So wurde früher geblitzt: Mit Blitzlichtpulver und Plattenkamera
Heute nutzt man beim Fotografieren mit Kunstlicht meist Elektronenblitzgeräte. Vor 100 Jahren gab es aber auch schon die Möglichkeit, einen dunklen Raum für ein Foto taghell zu machen. Anhand eines alten Familienfotos und einer kleinen Episode demonstriere ich dies hier.
Ich habe von einem Freund mehrere alte Glasplatten-Negative bekommen. Diese alten Fotografien sind immer sehr interessant, besonders wenn Menschen darauf abgebildet sind. Damals war das Fotografieren natürlich viel teurer als heute.
Für jedes Foto nutzte man eine beschichtete, lichtempfindliche Glasplatte:
Diese fotografische Platte ist 9 x 12 cm groß. Dies war damals (um das Jahr 1935 herum) das unter Amateuren am meisten verbreitete Format bei fotografischen Platten. Zu dieser Zeit gab es natürlich auch schon Filme (einzelne Blätter als sogenannte „Filmpacks“ und die auch heute noch gebräuchlichen Rollfilme bzw. Kleinbildpatronen). Viele fotografierten zu der Zeit jedoch noch mit den etwas umständlich zu handhabenden Glasplatten.
Und dies ist eine alte Plattenkamera. Auf der Rückseite kann man eine Kassette ansetzen, in welcher eine der eben erwähnten Platten Platz findet. Vor der Aufnahme wird dann ein Schutzschieber gezogen und danach die Kamera ausgelöst. Dann wird der Schutzschieber wieder hinein gesteckt und die Kassette kann abgenommen werden. Für das nächste Foto muss dann eine andere Kassette mit einer anderen, noch unbelichteten Glasplatte angesetzt werden. So kompliziert war das Fotografieren seinerzeit. Man musste sich für jede Aufnahme Zeit nehmen – schätzte diese sicherlich aber auch mehr, da »Knipsen« so ja nicht möglich war.
Dieses alte Familienfoto wurde ebenfalls auf einer Glasplatte belichtet. Woher ich das weiß? Weil ich genau diese Platte vor mir liegen habe! Ich hatte sie oben ja schon gezeigt, wie sie auf dem Leuchttisch liegt.
Jetzt wird es aber interessant: Denn im Gegensatz zu den meisten anderen Fotografien, die ich aus dieser Zeit kenne (vor ca. 90 bis 100 Jahren) wurde bei dieser Aufnahme ein Blitz gezündet!
Und dankenswerter Weise hatte der Fotograf Kamera und Blitz genau gegenüber der Glasscheibe des Wohnzimmerschrankes positioniert, welche dann wie ein Spiegel wirkte und uns einen genaueren Einblick darin gestattet, wie früher fotografiert wurde:
Hier sieht man in der Spiegelung gleich zwei Kameras auf je einem Stativ positioniert. Die größere ist die Plattenkamera, mit welcher dieses Foto gemacht wurde. Man sieht hier auch deutlich den oben erwähnten Schutzschieber links, welcher für die Aufnahme heraus gezogen wurde, aber noch ein kleines Stückchen in der Kassette steckt, damit man ihn nicht ablegen muss. Die kleinere Kamera rechts ist vermutlich bereits eine Rollfilmkamera für ein kleineres Format (sicherlich für das Format 6×9). Beide nutzen zeitgleich den selben Blitz:
Und oben in der Mitte ist das Blitzlicht in der Spiegelung zu sehen. Ich vermute, es wurde hier ein sogenannter Beutelblitz für diese Aufnahme verwendet. Auf dieser Seite sieht man ein Foto von einem solchen Blitzbeutel. Dieser schaut ungefähr so aus wie ein Teebeutel. Er wird z. B. oben an die Decke eines Zimmers gehangen und unten an seiner Lunte angezündet. Kurz danach blitzt es sehr hell – das Pulver im Innern des Beutel hat sich lichterloh für einen ganz kurzen Moment entzündet.
