Nacht und Dämmerung simulieren mit dem Blitz: Der Porty Look
Heute möchte ich mich mit einer weiteren Spezialität von Blitzgeräten beschäftigen: Es geht darum, künstlich Dämmerung und Nacht zu simulieren. Diesen Effekt nennt man auch „Porty Look“. Doch hierfür ist nicht zwingend eine starke Blitzanlage nötig – Es funktioniert auch mit dem Aufsteckblitz!
Der Einsatz von Blitzgeräten ist so mannigfaltig, dass man bereits mit einem oder zwei einfachen Aufsteckblitzen die verschiedensten Lichtsituationen zaubern kann. Man kann so blitzen, dass gar nicht auffällt, dass überhaupt ein Blitz verwendet wurde – zum Beispiel zum Erhöhen des lokalen Kontrastes bei diffusem Umgebungslicht. Man kann aber natürlich auch Kunstlicht ganz bewusst so einsetzen, dass ein übertrieben künstlicher Lichtcharakter erzeugt wird. Ein Beispiel hierfür ist der sogenannte Porty Look (nicht Party-Look). Hier wird eine schöne Dämmerung oder Nacht simuliert – am helllichten Tag!
Porty = portable Blitzanlagen
Zunächst etwas zum Begriff selbst: „Porty Look“ leitet sich von „Porty“ ab – und damit ist eine mobile (portable) Blitzanlage (mit meist externem Powerpack) gemeint. Diese portablen Blitzanlagen sind natürlich etwas kompakter als Studioblitze, liegen in ihrer Leistung (und freilich auch im Preis) aber über der von starken Aufsteckblitzen. Diese hohe Leistung benötigt man zunächst, um Lichtformer bzw. Softboxen verwenden zu können. Und diese hohe Leistung benötigt man ferner, wenn man – bedingt durch eine hohe Schärfentiefe – stark abblenden muss. Und was ist, wenn hartes und helles Sonnenlicht ein katastrophales Licht für z. B. ein Portrait einer Gruppe von Menschen am Strand bildet? Man muss nun genügend die Schatten aufhellen und gegen dieses Sonnenlicht mit künstlichem Licht ankämpfen – und beispielsweise hierfür gibt es die „Porties“, wenn man nicht mehrere Assistenten mit Aufhellern in den Händen um das Motiv stellen kann.
Gegen die Natur mit starkem Blitz
Mit starken Blitzgeräten ist es nun auch möglich, zu übertreiben und gegen die Natur zu blitzen: Am helllichten Tag ist das Kunstlicht dann stärker als das normale Tageslicht. Nun muss man entweder weiter abblenden, damit das Blitzlicht keine Überbelichtung provoziert oder man setzt den ISO-Wert der Kamera herunter oder man benutzt einen Graufilter. In allen Fällen ändert man aber nichts an der Differenz zwischen Blitz- und Umgebungslicht: Der Hintergrund / der nicht angeblitzte Bereich bleibt dunkel / dunkler. So ist es möglich, an sonnigen Tagen durch das Blitzgerät Nacht zu simulieren, indem man einfach das Umgebungslicht zu einem gewissen Teil aussperrt.
Voraussetzung ist aber zunächst ein genügend starker Blitz – und hierfür ist eben besagter „Porty“ ideal, denn eine solche Anlage lässt sich mit in die Natur nehmen und bietet dennoch genügend Leistung.
Man könnte aber auch die Leistung eines einfachen Aufsteckblitzes verdoppeln, indem man einfach zwei (gleich starke) davon parallel einsetzt, schon hat man eine Blende Licht gewonnen. Möchte man eine weitere Blende Licht gewinnen, so muss man allerdings schon vier gleich starke Blitze kombinieren. Sollte man sich solche Blitzgeräte neu kaufen, wäre man bei mehreren wahrscheinlich schon über dem Preis eines Portys. Beim gebrauchtkauf sähe dies schon anders aus: Einen starken Metz-Stabblitz bekommt man so um die dreißig Euro. Und vier Stück davon gleichzeitig abgefeuert bilden bereits eine ungeheure Leistung. Zum gemeinsamen synchronen Auslösen empfiehlt sich übrigens weniger eine Servo-Zelle: Hier kann es Probleme beim Ansteuern durch Sonnenlicht geben. Besser ist, man nutzt ein Funkauslöser-System.
