Diffuses Licht: etwas Pfiff mit dem Blitz in ein Portrait bringen
Heute möchte ich eine sehr nützliche und dabei sehr einfache Technik mit wenig Aufwand vorstellen: Bei diffusem Licht fehlt es gerade Portraits an lokalem Kontrast – sie wirken oft langweilig, es fehlt ihnen an „Glanz“. Aber mit einem simplen Blitzlicht lässt sich schnell Abhilfe schaffen!
Vielerorts wird über Kameras geredet, über Objektive und Bildbearbeitungstechniken. Das wirklich wichtigste in der Fotografie ist jedoch das Licht! Es ist sogar kostenlos – allerdings ist das Angebot manchmal von mittelmäßiger Qualität. Mit unserer Taschensonne können wir hier aber nicht selten nachhelfen!
Weiches bzw. diffuses Umgebungslicht

Bei grauem Wetter verhilft ein wohl dosierter Blitz zum nötigem Pfiff und zu einer Erhöhung des lokalen Kontrastes im Bild.
Eigentlich ist ein diffuses Umgebungslicht ideal für eine Fotografie: spielend leicht kann man dann auf ihr alles abbilden: von den dunkelsten Schatten bis hin zu den hellsten Lichtern (den Himmel selbst einmal ausgenommen). Alles hat Zeichnung, nichts „brennt“ aus oder „läuft zu“. Denn der Kontrastumfang der meisten Motive ist bei solchen Licht relativ gering. Hier wären wir auch schon beim Haken, den so ein schönes, diffuses Licht mit sich bringt: Oftmals fehl es gerade bei Portraits an einem gewissen Pfiff! Es fehlt ihnen an lokalem Kontrast! Die porträtierte Person geht nahtlos in den Hintergrund über. Was ihr fehlt, ist etwas Glanz. Ein einzelner Sonnenstrahl, der sich auf die Person legt – ja der wäre schön! Aber halt: Warten wir nicht auf besseres Wetter / Licht sondern machen wir uns diesen Sonnenstrahl einfach selber mit einem entfesselten Blitzgerät!
Kontrasterhöhung mittels Blitz
Wir tätigen in diesem Artikel sozusagen genau das Gegenteil vom Aufhellen bei Gegenlicht. Bei einer Gegenlichtsituation müssen wir ja den viel zu hohen Kontrast senken. Heute war es aber so bewölkt, dass ich dem faden Bild etwas zusätzlich Würze geben musste. Zunächst soll aber ein Portrait ohne künstliches Licht nur im grauen Umgebungslicht des Herbstes gezeigt werden:
Ein Beispielfoto ohne Blitz im diffusen Licht
So ein Foto kann nun jeder machen. Wenn man aber durch Magazine blättert, dann sehen die Bilder dort vielleicht immer irgendwie besser als die eignen aus. Sie besitzen einen Glanz, sie besitzen Pfiff! Dies liegt natürlich zunächst an einer wohl überlegten Lichtführung. Bei dem obigen Bild ist alles vorhanden: Was uns fehlt ist etwas Würze! Wir benötigen eine konkrete Lichtführung, bestenfalls eine, welche eine Prise Sonnenlicht simuliert.

Mein Yongnuo Strobistenblitz lässt sich mit dem Schuh direkt auf ein herkömmliches Stativ schrauben. Der bereits eingebaute Funkempfänger sorgt für die nötige Verbindung.
Hierfür nehmen wir ein Stativ, auf welchem wird das Blitzlicht schrauben. Natürlich kann dieses auch eine weitere Person halten (Ich halte dieses übrigens häufig selbst, während die Kamera auf dem Stativ über den Selbstauslöser läuft). Die Leitzahl dieses Blitzgerätes kann ruhig gering sein. Wir benötigen hierzu kein sonderlich starkes Blitzgerät. Der Blitz muss auch noch nicht einmal manuell in der Leistung steuerbar sein: Wir können seine Stärke auch mit dem Abstand zum Motiv bestimmen. Gleich die erste Formel in diesem Artikel hilft weiter. Bestenfalls aber ist man im Besitz von einem Blitzbelichtungsmesser. Zur Not kann man für diese Technik sogar den in der Kamera integrierten Blitz benutzen!
