Lichtzelt-Alternative: Rundumlicht in High-Key
Es gibt so schöne „Lichtzelte“ für „Tabletop-Aufnahmen“: einen Gegenstand kann man damit gerade zu von Licht überfluten lassen. Statt mit einem Lichtzelt lassen sich derlei High-Key-Aufnahmen aber auch recht simpel improvisieren.
Für Produktfotografien gibt es eigentlich zwei Ansätze, um entsprechende Produkte plakativ, d. h. z. B. verkaufsfördernd abzulichten: Entweder man entscheidet sich für eine charaktervolle Lichtlösung oder aber für eine lichtdurchfutete High-Key-Variante, was die Ausleuchtung eines Gegenstandes anbelangt. Für den ersten Fall hatte ich bereits einen Artikel geschrieben: Produktfotos ganz einfach mit einem Blitz.
In jenem verlinkten Artikel geht es um eine klare Lichtführung. Ich habe dort eine alte Schreibmaschine entsprechend ins rechte Licht gerückt, ebenso eine alte Kamera. Dort spielen Kontraste eine ganz entschiedene Rolle, Kontraste also, die einen markanten Gegenstand ebenso markant abzubilden vermögen.
Weiterhin habe ich einen Artikel darüber verfasst, wie man bei kleinen Gegenständen die Gewünschte Lichtcharakteristik perfekt und ganz einfach variieren kann. Ich nutzte hierzu einfach kleine Aufheller als Reflexionsfläche bei diesen Tabletop-Fotos.
Der andere Weg lautet: Schmeicheln. Man kann so einen Gegenstand auch so abbilden, dass jegliche Kratzer, Verunreinigungen, Dellen usw. nahezu verschwinden. Dies geht sehr gut mit einem sogenannten Lichtzelt: Hierbei wird das Produkt innerhalb einer Art weißen Zeltes gestellt und von außen mit mehreren Blitzen angeleuchtet. Durch das weiße Gewebe wird das Licht gestreut und reflektiert. Eine prägnante Lichtrichtung ist dann nicht mehr feststellbar. Mikrokontraste werden stark reduziert. Gewisse Makel (bei einem Menschen wären dies z. B. Pickel) werden übertüncht bzw. so weich ausgeleuchtet, dass sie kaum mehr sichtbar sind. Bei dem Stein oben links wäre dies wahrscheinlich der falsche Weg, jenen gut ins Licht zu setzen. Gerade die vielen Kanten und Unebenheiten sind hier charakteristisch und sollten auch so abgebildet werden. Denn dadurch, dass wir das Licht mit dem Blitzgerät völlig in dessen Eigenschaften verändern können, können wir entsprechende Gegenstände je ganz anders abbilden. Viele Objekte jedoch bedürfen ein ganz weiches, schmeichelndes Licht, welches man mit einem Lichtzelt erhält.
So ein hübsches Lichtzelt jedoch besitze ich allein darum nicht, da ich entsprechende Fotografien sehr selten anfertige. Doch man kann so ein weiches Rundumlicht auch recht einfach anderweitig erzeugen. Schauen Sie sich dieses Foto an:
Ein Beispielfoto im High-Key
(Zugegeben: Hier hatte ich mit dem manuellen Weißabgleich etwas geschlampt.)
Diese schöne Kamera (eine „Werra“) ist schon ein recht altes Gerät. Sie weist entsprechende Verunreinigungen auf, etwas Flugrost hat sie, geputzt hatte ich sie nicht. Dennoch sieht sie auf dem Foto aus wie neu! Dies kommt von dem äußerst schmeichelhaften Licht, welches ich auf das Produkt „los“ lies! Jenes Licht kommt von jeglichen Seiten: von oben, links, rechts, unten, von vorne. Alles ist gleichmäßig ausgeleuchtet. Eine klassische High-Key-Aufnahme. Anstatt eines Lichtzeltes nutzte ich aber wesentlich trivialere Dinge bei diesem Lichtset:
Mein Lichtset für eine High-Key Produktfotografie
Hier sehen Sie ein Foto vom Aufbau:
Ich stellte zunächst einen weißen Tisch in eine Zimmerecke mit weißen Wänden. Rechterhand positionierte ich noch ein weißes Brett. Vor dem Produkt selbst steht ein Buch mit einem weißen Blatt Papier. Sie merken bereits, was ich hervor gehoben habe: Für eine möglichst schmeichelhafte High-Key-Aufnahme ist viel Weiß erforderlich. Denn jene Reflexionsflächen reflektieren das (zunächst gerichtete) Blitzlicht äußerst gut: Sie wirbeln es herum, lassen es hüpfen wie ein Flummi, lassen es sehr gleichmäßig an alle Stellen meines abzufotografierenden Produktes gelangen. Jenes wird durch so einen Aufbau geradezu mit Licht geflutet. Ich erhalte ein äußerst gleichmäßiges Rundumlicht.
