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Konventionelles, Unkonventionelles, Blitzfotografie, Tipps & Tricks zur Fotografie

Portraits und direkter Blitz: Bessere Hautwiedergabe mit diesem Trick

ThomasKategorie: Blitzlicht & Kunstlicht 3 Kommentare

Derzeit kursiert ein kleines Phänomen in der Medienlandschaft: Porträts werden in der Werbung und in den „jungen“ Magazinen einfach mit dem direkten Blitz auf der Kamera abgelichtet anstatt dass sich der Fotograf um ein aufwendiges Lichtset mit z. B. Softboxen zu kümmern scheint. Diese Bilder wirken spontan und authentisch. Dennoch sehen sie besser aus, als die eigenen Schnappschuss-Bilder. Was ist der Trick?

Inhaltsverzeichnis
Direkt Blitzen mit aufgesteckten Blitz

Mit dem direkt aufgesetzten Blitz kann man durchaus auch gegen die Konvention blitzen

Ich habe bisher einige Artikel geschrieben, in denen es darum geht, den typischen Blitzlook zu vermeiden. So lässt sich beispielsweise mit einem simplen Schirm vor dem Aufsteckblitz ein wesentlich weicheres Licht machen, als würde man das Blitzgerät lediglich „nackt“ einsetzen. Oder – noch viel einfacher – man blitzt ein Porträt indirekt über eine Wand an. Jüngst behalf ich mir bei einem Portrait mit einem einfachen Lampenschirm, unter welchen ich mein Blitzgerät stellte, um in einem kleinen Raum nicht gleich den typischen „Fotostudio-Porträt-Look“ zu erhalten (sondern immer noch eine gewisse „Heimeligkeit“). Lesen Sie bei Interesse meine endgültige Zusammenfassung: Mehrere Möglichkeiten den Blitz weicher zu machen. Doch halt: Natürlich kann man all diese Dinge auch ganz bewusst missachten und mit den regulären Blitzlicht-Regeln brechen.

Stilbruch: Direkt angeblitzte Porträts

Hier soll es nun allerdings darum gehen, einen ganz bewussten Stilbruch zu praktizieren: Wir wollen gleich frontal blitzen. Dies ist beileibe kein Novum: Hat man sich die letzten Ausgaben des „Vice-Magazins“ oder gar die des „Süddeutsche Zeitung-Magazins“ angesehen, so wird man sich vielleicht verwundert gefragt haben, warum plötzlich jegliche antrainierte fotografische Konvention verworfen wurde und von Profis vermeintlich plötzlich so fotografiert wird, wie es meine Mutti tut: Nämlich mit dem eingebauten (oder aufgesetzten) Blitz direkt auf Kamerahöhe. Dieses Phänomen findet sich natürlich auch in der Werbung wieder. Und Foto-Künstler wie Martin Parr liefern Knipsbilder ab und werden damit berühmt. Dabei hat man doch jahrzehntelang alles versucht, um eben diese Art der Bildgestaltung zum umgehen, indem man zumindest den Blitz von der Kamera entfesselt hat, um nicht gleich als Anfänger dar zu stehen.

Doch wie es so mit Konventionen und Moden ist: Sie möchten irgendwann bewusst gebrochen werden. Und im Zuge einer gewissen Hipster-Kultur soll also auch in der Porträtfotografie das vermeintlich Billige, Trashige und Unperfekte wesentliches Stilelement sein: Angeblitzte Porträts sollen so aussehen wie aus dem eigenen Fotoalbum. Allein dies tun sie in der „jungen“ Werbung und den Magazinen nur auf den ersten Blick. Inwiefern?

Hartes Licht ja, Reflexionen nein

Zunächst muss man sich dessen bewusst sein, welche typische Bildwirkung sich durch solch ein hartes, frontales Blitzlicht ergibt:

  1. Es entstehen harte Schlagschatten (Kernschatten) hinter Personen, unter dem Kinn, in der Kleidung.
  2. Das Portrait verliert durch das frontale Licht an Plastizität, es wirkt bewusst künstlich aber nicht gekünzelt (Fotostudio-Look).
  3. Die Lichtleistung nimmt im Quadrat zur Entfernung ab (der Hintergrund wird auffallend dunkler).
  4. Es entstehen Spiegelungen – und zwar ganz besonders auf der Haut.