Besser setzte man das Kunstlicht aber von der Seite ein bzw. entfesselt es: Dann brauchen wir entweder ein langes Blitzkabel oder besser ein Funktrigger-Set – also einen simplen Funkempfänger und Sender. Das Blitzgerät platzieren wir entfesselt so neben der Person, dass es vom Modell aus gesehen etwas schräg von vorne kommt.
Das direkte Licht (eingebauter Blitz) würde zwar schon einen gewissen Effekt bringen bzw. die Person leicht aus der Umgebung lösen. Die Simulation eines seitlichen Sonnenlichtes funktioniert damit aber nicht, da wir damit alle ohnehin schon geringen Schatten wegblitzen- statt erzeugen würden und Sonnenlicht kommt nahezu nie genau aus Richtung Objektiv. Ich möchte die Präsentation meines Bildergebnisses nicht lange hinauszögern:
Ein Foto im diffusen Licht mit einer „Prise“ Blitzlicht von links
Die günstigsten Funkauslöser sind bereits ausreichend, den Blitz zu entfesseln, sofern man nicht gerade durch dicke Wände oder über weitere Entfernungen auslösen muss. Auf eine TTL-Funktion muss man verzichten - aber diese wird beim manuellen Blitzen ja ohnehin deaktiviert.
Im Vergleich zum ersten Bild wird das Modell nun von einem seitlichen Licht leicht erhellt. Schon haben wir eine etwas andere Stimmung in diesem Bild. Scrollen Sie doch zum Vergleich noch einmal hoch! Man könnte meinen, die Herbstsonne steht bereits tief und es wird langsam Abend. Nur der Schatten des Brillenbügels stört. Man könnte hierfür einen Diffusorschirm verwenden, damit solche Schatten weicher ausfallen, aber ich wollte den Aufwand so gering wie möglich halten.
Zu beachten ist zunächst, dass sich am Hintergrund gar nichts getan hat. Dieser sieht genau so aus wie auf dem ersten Bild. An der Person ist aber eine klare Lichtführung von links feststellbar! Die Person ist dadurch zu einem gewissen Grad heller als der Hintergrund. Der lokale Kontrast an dieser (wichtigsten) Bildstelle wurde erhöht. Und das Beste: Es fällt kaum auf, dass ein Blitz verwendet wurde. Das Foto hat keinen künstlichen Charakter! Natürlich muss das Kunstlicht ganz genau dosiert werden. Hier ist mein Rezept dafür:
Das Blitz-Rezept zur leichten Kontrastanhebung
- Zunächst wird die Kamera so eingestellt, dass die Umgebung korrekt belichtet wird, dass also auch die dunkelsten Bildbereiche Zeichnung erhalten.
Die Stärke des Blitzgerätes wird so dosiert, dass es um genau 1 Blende zu schwach wäre, wäre das Blitzlicht die einzige Lichtquelle für die Person. Wir müssen den Blitz also um eine Stufe herunter schalten oder den Abstand zum Motiv vergrößern. Mann misst hierzu mittels Blitzbelichtungsmesser nach. Man kann aber auch eine Formel nutzen, wenn man die korrekte Leitzahl des Gerätes weiß und eine Korrektur außerhalb von hellen Räumen beachtet.
