Die Brennweite: Den Zoom vom Blitz richtig nutzen!
Viele moderne Blitzgeräte besitzen einen sogenannten „Zoomkopf“. Hiermit lässt sich der Lichtkegel des Blitzes variieren. Doch wie setzt man diese Zoomfunktion in der Praxis ein?
Die meisten Aufsteckblitzgeräte, die man heute erwerben kann, besitzen eine – für den Strobisten – ganz wunderbare Funktion: Ihr Lichtkegel lässt sich mittels der Zoomfunktion verändern. Eine solche Funktion gab es bei Geräten bis in die 1980er Jahre hinein nur sehr selten. Aber immerhin gab es als Zubehör für manche Blitzgeräte sogenannte „Tele-Aufsätze“ (weiter unten gibt es hierzu ein Bild und ein Selbstbau-Vorschlag). Heute ist ein in den Blitzreflektor integrierter Zoom fast Standard bei den größeren Systemblitzen. Wozu lässt sich der Zoom von Blitzgeräten in der Praxis einsetzen? Wie ist dessen Wirkung zu erklären? Zu unterscheiden ist hier zunächst das direkte und das indirekte Blitzen:
Der Blitz-Zoom beim direkten Blitzen
Hier erkläre ich Ihnen sicherlich nichts Neues: Setzt man den Aufsteckblitz auf die Kamera, so lässt sich dessen Lichtkegel ganz elegant dem Erfassungswinkel des an der Kamera sitzende Objektiv bzw. dessen aktueller Zoomeinstellung anpassen. Schauen wir uns hierzu eine Grafik an:
Benutze ich beim direkten Blitzen (der Blitz zeigt von der Kamera aus in Richtung Motiv) eine bestimmte Brennweite an meinem Objektiv (sagen wir 35 mm), so muss auch der Zoom des Blitzreflektors auf genau diese Brennweite eingestellt werden (Fig. a).
Dadurch erreiche ich, dass genau auch der Bereich ausgeleuchtet wird, welcher vom Objektiv erfasst wird.
Stelle ich aber den Zoom des Blitzgerätes auf eine höhere Brennweite als jene, welche am Objektiv eingestellt ist bzw. als jene, welche das Objektiv besitzt (Festbrennweite), dann ist der Abstrahlwinkel des Blitzreflektors zu gering: Es wird nicht alles ausgeleuchtet, was das Objektiv sieht (Fig. b).
Stelle ich aber den Zoom meines Blitzgerätes auf eine geringere Brennweite als bei meinem Objektiv, so ist der Abstrahlwinkel des Blitzes zu groß: Es wird weit mehr ausgeleuchtet, als überhaupt durch das Objektiv / durch die Kamera abgebildet werden kann (Fig. c). Man verschenkt Leistung.
Kleine Zoom-Angaben auf dem Blitz (z. B. 24 mm) sind beim direkten Blitzen also für Weitwinkelobjektive relevant, große (z. B. 105 mm) sind für Teleobjektive bzw. entsprechende Einstellungen an Zoomobjektiven geeignet.
Mit der Veränderung der Zoom-mm-Stellung ändert man übrigens nichts an der „Weichheit“ des Lichtes beim direkten Blitzen (und mit einer ausklappbaren Diffusor-Scheibe ebenso nicht). Nur beim indirekten Blitzen (z. B. über eine Wand) lässt sich damit der Lichtcharakter beeinflussen (siehe weiter unten).
Moderne Blitzgeräte bzw. moderne Kameras können miteinander kommunizieren. Hierbei verändert sich der Zoom-Level des Blitzkopfes automatisch, wenn die Brennweite des Zoomobjektives verändert wird. Hier braucht man sich also keine Gedanken darüber zu machen, dass man Blitz-Leistung verschenkt (zu geringer Blitz-Zoom-Wert) oder das etwa bestimmte Bildbereiche gar nicht ausgeleuchtet werden (zu großer Blitz-Zoom-Wert).
Zoomwert und Leistung bzw. Leitzahl
Je höher der Zoomwert am Blitzgerät, desto mehr wird das Licht gebündelt. Durch diese Konzentration wird es auch stärker! Lesen Sie hierzu bei Interesse auch diesen Absatz: Leuchtkegel und Leitzahl.