Porty Look auch mittels Aufsteckblitz und schneller Synchronzeit
Wenn Sie sich nun bereits darüber Gedanken gemacht haben, sich für das Simulieren von Dämmerung und Nacht extra eine starke Blitzanlage zu kaufen, kann ich Sie beruhigen: Man könnte auch an einer anderen Schraube drehen:
Denn wie wir alle wissen, ist die an der Kamera eingestellte Belichtungszeit für unser angeblitztes Motiv nahezu egal! Für den Hintergrund, für den nicht angeblitzten Bereich ist sie aber sehr wohl relevant! Dadurch können wir den Hintergrund in seiner Helligkeit unabhängig vom angeblitzten Motiv bequem steuern. Das ist fantastisch! Allein: Eine Vorraussetzung muss die Kamera mitbringen:
Denn wenn ich beispielsweise mit einer Canon 5D Mark II bei 1/500 Sekunde blitzen möchte, habe ich ein Problem: Der Verschlussvorhang ist mit im Bild. Bei 1/200 Sekunde aber ist der Hintergrund vielleicht noch zu hell. Ich habe eine alte Nikon D70. Diese Kamera schafft die 1/500 tatsächlich, denn hier ist der ganze Verschlussaufbau kleiner als bei einer Vollformatkamera (wie die 5D Mark II) und kann so einfach flinker agieren. Ein Extrembeispiel: Meine alte Mittelformatkamera (mit der ich gerne solche Bilder mache) schafft den Blitz lediglich in 1/25 Sekunde zu synchronisieren, denn hier ist ein riesiger Verschluss verbaut, der eben seine Zeit braucht. Schade.
Beispielbilder
Folgende Bilder habe ich mit einem Anachronismus gemacht: Meine alte Canon Powershot G3 aus dem Jahre 2002 hat einen rein elektronischen Verschluss. Ich kann mit dieser Kamera den Blitz bei 1/2000 Sekunde synchronisieren! Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Da wird jeder Sonnenschein zur Nacht – mit einem mittelschwachen Aufsteckblitz als Licht für den Kontrast. Dummerweise lässt die Auflösung meiner alten Canon natürlich zu wünschen übrig, sonst wäre das wirklich eine fantastische Kompaktkamera.
Dieses Foto ist ganz ohne Blitz entstanden. Es war ein kalter Nachmittag. Die Sonne war bereits fast schon im Begriff unter zu gehen. Dennoch war es taghell, wie man sieht. Bei 100 ISO hatte ich bei Blende 5.6 eine Belichtungszeit von 1/60 Sekunde.
Nun hatte ich fix meinen treuen Yongnuo aus der Tasche geholt und auf die Kamera gesteckt:
Das schaut doch ganz anders aus! Den Yongnuo-Blitz hatte ich lediglich auf halbe Leistung gestellt. Die Blende und der ISO Wert blieben gleich. Nur die Verschlusszeit hatte ich geändert: Ich setzte sie nun auf 1/500 Sekunde runter. Das bedeutet also, dass der Hintergrund dieses Fotos um ganze 3 Blenden unterbelichtet ist! Die Person im Vordergrund aber ist – durch den Blitz – korrekt belichtet.
Den Blitz entfesseln
Aber so ein frontal angeblitztes Foto ist immer so eine Sache. Sonderlich schön sieht dies nicht aus. Besser wäre es, man nutzt einen Diffusorschirm auf dem Blitz, um das Licht weicher zu machen. So etwas hatte ich nicht dabei und der Aufsteckblitz wäre hierfür dann tatsächlich zu schwach gewesen.
Dann wollte ich den Blitz wenigstens mal entfesseln:
Das sieht doch super aus! Beachten Sie das Dorf im Hintergrund: Es ist in seiner knappen Helligkeit genau so hell wie auf dem Bild davor. Nur die Lichtcharakteristik des jungen Mannes ist nun eine ganz andere! Das Blitzgerät wurde nun nicht mehr direkt auf der Kamera betrieben, sondern seitlich (links) positioniert. Alle Blitz- und Kameraeinstellungen blieben gleich.
Natürlich ließe sich die Hintergrundhelligkeit noch etwas dezenter auf die der Person abstimmen (eben durch die Verschlusszeit). Mich würde auch interessieren, inwieweit man mit einem zweiten, schwächeren und synchronisierten Blitz von der rechten Seite noch etwas dezent aufhellen kann. Aber es war wirklich ganz schön kalt da auf dem Feld. Im Frühjahr gibt es gewiss nochmal eine Aktualisierung dieses Beitrages mit besseren Beispielbildern.
Zusammenfassung
Hier noch einmal eine Zusammenfassung, wie der Porty Look realisiert werden kann:
- Zunächst muss das Blitzgerät manuell (nicht TTL) auf die stärkste Leistung- und der „Zoomkopf“ (falls vorhanden) auf die höchste Brennweite eingestellt werden, bei der das Motiv bzw. die Person noch ausreichend ausgeleuchtet wird. Der Abstand Blitzgerät-Motiv sollte möglichst gering gehalten werden, wenn von einer hohen Leuchtkraft profitiert werden muss.