Ich habe mir hierzu eine Abstand-Blende-Tabelle angefertigt, welche ich auf mein Blitzgerät geklebt habe und mittels welcher ich ganz schnell die entsprechende Leistung an meinem manuellen Blitz regeln kann. und natürlich kann man hierfür auch Belichtungsreihen anfertigen, wobei die Kamera manuell auf eine Belichtungszeit, Blende und ISO eingestellt bleiben sollte, dass zunächst ein „normales“ Bild korrekt belichtet wird. Dann wird die Leistung des Blitzgerätes manuell geändert.- Das Umgebungslicht ist allein für den Hintergrund zuständig. Für die Person aber summiert sich das Umgebungslicht und das Blitzlicht! Eigentlich hat die Person ja bereits durch das Umgebungslicht eine 100%ige Lichtmenge erhalten, um eine korrekte Belichtung erfahren zu können (wie der Hintergrund). Durch das herunter geregelte Blitzlicht aber ist die Gesamtlichtmenge für die Person um genau 1/2 Blende höher als die Lichtmenge für den Hintergrund. Und diese halbe Blende macht den Unterschied aus. Der Kontrastunterschied zwischen dem Modell und dem Hintergrund beträgt 1/2 Blende.
Wenn man es genau nimmt, dann wäre die Person nun um eine halbe Blende überbelichtet. Aber soviel Dynamik-Reserve sollte noch jede Kamera besitzen, selbst wenn man jemanden in einem weißen Brautkleid fotografieren würde. Man könnte das Modell auch mit einer um 1,5 Blenden reduzierten Lichtmenge anblitzen und dafür den Hintergrund (mittels Verschlusszeit) eine halbe Blende dunkler gestalten. Der Kontrastunterschied wäre dann der selbe. Aber von solchen Dingen bin ich kein Freund, da ich immer absolute Schattenzeichnung haben möchte und beim Unterbelichten verliert man diese natürlich zu einem gewissen Maß.
Hinweis zur richtigen Lichtmenge
Nur ein einziger Blitz - dies ist die Prämisse bei diesem Buch. Der Autor vermittelt Techniken, mittels derer man mit möglichst minimalistischem Setting dennoch zu aussagekräftigen Fotografien gelangt, eben nur mit einem einzigen Blitzgerät.
Es ist wichtig, darauf zu achten, dass man nicht zu viel Kunstlicht auf das Modell los lässt! All zu leicht passiert dies, wenn man nicht korrekt misst bzw. rechnet. Dann ist eine natürliche Stimmung ganz im Eimer – ähnlich, wie es beim Aufhellblitzen im Gegenlicht der Fall ist, wenn man auch dort zu viel Licht gibt. Dann sieht es nämlich so aus, als stünde die Person vor einer Fototapete. Sicherlich kann auch dies seinen Reiz haben. Bei der vorgestellten Technik möchten wir aber versuchen, dies zu vermeiden. Das Bild soll möglichst natürlich wirken. Ein Laie soll gar nicht merken, dass überhaupt ein Blitzgerät verwendet worden ist.
Jedoch kann man diese Technik natürlich auch für ganz bewusst gesetzte Effekte für sich nutzen. Bei diesem Bild sparte ich nicht an Blitzleistung und der Protagonist sieht aus, als würde er vor einer Fototapete stehen. Bei Bildern, die plakativ wirken sollen, kann man den Unterschied der Lichtcharakteristik von (natürlichem) Umgebungslicht und die des Kunstlichtes durchaus auch einmal verstärken. Dies ergibt eine bewusste, künstliche Bildwirkung.
Hier noch ein weiteres Beispiel des Würzens: Bei diesem Bild nutze ich einfach eine simple analoge Point & Shoot Kamera, die zunächst die Belichtung auf das Umgebungslicht abstimmte. Eigentlich war es also hell genug für ein Bild. Doch der ausgeklappte Blitz hellte den Vordergrund zusätzlich auf – freilich über Gebühr und somit ergibt sich ein sehr künstlicher Look.

Tipp: Diese App für das Smartphone kann ungemein hilfreich sein, wenn man das Blitzgerät manuell in feinen Schritten abstimmen möchte.
Übrigens: die besprochene Technik ist auch sehr gut bei der Naturfotografie nützlich: So kann man gewisse Oberflächen – zum Beispiel der eines Baumstammes – ganz bewusst (dezent) betonen, wenn man das Kunstlicht bewusst in der Leistung regelt. Man sollte also auch hier aufpassen, dass es nicht all zu künstlich aussieht.