Die Zoomfunktion beim indirekten Blitzen
Jetzt wird es aber richtig interessant. Schauen wir uns zunächst dieses Bild an:
Bei dieser Grafik sind die Auswirkungen zweier verschiedene Zoomstellungen bei meinem Yongnuo-Blitz gut ersichtlich: Erhält man bei einer Weitwinkel-Zoomposition von 24 mm eine recht große Leuchtfläche an der Wand, so verhält es sich bei einem Zoom von 105 mm entgegengesetzt, die Lichtfläche ist geringer. Deutlich zu sehen ist hier auch die Zunahme der Helligkeit bei enger gebündeltem Licht. Wenn Sie noch mehr Beispiele sehen möchten, wie sich die verschiedenen Brennweiten-Angaben bzw. -Einstellungen des Blitzkopfes auf den Lichtkegel bzw. auf das Motiv auswirken, schauen Sie ggf. auch mal in diesen Blogeintrag rein, den ich jüngst zu diesem Thema entdeckte.
Mein Beitrag soll an dieser Stelle jedoch noch längst nicht zu ende sein. Denn nun befasse ich mich mit der Qualität des konzentrierten bzw. erweiterten Lichtkegel beim indirekten Blitzen. Zunächst muss man Folgendes wissen:
Das heißt nichts anderes als dass ich mit dem Blitzzoom in gewissem Maße den Lichtcharakter für ein Motiv ändern kann, blitze ich indirekt gegen z. B. eine Wand! Stellen Sie sich vor, Sie möchten eine Person in einem Raum fotografieren. Um nicht den typischen Blitzlook zu erhalten, drehen Sie den Blitzkopf gegen die Wand links neben der Person. Mit dem Zoomkopf am Blitz ändern Sie nun die Lichtfläche und bestimmen so den Lichtcharakter! Nichts weiteres habe ich bei dem Portrait rechts gemacht.
Sie bestimmen also in einem gewissen Umfang, ob das Licht eher hart oder weich sein soll! Mit der Größe der Lichtfläche bestimmen Sie außerdem auch die Streuung im Raum. So benutze ich bei solchen Situationen gerne eine eher kleinere Leuchtfläche, um eine gewisse Lichtrichtung (z. B. von Links) beizubehalten bzw. um keine zu hohe Aufhellung von der anderen Seite zu riskieren. Würde ich in einem solchen Fall das vom Blitz abgegebene Licht nicht genug bündeln, würde ich eine relativ große Lichtfläche an die Reflexionswand werfen und dadurch würde zu viel Licht im Raum verteilt bzw. gestreut werden, also auch in Bereiche (Hintergrund) meines Bildes, die ich eher dunkler halten möchte.
Oder arbeiten Sie mit mehreren Blitzen, die Sie beispielsweise mittels Funkauslöser oder mittels Slavezellen synchronisieren? Hier könnte man eines der Blitzgeräte in dessen Leistung manuell sehr reduzieren und den Zoomkopf auf maximale Brennweite (aus)fahren. So kann man zielen um beispielsweise ein eher punktuelles Haarlicht von schräg hinten zu erzeugen.
Ein weiteres Beispiel mit dem Zoom beim indirekten Blitzen
Hier zunächst ein Foto:
Bei diesem Lichtset nutzte ich zwei entfesselte Blitzgeräte. Das rechte Gerät (mein Metz-Stabblitz) liegt auf dem Boden und der Abstrahlwinkel des Kopfes ist so „eingestellt“, dass sich die Lichtfläche sowohl über die Decke als auch knapp über einen Teil der Wand links erstreckt.
Leider besitzt mein Metz-Stabblitz keine eingebaute Zoomfunktion. Denn das Licht links an der Wand stört mich (der Lichtfleck wäre so im späteren Foto zu sehen). Der Abstrahlwinkel müsste mehr gebündelt sein, dass lediglich die Decke angeleuchtet werden kann. Später verschob ich den Blitz etwas. Als zweiten Blitz habe ich meinen Yongnuo YN 560 im Spiel (links unten im Bild auf dem Boden). Hier stellte ich den Zoomkopf auf die maximale Brennweite (105 mm). Zusätzlich stülpte ich noch einen der externen Tele-Aufsätze darüber, um einen möglichst engen Lichtkegel zu erzeugen. Warum? Nun, schauen Sie sich die Lichtfläche hinten rechts an der Wand an: Wäre diese Lichtfläche größer, wäre sie auch noch neben der grauen Tür ganz hinten abgebildet gewesen und somit im Bild! Ich konnte den Yongnuo auch nicht weiter nach vorne schieben, denn dann wäre er ja auch im Bild gewesen.
