es mehrere Meter weit weg (gleichmäßiges Licht) und stelle den Zoom auf das Maximum. Die Einstellung von – 1 EV bewirkt, dass das Kunstlicht die Szene nicht dominiert, dem Motiv jedoch einen gewissen Pfiff gibt und es so etwas kontrastreicher und schärfer vor der Umgebung abbildet. Außerdem werden so teilweise noch einige Schatten aufgehellt.
Aufhellblitzen bei -3 EV
Aufhellblitzen nutzt man, wenn hartes Sonnenlicht von der Seite auf das Motiv gelangt. Dies bewirkt unruhig wirkende, schwarze Schatten. Bei diesem „Blitzrezept“ befindet sich das Blitzgerät wieder direkt auf der Kamera. Aufgrund der konservativen Leitzahl stelle ich an der Rechner-App nun „-3 EV“ ein. Dies sorgt für eine dezente aber genügende Aufhellung der Schatten. Das Bild wird ruhiger, „harmonischer“ wirken.
Bei Gegenlicht aufhellen mit -2 EV
Befindet sich jedoch die Sonne hinter einer Person (und diese ist dann im Schatten), so muss ich etwas mehr Gas geben. Ich rechne hier mit -2 EV. Herbei befindet sich der Blitz auch direkt auf der Kamera bzw. direkt über / neben dem Objektiv. Bei -1 EV würde das Aufhellen schon zu dominant, zu künstlich wirken – Erst recht natürlich, wenn man hier die volle („normale“) Blitzleistung von 0 EV abgibt.
Durch eine Softbox oder durch einen Blitzschirm beleuchten + 1 EV
Installiert man sein Blitzgerät in einer Softbox, so schluckt diese mindestens eine Blende (1 EV) Licht. Dies hatte ich ja etwas weiter oben schon erwähnt. Auch mein Blitzschirm verursacht einen Lichtabfall von ca. einem EV-Wert. Dies muss der App gesagt werden. Also trage ich hier + 1 EV ein.
Diese Angabe haben für meine Praxis immer recht gut funktioniert. Hin und wieder musste ich sie bei manchen Motiven etwas korrigieren.
Kurzum
Dummerweise bin ich doch erst recht spät auf diese App gekommen. Es gibt sie ja bereits seit einigen Jahren. Bisher hatte ich immer mit Tabellen gearbeitet, die aber nicht alle einstellbaren Werte (Zoompositionen, ISO-Werte) beinhalten konnten, da sie so viel zu umfangreich (groß) geworden wären. Ich hatte auch noch einen anderen Leitzahl-Rechner auf dem Smartphone. Doch dieser unterstützte nicht die hervorragende Funktion, dass man für jedes Gerät pro Zoomeinstellung eine andere Leitzahl anlegen kann. Außerdem gab es hier die Leistungsregelung nicht bzw. wurde sie nicht berücksichtigt. So etwas benötigt man jedoch für raffiniertes Blitzen.
Nur ein einziger Blitz - dies ist die Prämisse bei diesem Buch. Der Autor vermittelt Techniken, mittels derer man mit möglichst minimalistischem Setting dennoch zu aussagekräftigen Fotografien gelangt, eben nur mit einem einzigen Blitzgerät.
Vielleicht werden Sie Schwierigkeiten haben, die exakte Leitzahl bei der jeweiligen Zoomstellung des Reflektorkopfes Ihres Blitzgerätes zu ermitteln. Idealerweise nutzt man hierzu einen Blitzbelichtungsmesser. Doch grämen Sie sich nicht, wenn Sie keinen haben! Sie können diese Werte auch recht einfach mit dem Histogramm der Digitalkamera und einer schwarzen Socke ermitteln. Über diesen Tipp hatte ich an dieser Stelle einen Beitrag geschrieben. Diese Werte tragen Sie nun einmalig in den „Manual Flash Calculator“ ein und werden in Zukunft stets die richtige Lichtmenge dosieren können.
Was ich bei diesem Leitzahl-Rechner noch vermisse? Es wären hier zwei Punkte: Zum einen könnte man noch eine Funktion einbauen, die den Fotografen dahingehend unterstützt, wenn er die Mehrfach-Blitzmethode nutzen möchte (also um mit einem schwachen Blitz durch mehrfaches Auslösen die Reichweite erhöhen zu können). Zum anderen wäre ein weiterer Schieberechner sinnvoll, wenn man eine Kamera mit Balgen nutzt (Großformat oder Balgen für Makroaufnahmen). Denn durch einen solchen geht ja auch ein Verlust der Lichtempfindlichkeit einher. Derlei Spezialitäten könnte man sich ja in den „Settings“ freischalten, da die meisten so etwas natürlich nicht nutzen.
Ich bin mit dem Programm aber hoch zufrieden und denke, ich werde mir wohl auch die Pro-Version der App zulegen. Denn dann kann ich auch mehrere unterschiedliche Blitzgeräte (Profile) managen.
Hallo! Vielen Dank für diese tolle Einführung ins manuelle Blitzen und die Vorstellung und Erklärung der App.