Die richtige Belichtung: Denken in Blendenstufen und Blendenreihe
Wie bei allen anderen Fachgebieten auch benötigt man innerhalb der Fotografie ein gewisses Vokabular, um sich korrekt und vor allem knapp verständigen zu können. Hier kommt dem Begriff „Blende“ eine ganz besondere Bedeutung zu. Auf diesem Blog bzw. in diversen Artikeln werde ich oft von Blenden im Sinne von Lichtstärke und Belichtung reden. Daher ist es wichtig, dieses System verstanden zu haben.
Ich stoße oftmals in meinem Bekannten- bzw. Freundeskreis – in welchem es durchaus recht viele Leute gibt, die fotografieren – auf ein gewisses Unverständnis, was den Begriff „Blende“ (auch als F bezeichnet) anbelangt. In diesem Artikel versuche ich nun also dieses Fachwort in Bezug auf Lichtstärke näher zu entschlüsseln bzw. möchte erklären, was man unter diesem Begriff versteht, wenn es um Lichtintensität geht.
Die optische Blende im eigentlichen Zusammenhang
Zunächst setze ich natürlich voraus, dass der Begriff Blende in seiner eigentlichen Bedeutung auf dem Gebiet der Fotografie klar ist – dass also jeder weiß, dass man mit der fotografischen Iris-Blende am Objektiv bzw. mittels der Blendenreihe die Lichtmenge variiert, welche auf den Sensor bzw. Film fällt und auch, dass man mit der Blende die Größe der sogenannten „Zerstreuungskreise“ ändert und somit die Schärfentiefe definiert. Alles kein Problem. Alles bereits mehrmals durchgesprochen. Hierzu gibt es genügend Erklärungen – auch im Netz z. B. beim Fotolehrgang im Internet.
Das Blendenmodell bei der Beurteilung von Lichtverhältnissen
Aber auch bei der Beurteilung von Lichtstärke und -(Ein)Wirkung benutzt man den Begriff „Blende“. Hier meint man aber nicht unbedingt, dass tatsächlich die eigentliche Blende am Objektiv geändert wird!
»Gib mir mal ’ne Blende mehr Licht« oder »In einer Stunde wird die Sonne zwei Blenden dunkler sein« sind Aussagen, die den Begriff Blende im Kontext haben, aber nichts mit dem Verstellen der Objektiv-Blende zu tun haben. »Dieses Motiv ist ca. zwei Blenden überbelichtet« wäre ein weiterer Kommentar, den man in dieser Form vielleicht bisweilen hört oder: »Dieser ND-Filter schluckt drei Blenden Licht« Was ist damit aber gemeint?
Machen Sie mal eine Aufnahmereihe von einer Fläche mittleren Grau und öffnen bzw. schließen Sie die Blende des Objektives jeweils um einen ganzen Schritt. Wichtig: Die Kamera muss sich hierbei im manuellen Modus befinden. Bitte benutzen Sie hierfür die ganzen Blendenschritte – also z. B. 5.6 / 8 /11 usw. Siehe hier: Wikipedia, Blendenreihe. Heutige Kameras bieten auch Zwischenschritte (z. B. Blende 10) an. Solche Werte sind didaktisch eher verwirrend und sollten bei einer Blendenreihe nicht verwendet werden (so genau muss man die Blendenreihe nicht unbedeingt unterteilen).
Sie werden natürlich feststellen, dass diese graue Fläche nun um ganz bestimmte Stufen heller oder eben dunkler wird. Und genau diese Stufen sind die Blenden-Stufen, die wir bei dieser Betrachtung meinen. Öffnen Sie die Blende um einen Wert (z. B. von Blende 16 auf Blende 11), wird das Grau um einen gewissen Wert heller: Sie haben eine Blende reichlicher belichtet.
Sie können aber ebenfalls auch „eine Blende“ reichlicher belichten, wenn Sie die die eigentliche Blende Ihres Objektives in Ruhe lassen aber die Verschlusszeit (Länge der Zeit) Ihrer Kamera verdoppeln (z. B. von 1/60 auf 1/30). Dann haben Sie ebenfalls um eine Blende reichlicher belichtet („Fotografensprech“). Dies ist wichtig zu wissen, denn um ein Motiv um gewisse Blenden knapper oder reichlicher zu belichten, sollte man / muss man nicht unbedingt die Blende am Objektiv selbst verstellen (nachdem man sie einmal nach bestimmten anderen Kriterien [siehe nächster Punkt“] festgelegt hat). Übrigens befinden wir uns hier schon mitten drin im sogenannten „Zonensystem„. Aber den Artikel darüber sollten Sie sich erst genehmigen, wenn Sie mit dem „Blenden-Denken“ fit sind und die Blendenreihe im Kopf parat haben.