Durch die Zoomfunktion bzw. durch das Verändern des Lichtkegels konnte ich das abgegebene Licht der Blitzgeräte ganz gekonnt der Aufnahmesituation anpassen.
Weitere Verwendungsmöglichkeiten der Zoomfunktion von Blitzgeräten
Ein wichtiges Einsatzgebiet des Zooms möchte ich nicht verschweigen. Zunächst muss man sich zur Erklärung einer unschönen Begleiterscheinung von Blitzgeräten (bzw. punktuellen Leuchten) bewusst sein: Deren Lichtstärke nimmt im Quadrat zur Entfernung ab. Das heißt, dass der Vordergrund immer sehr hell ist, der Hintergrund aber sehr dunkel. Stellen Sie sich eine Geburtstagstafel vor: Die Personen vorne sind korrekt beleuchtet. Weiter hinten nimmt die Lichtstärke aber immens ab. Sie können die Lichtleistung freilich erhöhen. Dann sind aber die Personen im Vordergrund aber völlig überbelichtet. Hier gibt es zwei Lösungen: Entweder Sie blitzen indirekt gegen die Decke. Oder aber Sie entfesseln den Blitz und positionieren Ihn weit hinter sich im Raum.
Dadurch nämlich, dass sich das Blitzgerät nun relativ weit weg von der (um beim Beispiel zu bleiben) gesamten Personengruppe befindet, ist es weit mehr egal, ob die vordersten Personen nun fünf Meter und die hintersten acht Meter entfernt sitzen. Sie werden annähernd gleichmäßig ausgeleuchtet.
Doch was hat dies nun mit der Zoomfunktion des Blitzes zu tun? Nun, die können Sie nun auf vollen Telebereich stellen (z. B. 105 mm). Dadurch erhalten Sie ca. eine ganze Blende Lichtgewinn! Diesen Lichtgewinn werden Sie auch brauchen, denn der Blitz befindet sich ja nun recht weit vom Motiv weg und Sie können die Blende des Objektivs nicht all zu weit öffnen, denn alle Personen sollen ja scharf abgebildet werden. Ein klarer Vorteil von Blitzgeräten mit Zoomfunktion!
Denken Sie in diesem Zusammenhang an die (tief stehende) Sonne: Diese punktuelle Lichtquelle ist enorm weit vom Motiv weg, sodass alles gleich stark ausgeleuchtet ist – über mehrere Kilometer hinweg.
Und statt in diesem Zusammenhang den Blitz zu entfesseln, können Sie jenen auch direkt auf der Kamera belassen und sich zusammen mit der Kamera ganz hinten in den Raum begeben. Nun stelle Sie auch den Zoom des Objektives auf einen Telebereich. Der Nachteil hierbei: Sie haben nun die Perspektive geändert: Alle Personen werden gleich groß bzw. flach dargestellt. Die typische Teleobjektiv-Darstellung eben. Eine gewisse Dreidimensionalität geht so verloren. Besser wäre es, Sie wären mit einem Weitwinkel direkt am Geschehen dran (stellen aber den Blitz weit hinten in den Raum)!
Beispiel Landschaftsfotografie
Ich nutze auch gerne Blitzgeräte draußen in der Natur bei Landschaftsfotografien. Schauen Sie sich das Beispielfoto an:
Hier ist gut ersichtlich, dass man mit einem leicht seitlich positionierten Blitz, gewisse Bildelemente dezent hervorheben– bzw. vom Hintergrund trennen kann. Zusätzlich zum (weichen) Umgebungslicht erreiche ich mit einer harten (nicht zu starken) Lichtquelle einen gewissen Pfiff, eine Betonung von Oberflächenstruktur. Außerdem ist die Farbe des Blitzlichtes neutral, die des Umgebungslichtes aber ganz leicht bläulich. Der Weißabgleich meiner Kamera stand auf „Blitz“, sodass das eigentliche, angeblitzte Bildelement leicht wärmer (eigentlich aber neutral) abgebildet erscheint als die Umgebung. Was hat dies mit dem Zoom meines Blitzgerätes zu tun? Nun, ich hätte jenes auch viel näher am Objekt (hier an den Holzresten) positionieren können. Jedoch wäre dann der Vordergrund heller als der Hintergrund (der Baumstumpf) abgebildet gewesen. Durch das Entfernen der Kunstlichtquelle schaffe ich es, alles gleichmäßig abzubilden. Hierbei stellte ich den Zoom auf Maximum (bei meinem Yongnuo YN560 III sind das 105 mm).