Und gerade der letzte Punkt ist sozusagen auch der springende. Denn derlei Spiegelungen (die im Übrigen auch eine gewisse Blässe auf der Haut und Entsättigung der Farben glatter Oberflächen erzeugen) sind bei den Bilder der Magazine und in der entsprechenden Werbung nicht zu sehen. Die anderen drei Merkmale allerdings schon. Wie geht das?

Beispielbilder mit dem harten, frontalen Blitz

Zunächst zur Demonstration zwei Beispielbilder:

Hipster mit direktem Blitz auf der Haut

Bei beiden Fotografien wurde das Model mit dem direkt auf der Kamera aufgesteckten Systemblitz fotografiert. Sie sehen sofort den Unterschied: Im Gegensatz zum linken Bild besitzt das rechte Porträt eine auffallend bessere bzw. dezentere Hautwiedergabe. Spiegelungen auf dem Brillenglas, auf der Nase und auf der Stirn sind völlig verschwunden. Die Farbsättigung hat sich erhöht. Das zweite Foto sieht im Vergleich um einiges professioneller aus, ohne dass es dabei seinen (gewünschten) Blitzlook-Charakter verloren hat. Doch beide Bilder wurden mit der völlig identischen Beleuchtung gemacht, nämlich eben mit dem frontalen und direkten Kamerablitz. Ich wiederhole die Frage erneut und möchte diese dann schließlich auch gleich selbst beantworten – Wie macht man das? Mit Photoshop? Mitnichten: Die Sache ist schnell erklärt:

Spiegelungen auf Haut und Brille vermeiden mit zwei Polfiltern

eine Produktabbildung

Solch eine Folie klemmen Sie vor das Blitzlicht und polarisieren es somit. In Kombination mit einem Polfilter vor dem Objektiv werden damit fast alle Spiegelungen eliminiert.

Für eine schöne Hautwiedergabe ohne Softbox und zum Verhindern von Spiegelungen in z. B. Brillen benötigt man zwei sogenannte Polfilter. Der eine Polfilter wird auf das Objektiv geschraubt. Der zweite Polfilter kommt direkt vor den Blitz. Anstelle des zweiten Polfilters benutzt man aber bestenfalls lediglich eine günstige „Polfilter-Folie“, wie man sie im einfachsten Fall für Centbeträge aus 3D-Brillen gewinnt. Oder Sie schauen einfach bei Ebay vorbei (alle Suchergebnisse bei Ebay). Ich habe meine Folie für ca. 8 Euro per Ebay-Händler erworben. Die Polfolie war noch so groß, dass ich sie einfach in der Mitte auseinander schneiden konnte. So hatte ich gleich zwei Polarisationsfolien für zwei Blitzgeräte. Sie besitzen ein kaputtes Smartphone? Auch hinter dessen Display befindet sich eine entsprechende Folie.

Schauen Sie sich die beiden Bilder unten an: Rechterhand sehen Sie den nötigen Aufbau für diese Technik. Auf dem Objektiv befindet sich ein ganz normaler linearer Polfilter (möchte man die TTL-Belichtung und den Autofokus der Kamera weiterhin korrekt funktionierend wissen, sollte man einen zirkularen Polfilter benutzen).

 

Polfilter vor dem Blitz und Objektiv

Vor dem Blitz (ich nutze hier der Lichtstärke wegen meinen Yongnuo) befindet sich hingegen eine ganz simple Polfilter-Folie. Diese Folie wird mittels einem einfachen Universal-Filtersystem am Blitzkopf befestigt. Nutzt man bei Weitwinkelobjektiven die ausklappbare Streuscheibe des Blitzes (falls vorhanden), kann man die Polfolie auch direkt darunter klemmen. Natürlich geht dies auch bei einer Normalbrennweite. Das war es bereits.