Ändern der fotografischen Iris-Blende selbst
Das Ändern der Blende selbst an einem optischen System sollte also bedacht sein! Hier gibt es noch zwei weitere Kriterien, die mit der reinen Lichtstärke nichts zu tun haben: Zunächst sollte bei jedem Motiv eine gewisse Schärfen(un)tiefe klar festgelegt sein – und die können wir seit 200 Jahren nur durch die Blende regeln. Außerdem hat jedes Objektiv bei einer bestimmten Blende sein Abbildungsqualitätsmaximum.
Nur diese beiden Punkte bzw. Überlegungen sollten zur Wahl der entsprechenden Blende am Objektiv (bzw. an der Kamera) führen.
Die Belichtung selbst wird dann – anschließend, nachdem die Blende einmal feststeht – nur mittels folgender Parameter eingestellt: Verschlusszeit, ISO-Wert & Lichtintensität (bei Blitzlicht).
Variieren der Belichtung durch die Parameter Zeit & ISO
Bei Dauerlicht können wir die Belichtung einfach mittels der Verschlusszeit regeln, nachdem wir die günstigste Blende am Objektiv eingestellt haben:
Wir belichten beispielsweise eine Blende reichlicher, wenn wir die Verschlusszeit verdoppeln (z. B. von 1/60 auf 1/30). Wir lassen hier genau die gleiche Lichtmenge auf den Sensor, als würden wir die Blende um eine Stufe öffnen.
Ebenfalls belichten wir um eine Blende reichlicher, wenn wir den ISO-Wert des Sensors um eine Stufe erhöhen (eine Stufe meint Verdoppelung): also von 100 ISO auf 200 ISO. Damit erreichen wir eine Belichtung gleich der Belichtung bei 100 ISO als hätten wir bei dieser aber die Blende um einen Wert geöffnet.
In beiden Fällen mussten wir nichts mehr an der Blende ändern und beließen sie so auf der günstigsten Stellung, was z. B. die gewünschte Schärfentiefe anbelangt.
Dass ein Erhöhen der ISO-Empfindlichkeit das Bildrauschen erhöht, sollte klar sein. Dass zu lange Belichtungszeiten zu schnelle Motive verwischt darstellen lassen und beim Fotografieren ohne Stativ Verwackelungsunschärfe provozieren, sollte ebenfalls bereits bekannt sein. Hier kann sich so manche Katze in den Schwanz beißen und man muss dann bei manchen Situationen einen Kompromiss eingehen.
Belichtungskorrektur +/- F-Taste bei Kameras
Viele Kameras bieten direkt eine Belichtungskorrektur nach dem Blenden-Prinzip an. So erscheint dann beispielsweise im Display die Meldung, man korrigiere um +2 F.
Dies bedeutet zunächst, dass man dem eingebauten Belichtungsmesser sagt, er solle seine ermittelten Werte um 2 Blenden (nach unserem Verständnis) korrigieren. Was dann die Kamera daraus macht, ist eine andere Sache. Entweder die Blende selbst wird tatsächlich um 2 ganze Stufen geöffnet (was ja eben eher ungünstig ist), die Verschlusszeit wird vervierfacht (länger) oder der ISO-Wert wird vervierfacht (höher). Oder aber die Elektronik nimmt eine Kombination vor: Beispielsweise könnte sie die Verschlusszeit verdoppeln und ebenfalls den ISO-Wert verdoppeln. Die auf den Sensor fallende Lichtmenge wäre dann – ganz nach unserem Blenden-Verständnis – um 2 Blenden erhöht.
Sie sehen: auch die Kamerahersteller benutzen das Blenden-Prinzip im Menü bzw. an der Beschriftung ihrer Geräte. Dennoch weiß ein Laie überhaupt nicht, was er da eigentlich gerade einstellt.
Variieren der Belichtung bei Blitzlicht
Kommen wir endlich zum Blitzlicht, denn schließlich ist dies ja das „Blitzblog“.
Bei Blitzlicht ist man – mehr oder weniger – fein raus. Denn hier kommt noch eine weitere Komponente mit ins Spiel, mittels derer wir die Belichtung einer Aufnahme unabhängig steuern können: das Licht selbst natürlich bzw. dessen Intensität.