Dadurch erhalte ich bei diesem Blitz eine ganze Blende mehr Lichtgewinn, was ich auch gebrauchen kann, wenn ich am helllichten Tag den Blitz benutze. Ich arbeite bei solchen Situationen gerne mit meinen Yongnuo-Blitz, da er einen eingebauten Funkempfänger besitzt, was ihn leicht entfesseln lässt.
Wenn Sie gerne mehr darüber erfahren möchten, wie man ein Blitzgerät auch gekonnt in der Landschafts- und Naturfotografie einsetzen können, empfehle ich diesen Artikel auf diesem Blitzblog.
Aber auch beim provisorischen Abfotografieren von beispielsweise Büchern oder großen Bildern wäre ein gezoomter Blitz hilfreich, wenn jener nämlich nicht dicht genug an das Motiv heran gestellt werden kann. So lassen sich störende Reflexionen an Wänden vermeiden, denn durch den nun verengten Lichtkegel wird ja nur die Aufsichtsvorlage „getroffen“.
Sie sehen: Die Funktion des Blitzzooms ist also auch noch weit über den eigentlichen Zweck (Variieren des Lichtkegels je Objektivbrennweite beim direkten Blitzen) geeignet!
Funktionsweise des Zooms bei Blitzgeräten
Zu guter Letzt noch etwas Technisches: Wie funktioniert denn eigentlich die Bündelung, der „Zoom“ des abgegebenen Blitzlichtes? Die Sache ist ganz einfach! Zur Anwendung kommt immer eine sogenannte Fresnellinse / Fresnelscheibe. Dies ist eine simple Plastiklinse, die Licht stark bündelt.
Der Grad dieser Bündelung wird durch den Abstand Blitzröhre-Fresnelscheibe bestimmt. So befindet sich im Blitzreflektor eine Art beweglicher Schlitten, an welchem die Blitzröhre befestigt ist. Durch einen Motor kann jener Schlitten vor oder zurück geschoben werden. Befindet sich die Blitzröhre also sehr weit von der Frensel-Linse entfernt, wird das Licht stark gebündelt (Tele). Befindet sie sich direkt an der Fresnelscheibe, erfolgt nur eine sehr geringe Bündelung (Weitwinkel). Bei den älteren „Tele-Aufsätze“, welche für manche Blitzgeräte als Zubehör verfügbar waren, konnte man den Grad der Bündelung nur per Hand (wenn überhaupt) ändern.
Starker, manueller Blitz: Der Yongnuo YN-560 Mark IV ist ein moderner Blitz höherer Leistung (Leitzahl 56 bei ISO 100 / Zoom 105 mm), frei (und sehr fein) regelbarem manuellen Modus im Bereich von 8 Blendenstufen, Zoom-Kopf und bereits integriertem Funkempfänger und -Sender für weitere Blitze sowie Slave-Zelle zum gewohnt günstigen Preis auf Amazon.
An so eine Fresnel-Scheibe gelangt man recht schnell: Sie werden unter anderem auch als simple Lupen verkauft (z. B. bei Amazon). Halten Sie so eine Linse mal direkt unter einen Sonnenstrahl. Sie können damit Papier entzünden, so stark wird das Licht gebündelt! Mit größeren Fresnellinsen lässt sich auch ein Spiegelei braten. Schauen Sie sich nur einmal diesen Artikel dazu an. Freilich kann man sich mit so etwas auch einen (Super-) Telezoom für das Blitzgerät selber bauen.
Super Artikel!
Wenn möglich, aber bitte in der Infografik die gelbe Schrift auf andere Farbe ersetzen, da sehr schelcht lesbar
Danke & LG
Johannes
Hallo Johannes, danke für den Hinweis! Ich habe die Grafik nun entsprechend geändert. Ich weiß auch nicht, warum mir das zuvor nicht aufgefallen ist.