Und so wurde das oben gezeigte Familienfoto dann (vermutlich) aufgenommen:
- Schwiegersohn Fritz (das ist der junge Herr rechts am Tisch zwischen den beiden Damen sitzend) stellt seine kürzlich gebraucht erworbene ICA Sirene Plattenkamera auf ein Stativ vor dem Tisch auf. Bei dieser Gelegenheit kann auch gleich Senior Alfred (ganz vorne links) seine nagelneue Agfa Billy Record aufstellen, die modernen Rollfilm nutzt und viel einfacher zu bedienen ist (aber dafür weniger hochauflösende Bilder produziert als Fritz‘ Kamera). Der Blitzbeutel wird mittels Band und Reißzwecke oben an der Decke befestigt.
- Es ist Winter, am Abend ist es draußen bereits dunkel. Durch die Gardinen fällt kein Licht. Dennoch wurde auch noch das Deckenlicht ausgeschaltet und nur eine Kerze erhellt den Raum. Warum? Dies wird im dritten Schritt klar. Zunächst positionieren sich alle Gäste an der Tafel schon einmal – Außer Fritz, der kümmert sich ja noch um die Fotoapparate:
- Bei beiden Kameras wurde die Entfernung am Objektiv nach Ausmessen grob nach Skala eingestellt. Auch die richtige Blende wurde eingestellt: In der Anleitung des Beutelblitzes gibt es eine Tabelle, anhand derer man die richtige Blende für die jeweilige Filmempfindlichkeit und den jeweiligen Abstand zum Motiv ablesen kann (wie beim Rechner für die Blitz-Leitzahl). Nun wird bei beiden Kameras der Verschluss geöffnet. Das bedeutet, dass bei beiden Kameras eine Langzeitbelichtung aktiviert wird. Und jetzt weiß man auch, warum das Deckenlicht für dieses Foto ausgeschaltet wurde: Es muss zunächst sehr dunkel im Raum sein, denn die Kameras belichten ja bereits schon.
- Fritz zündet nun die Lunte des Pulverblitzes an und huscht schnell wieder an seinen Platz am großen Tisch. Schnell noch ein flotter Spruch, jetzt Gelächter und:
- Der Blitz zündet, die Filme in beiden Kameras sind nun belichtet.
- Fritz steht auf, huscht zu den Kameras zurück und schließt schnell deren Verschlüsse (Belichtung beendet). Jetzt muss er nur noch die Reste des Blitzlichtbeutels vom Boden aufheben. Da im Raum kein Teppich liegt, konnte auch nichts ansengen.
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So ungefähr wird sich diese Szene zugespielt haben. Ich vermute, die Aufnahme stammt aus den späteren 1930er Jahren, sicherlich nicht viel früher, denn der Knabe vorne rechts hat bereits einen Reißverschluss am Pullover. Auf einer anderen Glasplatte, die aus dem selben Bestand stammt, ist auch ein entsprechendes Datum eingeritzt. Wenn die Sache mit dem Blitzlichtpulver interessant ist: Ein lesenswerter Artikel über das Blitzpulver findet sich bei fotointern.ch.
Aber ich bin noch nicht ganz fertig: Ich behaupte, dass dem Alfred (sitzend vorne links) vielleicht eine der Kameras gehört, er aber nicht der Fotograf dieser Szene war, obwohl er den kürzesten Weg gehabt hätte. Im Gegenteil: Er sitzt bereits seit ca. zwei Minuten still und bewegt sich kaum. Wie ich darauf komme?
Ich verrate es:
Ich bin ein Fuchs: Der Herr hält nämlich eine fast abgebrannte Zigarette in der Hand. Hätte er sich bewegt, wäre die Asche abgefallen.
Das war mein kleiner Einblick in eine längst vergangene Zeit, in der man aber auch schon (wenn auch sehr selten) als Fotoamateur mit Kunstlicht fotografiert hatte – doch ganz anders als wie wir es heute tun. Früher war das Fotografieren aufwändiger und teurer als heute. Dafür sind die wenigen Motive, die es aus der alten Zeit noch gibt, häufig interessanter.