Die beiden Polfilter korrekt ausrichten

Nun müssen beide Polfilter in gekreuzter Stellung zueinander stehen. Man nennt diese Technik daher auch „Kreuzpolblitzen“. Der blitzseitige Polfilter lässt sich nicht drehen. Dies handhabt man am Polarisationsfilter, welcher am Objektiv sitzt:

  1. Stellen Sie sich mit der Spiegelreflexkamera mit aufgesetztem Blitz und beiden installierten Polfiltern vor einen Spiegel.
  2. ein Polfilter auf dem Objektiv

    Bei meinem Polfilter ist die korrekte Stellung zum Kreuzpolblitzen bei Position „10“ erreicht.

    Schauen Sie durch den Sucher der DSLR und drehen Sie den Polfilter am Objektiv genau so lange, bis der zweite Polfilter am Blitz möglichst dunkel bzw. schwarz erscheint. Der Blitzreflektor dahinter sollte also nicht mehr sichtbar sein!
    Nun haben Sie die korrekte Position gefunden, bei der beide Polfilter in gekreuzter Stellung zueinander ausgerichtet sind. Merken Sie sich diese Position indem Sie z. B. eine Markierung am Polfilter des Objektives anbringen.

Einen eventuellen Farbstich vermeiden

Ein kleiner Wink: Sollten Sie feststellen, dass Ihre Fotos beim Blitzen einen violetten Farbstich aufweisen, dann befindet sich die Polfilterfolie in der falschen horizontalen Position: Sie müssen diese einfach umdrehen. Es muss also die andere Seite der Folie zum Blitz weisen.

Schattenzeichnung und Lichtverlust durch die Filter

Reflexionen bei Polfilter

Übrigens: Lesen Sie in diesem Zusammenhang auch meinen Artikel: Spiegelungen und Reflexionen durch Polfilter vermeiden.

Eines darf nicht verschwiegen werden: Durch gleich zwei Polfilter wird natürlich Licht geschluckt! Bei meinen Filtern erhalte ich insgesamt einen Lichtverlust von ca. 2,5 Blenden. Dem muss natürlich entgegengewirkt werden, wenn sich das Model weiter entfernt befindet: Im einfachsten Fall erhöht man einfach den ISO-Wert der Digitalkamera, oder man blendet das Objektiv weniger ab. Wenn dies alles nichts hilft, dann muss ein stärkerer Blitz her. Bei solchen Dingen greife ich dann zu meinem Metz-Stabblitz, von dem ich mittlerweile gleich zwei Exemplare besitze und mittels Servo-Zelle gleichzeitig synchron auslöse.

Ein weiterer Punkt: Betrachten Sie das schwarze Polohemd des Models bei meinen beiden Beispielbildern etwas weiter oben. Bei der Version mit gekreuzten Polfilter ist hierbei etwas Schattenzeichnung verloren gegangen. Dies liegt nicht etwa daran, dass nun (in Relation zum ersten Foto) unterbelichtet wurde. Nein, unpolarisiertes, direktes Blitzlicht aus exakter Kamerarichtung besitzt einen Vorteil: Durch die Reflexion im Stoff, erhöht sich sozusagen die Empfindlichkeit in den Schatten bzw. in sehr dunklen Bildelementen. Bei polarisiertem Licht sieht dies allerdings etwas anders aus. Hier verschwinden die Reflexionen ja. Daher können die Leitzahlangaben von Blitzgeräten im Übrigen vom Hersteller immer geringer angegeben werden, als sie ein richtiger Blitzbelichtungsmesser messen würde.

Den Grad des polarisierten Blitzlichtes variieren

Noch ein Wink: Sollte Ihnen die Hautwiedergabe nun doch etwas zu matt und „unlebendig“ erscheinen, können Sie die Wirkung der Polarisation freilich auch durch zaghaftes Drehen des Polfilters am Objektiv leicht abschwächen. Alternativ können Sie die Polfilterfolie am Blitz etwas heraus ziehen.