So können wir die günstigste Blende, die günstigste Verschlusszeit und die günstigste (die geringste) ISO an der Kamera einstellen und regeln die erforderliche Lichtmenge einfach bequem am Blitzlicht!
Zu beachten ist allerdings, dass man die minimal zulässige Blitzsynchronzeit des Kameramodells nicht überschreitet, sonst hat man evtl. schwarze Streifen im Bild. Manche Kameras lösen einen Blitz bei zu schnellen Zeiten gar nicht erst aus. Moderne Kameras können den Blitz mit mind. 1/250 Sekunde Verschlusszeit synchronisieren. Meine alte Mittelformatkamera mit ihrem großen Tuchverschluss schafft dies nur in 1/25 Sekunde (da fehlt keine 1 vor der 25).
Weiterhin ist bei der Blitzfotografie zu beachten, dass die Belichtungszeit der Kamera gar nicht relevant für das tatsächlich angeblitzte Motiv ist, denn der Blitz ist ohnehin fast immer schneller (kürzer) als die schnellste zulässige Synchronzeit der Kamera. Die Verschlusszeit ist nur für die Motive im Bild relevant, welche nicht vom Blitz getroffen werden (sondern vom Umgebungslicht).
Wir werden bei der Blitzlichtfotografie die Belichtung im günstigsten Fall nur noch mit der Intensität des Blitzlichtes regeln – und zwar in Blendenstufen:
Wir ändern die Leistung unseres Blitzgerätes in jenem Maße, als würden wir die Iris-Blende am Objektiv um gewisse Stufen öffnen bzw. schließen.
In der Praxis könnte dies z. B. so aussehen: Man ist gerade beim Porträtieren einer Person und bemerkt, dass der Hintergrund zu scharf abgebildet wird. Nun kommt man kaum umhin, die Blende des Objektives zu öffnen, um eine geringere Schärfentiefe zu erlangen. Beispielsweise ändert man sie von f/5.6 auf f/2.8. Das sind zwei volle Blendenstufen. Parallel muss man aber nun das Blitzlicht „dimmen“ – und natürlich genau um zwei Blenden.
Dies alles setzt natürlich ein Blitzgerät voraus, welches man in möglichst vielen (Blenden-) Stufen manuell steuern kann! Ich benutze gerne ältere Geräte aus den 1970er – bis 1990er Jahren wie beispielsweise den überdurchschnittlich starken Regula Variant. Gerade bei diesen älteren Blitzen war es selten, dass man diese manuell fest steuern konnte. Bei den heutigen Geräten ist dies sicherlich anders. In einigen zukünftigen Artikeln, werde ich meine manuell steuerbaren Blitzgeräte vorstellen.
Das Schöne an der ganzen Geschichte ist ebenfalls, dass man sein Licht nun berechnen kann, sofern man die Leitzahl seines Blitzgerätes kennt. Es gibt ein paar hilfreiche Formeln, mittels derer wir – gewisse Abhängigkeiten beachtend – die am Blitzgerät einzustellende Leistung errechnen können.
Einige Betrachtungen am Ende
Die Handinnenfläche eines hellhäutigen Menschen ist ungefähr 1 Blende heller als eine genormte 18%ige Graukarte (sie reflektiert das Licht um eine Blende mehr als die Karte). Eine weiße Wand hingegen ist ca. zwei bis sogar drei Blenden heller als die Handinnenfläche. Meine schwarzen Schuhe sind drei Blenden dunkler als meine grauen. Möchte ich meine grauen Schuhe so fotografieren, dass sie auf dem Foto aussehen sollen, wie meine schwarzen, muss ich sie also 3 Blenden knapper belichten. Möchte ich sie aber genau so grau ablichten, wie sie sind und stelle durch z. B. eine Testaufnahme fest, dass sie fast schwarz aussehen, muss ich drei Blenden mehr Licht geben, indem ich beispielsweise die Leistung meines Blitzgerätes um eben drei Blenden erhöhe. Dass man zu diesen „drei Blenden“ auch auf verschiedenen Wegen kommen kann, habe ich Ihnen in diesem Artikel näher zu bringen versucht. Unabhängig davon, auf welchem Weg man zur korrekten Belichtung eines Motivs gelangt, haben wir nun eine Vokabel, mittels derer wir uns konkret und ohne Missverständnisse auf „Fotografensprech“ austauschen können.
Manueller Universalblitz mit hoher Leitzahl, integriertem Funkempfänger, Zoomkopf, Display kompatibel mit allen Kameras mit Standard-Hotshoe (Pin in der Mitte).