Eine weitere Sache sei ebenfalls noch erwähnt: normalerweise würde ich unter allen Umständen verhindern das Blitzgerät ohne davor gesetzten Diffusor oder ohne indirekter Belichtung zu verwenden. Viel zu scharf wären die Schattenumrisse – von ein paar Ausnahmen, bei denen hartes Licht erwünscht ist, einmal abgesehen. Aber hier ist dies anders: Die Schatten (z. B. bei den Falten des Anoraks beim ersten Beispielbild) werden ja durch das Umgebungslicht ausreichend aufgehellt! Nur der Schatten des Brillenbügels stört etwas. In die Augenhöhlen gelangt generell immer etwas zu wenig Umgebungslicht, da ja auch dieses in diesem Wäldchen hauptsächlich nur von oben kommt.
Hallo Thomas,
ich habe noch eine kurze Frage, obwohl doch viele Fragen auf dieser hervorragenden Seite beantwortet werden und wurden. Ich photographiere nach wie vor ausschließlich analog, was Testreihen immer etwas verkompliziert und nutze mein Blitzgerät kaum. Es ist ein Nikon SB16. Ich möchte es gern häufiger für Aufhellblitzen nutzen, doch kann man die Blitzleistung im TTL Programm nicht manuell verringern. Gibt es (außer manuell Blitzen) Blitzen irgendeine Möglichkeit, wie man das hinbekommt? Die Bedienungsanleitung spricht davon, zB die Verschlusszeit zu verlängern und die Belichtungskorrektur entsprechend in Minusrichtung zu verstellen. Das erschließt sich mir aber überhaupt nicht, weil es sich wohl aufhebt – die Belichtungskorrektur hat doch auf dir Blende keine Auswirkung?! Meiner Meinung nach bleibt bei dem SB 16 also nur die manuelle Einstellung. Ist das richtig?
Danke und viele Grüße von
André
Hallo André, die einzige analoge Kamera, die ich bisher hatte, welche blitztechnisch TTL-geignet war, war eine recht alte Nikon FE2. Zu dieser Zeit ging es offenbar hauptsächlich darum, Bilder korrekt zu belichten, nicht um Spezialitäten wie das Aufhellblitzen oder das automatische Berechnen von Mischlichtsituationen. Jedenfalls bin ich hier von Digitalkameras bessere Eingriffsmöglichkeiten gewohnt. Auch mein passender Metz-Blitz aus dieser Zeit hatte keine Aufhellblitz-Funktion. Sicherlich kamen solche Spezialitäten mit den späteren analogen Kameras mit viel Elektronik auf.
Bei meiner Digitalkamera kann ich definieren, dass die gemessene Blitzbelichtung um z. B. zwei Blenden reduzierter abgegeben werden soll bzw. dass dies ans Blitzgerät übermittelt wird, während im Auto-Modus das Umgebungslicht ganz normal zur Belichtung heran gezogen / bemessen wird. Wenn so etwas bei der Kamera oder dem Blitz nicht definiert werden kann, ist das automatische Aufhellblitzen hier nicht möglich (wie bei meiner FE2). Denn ganz unabhängig davon soll doch die Belichtungszeit und Blende der Kamera primär und ganz normal wie immer auf das Umgebungslicht eingestellt sein (von der Automatik oder manuell). Der automatisch reduzierte Aufhellblitz käme doch nur hinzu.
Ich sehe hier nur eine Möglichkeit der automatischen Aufhellung durch den Blitz: Den guten alten Computer-Modus des Blitzes zu nutzen (sofern das SB16 den hat). Denn hier muss man dem Blitz ja den ASA-Wert des Filmes durchgeben (und die eingestellte Blende). Stellt man am Blitz jedoch einen um zwei bis drei Blenden höheren ASA-Wert ein (z. B. bei der Verwendung eines 100-ASA-Filmes 400 oder 800 ASA) wird der Blitz stets das Blitzlicht dem Motiv / dem Umgebungslicht anpassen, jedoch eine entsprechend reduzierte Ladung abgeben. Die Kamera jedoch belichtet (mittels Umgebungslicht) ganz normal.
Viele Grüße zurück!