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Vermissen Sie aber ein Catchlight (direkte Spiegelung des Blitzes) in den Augen des Models, dann ziehen sie einfach die Polfilterfolie am Blitz ein ganz kleines Stückchen heraus, sodass ein winziger Spalt am Reflektor des Blitzgerätes freigegeben wird. Dies hat dann ungefähr die selbe Wirkung auf das Licht, als würden Sie zusätzlich einen winzigen, zweiten Blitz mit unpolarisiertem Licht einsetzen, welcher eben nur für das Catchlight zuständig ist. Alternativ lässt sich hierfür freilich auch der eingebaute „Popup-Blitz“ der Kamera zusätzlich auslösen, sofern dieser nicht durch den aufgesetzten externen Blitz blockiert ist. Manche Blitzgeräte, wie mein Regula Variant, besitzen zu diesem Zweck noch einen zweiten, kleineren Reflektor.

 

Ringblitz-Alternative

Noch ein Tipp für eine bessere Ausleuchtung: Sie können es auch einmal mit einem Ringblitz probieren! Allerdings sind diese Ringblitze sehr teuer. Daher empfiehlt sich eine Alternative als Zangenblitz. Betrachten Sie die beiden Beispiele. Deutlich harmonischer ist die Version mit zwei Blitzen als Zange angeordnet. Beide Fotos wurden frontal angeblitzt.

Fazit

Wenn Sie die Kreuzpoltechnik einmal ausprobiert haben, werden Sie begeistert sein. Sie können den Unterschied leicht testen: Belassen Sie beide Filter am Objektiv bzw. am Blitz, aber drehen Sie den Polfilter am Objektiv etwas um 25° aus seiner wirksamen Position heraus.

ein Portrait mit entfesselter Blitz

Entfesselt man den Blitz jedoch, treten Spiegelungen auf der Haut automatisch (auch ohne Filter) nicht mehr auf. Allerdings werden so jegliche Konturen (auch Hautunreinheiten) äußerst stark betont, sofern man keinen Schirm oder Softbox nutzt.

Nun machen Sie das erste Foto vom Model. Als nächstes drehen Sie den Polarisationsfilter wieder zurück auf die effektive Position. Was für ein Unterschied! Bei beiden Bildern kann die Belichtung gleich bleiben (der Lichtverlust bleibt bei beiden Stellungen ungefähr konstant).

SO schaffen es also die Profis in den Magazinen, einen typischen Blitzlook zu kreieren bzw. zu provozieren, ohne aber die Haut des Models glänzen zu lassen wie eine „Speckschwarte“ und ohne dabei Hautunreinheiten durch das harte Licht zu betonen. Trotzdem wird durch den direkten Blitz vermieden, dass die Porträts gekünzelt abgebildet werden wie im Fotostudio: Man erhält authentische, spontane Bilder mit dennoch schöner Hautwiedergabe ohne Spiegelungen / Reflexionen. Denken Sie in diesem Zusammenhang auch an z. B. Hochzeitsfotografien, bei denen man mit dem leicht reduzierten Blitz einen gewissen Pfiff ins Bild bringen kann oder denken Sie an die „Discofotografie“. Hier schwitzen die Leute für gewöhnlich und gerade bei solchen Bildern sollte es nicht zu Spiegelungen im Gesicht kommen.

veröffentlicht: 8.01.15 | letzte Änderung: 26.01.24

Clipart einer PersonHallo, hier schreibt Thomas über allerlei fotografische Themen. Für die neueste Technik habe ich jedoch wenig übrig – Mein Interesse gilt eher dem selber Machen, den kleinen Tipps und Tricks, auch der analogen Fotografie und dem Fotografieren mit Kunstlicht.

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3 Kommentare

Portraits und direkter Blitz: Bessere Hautwiedergabe mit diesem Trick

  1. Massa sagt:

    Genial. Dank dir für die Mühe der sehr ausführlichen Beschreibung!!!

  2. Patrik Parvin sagt:

    Das ist eine sehr gute Technik mit einer noch besseren Erklärung und Anweisung. Da bekommt man sofort Lust zum Ausprobieren.

  3. Klaus Kreimar sagt:

    Was ist mit Ihren Zähnen???? Ich bin schockiert!

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