Besser in Lichtwerten kommunizieren
Oben hatte ich es ja bereits angesprochen: Viele Fotografen reden in Blenden. Meiner Meinung nach wäre es hier sinnvoller, in Lichtwerten (LW) zu kommunizieren. Ein LW entspricht ja einer Blende nach dem hier erklärten Modell. Dabei kann eben ein solcher Blendenwert auf genau fünf Arten verändert werden:
- durch die fotografische (Iris-) Blende natürlich selbst, durch eine Ändern von z. B. Blende 5.6 auf Blende 8 = Änderung um einen Lichtwert
- durch das Ändern der Belichtungszeit von z. B. 1/125 Sekunde auf 1/60 Sekunde = Änderung um einen LW
- durch das Verstellen des ISO-Wertes an der Kamera von z. B. ISO 400 auf ISO 200 = Änderung um ebenfalls einen LW
- durch das Nutzen einer kamerainternen Belichtungskorrektur (z. B. +1LW)
- und zuletzt natürlich durch das Erhöhen bzw. das Verringern der Leuchtstärke der (Kunstlichtquelle)
Der letzte Punkt trifft natürlich nur zu, wenn Sie nicht (nur) „Available Light“ nutzen sondern z. B. ein Blitzgerät. Bei modernen Digitalkameras und Blitzgeräten wird bereits in „LW“ gesprochen.
Hallo Tom, vielen Dank für deinen Beitrag. Selbst wenn dieser nun schon knapp 5 Jahre alt ist, hoffe ich dennoch auf einen kleinen Hinweis zu meiner Frage 🙂
Oben steht:
„Zunächst sollte bei jedem Motiv eine gewisse Schärfen(un)tiefe klar festgelegt sein – und die können wir seit 200 Jahren nur durch die Blende regeln. Außerdem hat jedes Objektiv bei einer bestimmten Blende sein Abbildungsqualitätsmaximum.
Nur diese beiden Punkte bzw. Überlegungen sollten zur Wahl der entsprechenden Blende am Objektiv (bzw. an der Kamera) führen.“
Wenn nun die Blende hauptsächlich für die Schärfentiefe festgelegt wird, wieso sollte man dann ein möglichst lichtstarkes Objektiv kaufen? Was würde mir das bspw. bei Weitwinkelobjektiven bringen?
Hi Mike, wenn du aufgrund einer gewünschten Schärfentiefe abblenden musst (geht ja dann nicht anders), ist der Vorteil eines lichtstarken Objektives eh dahin. Das braucht man hier nicht, da man ja dann nicht mit einer geringen Blende von z. B. 1.4 arbeiten kann.
Hinzu kommt ja auch, dass besonders lichtstarke Objekte bei offener Blende auffallend schlechter abbilden als etwas abgeblendet (das meinte ich mit „Abbildungsmaximum“). So ist es zumindest mit den mir bekannten.
Hi,
prima Blog! In diesem Artikel gibt es aber ein paar Punkte, die einen Anfänger, sofern er hier hineinschaut, verwirren können:
– Bei der Blendenreihe: „Sie werden natürlich feststellen, dass diese graue Fläche nun um ganz bestimmte Stufen heller oder eben dunkler wird.“. Stimmt, aber nur, wenn die Belichtungszeit nicht durch die Belichtungsautomatik der Kamera korrigiert wird. Sie muss also fix sein.
– „wenn wir die Verschlusszeit halbieren (z. B. von 1/60 auf 1/30)“. Na ja, was hier halbiert wird, ist die Belichtungsz*zahl* nach dem Bruchstrich. Die Belichtungszeit selbst hat sich *verdoppelt* (1/30 = 2/60 = (2 * 1/60)).
– „Zu beachten ist allerdings, dass man die schnellste zulässige Blitzsynchronzeit des Kameramodells nicht überschreitet“: Das gleiche Spiel wie oben: Die Zahl nach dem Bruchstrich überschreitet die Synchronzeit(ist größer), die sich ergebende Synchronzeit *unterschreitet* diese (ist kürzer).
Gruß
Klaus
Hallo Klaus, danke für den Kommentar! Ich bin deinem Hinweis gefolgt und habe noch hinzu geschrieben, dass sich die Kamera im manuellen Modus (fixe Belichtungszeit) befinden muss.
Auch was die Geschichte mit den Bruchstrichen anbelangt habe ich geändert: Hier hatte ich tatsächlich „Tomaten auf den Augen“. Vielen Dank für die Hilfe.