Nun gilt es, für den verwendeten ISO-Wert in Bezug zum Abstand Blitz-Motiv die richtige Blende zu ermitteln, welche an der Kamera eingestellt werden muss, um eine korrekte Belichtung des Motivs durch den Blitz zu gewährleisten. Dies kann man einfach ausprobieren und das Ergebnis am Monitor betrachten.
Ich habe mir aber auf jeden meiner Blitzgeräte eine Tabelle geklebt, mittels welcher ich sofort die jeweilige Blende in Abhängigkeit zur Motiventfernung einstellen kann. Wer sich selbst so eine Tabelle für sein Blitzgerät anfertigen möchte, dem empfehle ich diesen Artikel: Der manuelle Blitz. Im unteren Teil des Artikels gibt es die Formel zum Errechnen der jeweiligen Blenden.- Nun haben wir Blende und ISO festgelegt sowie die Stärke des Blitzgerätes. Fehlt nur noch ein Punkt: die Verschlusszeit. Es muss die schnellstmögliche Belichtungszeit an der Kamera eingestellt werden, bei der sich noch kein schwarzer Streifen auf den Fotos abbildet. Dieser schwarze Streifen ist nämlich der Schatten eines „Verschlussvorhanges“. Ferner ist darauf zu achten, dass die „Abbrennzeit“ des Blitzgerätes bei höchster Leistung nicht länger ist (Bedienungsanleitung) als die Synchronzeit.
Fertig. Ist der Effekt noch zu gering und kann die Verschlusszeit nicht weiter verkürzt werden, kann nur noch die Blitz-Helligkeit erhöht werden, indem beispielsweise ein zweiter, gleich starker Blitz parallel gezündet wird. Dies würde eine ganze Blende mehr Lichtgewinn bringen. Man müsste dann die Blende am Objektiv um genau diesen Wert schließen und die Landschaft wäre entsprechend dunkler. Alternativ kann man natürlich auch versuchen, das Blitzgerät näher am Motiv zu positionieren. Dies kann dazu führen, dass man stark abblenden muss, was hier natürlich gewünscht ist.
Graufilter und Ändern des ISO-Wertes
Das Ändern des ISO-Wertes bewirkt gar nichts, was den Effekt anbelangt, denn der ISO-Wert wirkt sich immer gleichmäßig auf beides aus: auf die Intensität des Umgebungslichtes und auf die des Blitzes. Dies gilt adäquat auch für Graufilter vor dem Objektiv.
Abbrennzeit bzw. Blitzdauer
Blitzgeräte steuern ihre Leistung für gewöhnlich über die sogenannte „Abbrennzeit“. Dies ist einfach die Leuchtdauer. Je höher die Blitzleistung, desto länger leuchtet das Blitzgerät. Mein Yongnuo-Blitz hat bei maximaler Leistung eine Abbrenndauer von ca. 1/200 Sekunde. Das ist dumm. Da beißt sich die Katze in den Schwanz! Dies bedeutet nämlich, dass ich mit diesem Blitz bei maximaler Leistung gar nicht eine schnellere Synchronzeit als die 1/200 Sekunde an der Kamera einstellen kann! Denn was nutzt mir eine kurze Synchronzeit, wenn der Blitz länger zum Leuchten braucht? Die Leuchtdauer wäre dann „abgeschnitten“. Bei einer um eine Blende (um die Hälfte) reduzierten Leistung kann ich aber mit dem Yongnuo bei 1/500 Sekunde Blitzen, denn hier ist die Abbrenndauer kürzer. Um also eine entsprechende Lichtleistung zu erlangen, müsste ich mehrere Blitze mit reduzierter Leistung (aber dann kürzerer Abbrenndauer) einsetzen. Zum Vergleich: Die Abbrennzeit einer 3000er Elinchrom-Studioanlage beträgt bei voller Leistung auch recht lange 1/300 Sekunde. Bei einer Reduzierung der Leistung liegt man natürlich noch weit über jener von Aufsteckblitzen, hat aber nun eine weit kürzere Abbrennzeit. Die Abbrenndauer lässt sich leicht mit einem Blitzbelichtungsmesser ausmessen.
Synchronzeit der Funkauslöser
Auch Funkauslöser haben natürlich eine begrenzte Synchronzeit, die es zu beachten gilt. Ich nutzte lange Zeit diese ganz einfachen und günstigen Funkauslöser (mit denen ich übrigens kaum Probleme hatte, sofern die Batterien voll sind). Die schaffen immerhin eine Synchronzeit von ca. 1/250 Sekunde! Hier könnte es aber zum Flaschenhals in der Kette kommen. Daher sollte man zunächst auch prüfen, ob die Funkauslöser die schnellste Blitzsynchronzeit der Kamera auch unterstützen. Mittlerweile arbeite ich mit den Yongnuo-Funkauslösern, unter anderem auch deshalb, weil mein Yongnuo YN 560 Blitz einen eingebauten Empfänger besitzt! Das macht die ganze Geschichte natürlich bequemer. Die Yongnuo-Auslöser liegen ebenfalls bei ca. 1/250 Sekunde „Reaktionszeit“.