Lassen Sie sich nicht durch die Hantel rechterhand im Foto irritieren: Sie stützt nur das weiße Brett, welches ich an dieser Stelle platziert habe. Einen solchen Sportgegenstand benötigen Sie natürlich nicht für den Effekt (wohl aber gewisse Gegenstände, um die Aufheller stabil zu positionieren).
Zur Beleuchtung nutzte ich zwei manuelle Yongnuo-Blitze. Ich mag diese Dinger, da sie einen eingebauten Funkempfänger besitzen und sich somit sehr komfortabel entfesseln- bzw. durch die Kamera ansteuern lassen. Ich stellte deren Leistung auf lediglich 1/64 ein. Bei so einem komprimierten Lichtset bedarf es nur sehr schwaches Licht. Ferner klappte ich die Streuscheiben der Blitzgeräte aus, um deren Licht möglichst breit zu fächern. Besitzt man solche (ansonsten eher überflüssigen) Aufsteck-Diffusor, kann man jene hier ebenfalls sehr gut zur Lichtstreuung nutzen.
Ein solches Fotozelt zum auseinander klappen lässt Tabletop- bzw. Produktaufnahmen gänzlich mit Licht "fluten".
Fazit
Sie sehen: Das Licht macht’s! Durch wenig Aufwand und nur mittels Dingen, die sich ohnehin im Haushalt befinden (außer meine beiden Blitzgeräte vielleicht) kann man sich eine wunderbare Grundlage für perfekt ausgeleuchtete Produktfotos schaffen. Ein richtiges Fotozelt benötige ich nicht. Tipp: Sie können statt weiße Wände auch ein einfaches, weißes Bettlaken zum Selbstbau eines Lichtzeltes nutzen. Auf dieser Seite erhalten Sie eine entsprechende Bauanleitung. Wer solche Bilder öfter anfertigt, der wird natürlich recht schnell etwas solides aufgebaut wissen. Um mal eben ein Bild für z. B. Ebay anzufertigen, welche sich deutlich von den meisten privaten „Knipsbildern“ unterscheidet, ist diese fast kostenlose Lösung aber durchaus zu gebrauchen. Einige Tipps zum kostengünstigen Aufbau eines sogenannten „Tabletoptisches“ (Teils mit Utensilien aus dem Baumarkt) können Sie auch auf dieser Internetseite nachlesen.
Der große Vorteil hier ist dann natürlich die Hohlkehle (gebogener Hintergrund). Denn bei meinem Beispielbild musste ich ja direkt von oben fotografieren – Ansonsten hätte man die Fugen der Seiten gesehen. Ein gewölbter Karton schafft hier Abhilfe. Obacht: Wer die Fotografien nahezu auf weißem Hintergrund freigestellt haben möchte, sollte nicht irgendeinen „weißen“ Hintergrundkarton nutzen! Denn viele Druckpapiere sind gar nicht reinweiß. Sicherlich kann man dies in der nachträglichen Bildbearbeitung korrigieren. Dann fressen aber gleichzeitig auch z. B. blanke Chrome-Elemente der fotografierten Objekte aus. Für solche Produktfotografien empfiehlt sich also ein möglichst „echter“ hellweißer Hintergrund statt irgendeine augenscheinlich weiß erscheinende Pappe.
Noch etwas zu High-Key-Aufnahmen
High-Key-Bilder besitzen ihren Charakter übrigens per se nicht durch eine konsequente (globale) Überbelichtung. Dies wird offenbar manchmal angenommen bzw. falsch verstanden. Sicherlich kann man hier den Hintergrund auch ausfressen lassen. Er wäre dann reinweiß. Dies würde sich aber – wie eben schon erwähnt – auch auf die reflektierenden Metallteile der abfotografierten Kamera ausüben. Das sieht nicht gut aus. Rein technisch wäre dies ein Fehler. Viel wichtiger beim High-Key ist das Fluten mit Licht bzw. das Verhindern von Schatten. Und eben dies erreicht man mit möglichst vielen Aufhellern.
Eine gerichtet positionierte, konkrete Lichtsetzung von der Seite mit Verzicht auf jegliche Aufheller wäre hier das genaue Gegenteil (Low-Key). Im Fotostudio nutzt man hierzu für entsprechende High-Key-Effekte große Styroporplatten oder Reflektoren aus dem Fotohandel. Bei kleineren Arrangements kann man sich auch mit z. B. lediglich einem Blatt weißem Papier behelfen. Es bedarf hierzu auch nicht unbedingt zwingend spezielles Zubehör aus dem Fotohandel („Lichtzelt“) – obgleich es damit natürlich einfacher geht. Die Freude ist umso größer, wenn man solche Dinge auch viel simpler lösen kann. Und vieles lässt sich – Sie sehen dies an vielen anderen Artikeln in meinem Blitzblog – mit bereits vorhandenen Dingen und oftmals nur einem einzigen Blitz einfach improvisieren.