Ein Rechenbeispiel für pralle Sonne
Angenommen, wir möchten nun auf einer Wiese bei praller Sonne den Porty-Look haben. Unser Blitzgerät hat eine echte Leitzahl von 40. Wir fahren die Kamera mit einem ISO-Wert von 100. Eine Person (die wir fotografieren möchten) steht 3 Meter vom Blitzgerät entfernt. Bei praller Sonne und 100 ISO gilt die Sunny-16-Regel (Link zur englischen Wikipedia). Gemäß dieser Regel kann ich ohne zu messen davon ausgehen, dass ich bei direkter Sonne bei Blende 16 und 100 ISO eine Verschlusszeit von 1/125 Sekunde einstellen müsste. Nun passen wir die Parameter an:
Bei drei Meter Entfernung ist die Person mit meinem LZ40-Blitz bei Blende 11 1/2 korrekt belichtet (dies kann man ausrechnen). Diese Blende muss nun an der Kamera eingestellt werden. Und dies bedeutet anders herum, dass Umgebung nun allerdings bei 1/125 Sekunde Belichtungszeit um 1/2 Blende überbelichtet wäre (denn f/16 wäre ja für die Umgebung die korrekte Zeit).
Hier steht man dann vor einem Extrem und da weiß man, warum Profis besser gleich zum echten „Porty“ greifen. Bei leicht bedecktem Himmel sähe die Geschichte aber bereits ganz anders aus. Und wenn die Kamera Synchronzeiten um die 1/500 Sekunde beherrscht sowieso (sofern der Blitz bei voller bzw. lediglich gering reduzierte Leistung eine solch kurze Abbrennzeit beherrscht).
Fazit
Sie sehen: Lediglich mit einer einfachen Kamera und meinem Yongnuo-Blitz (kräftigere bis durchschnittliche Leistung) habe ich den Porty Look realisieren können. Eine starke Blitzanlage war bei meinen Bildbeispielen nicht nötig. Allerdings war es leicht bedeckt. Da ich den Blitz nur auf halber Leistung laufen ließ, hätte ich diesen Effekt hier sogar mit einer 250stel Sekunde Synchronzeit erreichen können, indem ich den Blitz auf volle Leistung gestellt und die Blende um einen Wert geschlossen hätte. Mein Yongnuo erreicht bei voller Leistung auch gerade so noch die 1/250 Sekunde Abbrennzeit. Die Fotos würden genau so aussehen. Mit der Powershot bzw. mit dem elektronischen Verschluss kann ich aber frei Hand mit jeder Verschlusszeit blitzen. Wichtig ist aber immer, darauf zu achten, dass die Abbrenndauer des Blitzes selbst nicht länger als die Synchronzeit ist.
Danke für deine tolle Anleitung, leider habe ich noch eine Sache nicht ganz verstanden. Ich nutze die Olmypus M10. Diese hat eine Belichtungssychronzeit von 1/200. Möchte ich den Porty Look nun nutzen, kann ich meine Belichtungszeit einfach auf 1/500 stellen (sofern keine schwarzen schatten auftauchen) um so ein solches Ergebnis zu erzielen? Blitz ist identisch mit deinem.
Hallo! Bei all meinen Kameras probiere ich aus, bei welcher maximal schnellsten Verschlusszeit (Belichtungszeit) ein Blitzgerät noch synchronisiert werden kann. Denn es könnte ja sein, dass diese noch über der offiziell schnellste Synchronzeit liegt (ist mir jedoch noch nie passiert). Wenn deine Kamera den Blitz noch bei der 1/500 korrekt, d. h. ohne abgeschattete Bilder synchronisiert, kann man dadurch zunächst das Umgebungslicht noch mehr „aussperren“. Doch hier kommt es bei stärkeren Blitzgeräten zu einem Problem: Die benötigen nämlich auch eine gewisse Zeit, um ihre „Leuchtkraft“ auszuspielen. Das nennt man „Abbrennzeit“. Und genau diese Abbrennzeit ist bei vielen Blitzgeräten relativ lang: Z. B. 1/250 Sekunde. Würde man nun an der Kamera 1/500 Sekunde einstellen, würde man auch einen Teil des Blitzlichtes aussperren. Man müsste die Leistung des Blitzes dann herunter setzen, denn dann würde er viel kürzer blitzen. Doch dann müsste man die Blende wieder weiter öffnen und das Umgebungslicht würde mehr dominieren.