Unterschiede zwischen Knipser und Fotografen: Tipps zur Fotografie
Dieser Beitrag soll zum einen freilich nicht eine in Stein gemeißelte Doktrin darstellen. Zum anderen soll es hierbei eher um technische Details in der Fotografie gehen, von denen der Knipser vielleicht gar nichts weiß, die für den bedacht arbeitenden Fotografen jedoch wertvolle Techniken darstellen, wenn es um die fotografische Umsetzung einer Idee geht. Worin liegen die klassischen Unterschiede?
Zunächst: Die eindrucksvollsten Lichtbilder sind sicherlich genau dann entstanden, wenn man sich über derlei technische Dinge keinen Kopf gemacht hatte.
Ich habe einen guten Freund, welcher sich seit geraumer Zeit Eigner einer qualitativ durchaus brauchbaren, modernen digitalen Spiegelreflexkamera nennen darf. Seit den 1980er Jahren besitzen solche Fotoapparate eine „P-Funktion“ (Programmautomatik) oder noch besser: eine „Auto-Funktion“. Man muss sich hierbei um nichts mehr kümmern, die Kamera wird’s schon richten. Das finde ich zunächst sogar richtig gut! Denn wie hinderlich ist doch das sich Auseinandersetzen mit Physik, wenn man doch nur gute Bilder anfertigen möchte. Der Knipser ist hier zunächst klar im Vorteil. Im Detail jedoch – und mit „Detail“ meine ich zum einen das Betrachten eines großen Prints und nicht etwa die Vorschau auf einem kleinen Bildschirm und zum anderen Reproduzierbarkeit – wird man hierbei nicht selten gewisse technische Fehler feststellen können, welche durch bloßes Fachwissen umgehbar sind – Fachwissen, welches sich z. B. Profifotografen nicht umsonst aneignen und zunächst viel Zeit mit einem gewissen Studium verbringen. Hier gibt es einige klassische Unterschiede, was die Bedienung des fotografischen Apparates anbelangt.
Mein Freund, der Knipser
Mein Freund jedenfalls, der Knipser, arbeitet folgendermaßen: Er richtet seine Kamera auf das Motiv und betrachtet sich per Liveview das Display seiner Digitalkamera. Nun dreht er an irgendwelchen Rädchen, bis ihm das dargestellte „Live-Bild“ so erscheint, wie er es sich vorstellt und macht darauf folgend Klick. Beim Beobachten dieser Arbeitsweise sträuben sich mir leicht die Nackenhaare. Das ist ja fast so, als würde ein Koch bei einer zu salzigen Fingerprobe einfach Zucker hinzu in den Topf geben. Konkret schraubt er hier vielleicht bei ungenügender Schattenzeichnung (ich glaube nicht, dass er weiß, was dies ist) einfach den ISO-Wert hoch oder öffnet die Blende, ohne sich über die Konsequenzen bewusst zu sein. Wenn er damit glücklich ist – sehr gerne! Ich möchte ihm den Spaß gewiss nicht nehmen. Es geht aber auch anders. Und gerade in Hinblick auf Reproduzierbarkeit und Detailgenauigkeit sollte man einige grundlegende Dinge im Bereich Fotografie wissen:
Die Beste Abbildungsqualität eines Objektives
Ein Objektiv ist ein Lichtsammler: Ein Linsensystem nimmt alles Umgebungslicht auf, was es „sieht“ und bündelt es zu einem Brennpunkt. Mit der Blende kann man den Bereich der Lichtstrahlen „aussortieren“, welche an den technisch ungünstigsten Flächen der Linsen auftreffen – und dies sind deren äußeren Bereiche. Folglich sollte man für eine bestmögliche Abbildung abblenden.
Für die präziseste Darstellung sollte man ein Objektiv, dessen Lichtstärke z. B. 1:2 beträgt auf ca. Blende 5.6 abblenden, sofern man damit nicht in Bedrängnis kommt, was eine zu hohe Schärfentiefe oder eine zu lange Belichtungszeit anbelangt, wenn das Umgebungslicht für eine korrekte Belichtung entsprechend bereits zu dunkel ist bzw. wenn ein Verwackeln droht (hier nutzt der Fotograf natürlich ein Stativ).
7 Todsünden der Fotografie zeigt dem Leser die Welt von Internet-Communities, Fotoforen und -Katalogen auf und möchte Anreiz zur Selbstreflexion darstellen: »Benötige ich diese Meinungen oder behindern sie mich gar?«
Gerade Zoom-Objektive und hier insbesondere die günstigen „Kit Objektive“ würde ich immer um mindestens zwei Blenden abblenden. Hochwertige und entsprechend teure Linsen lassen jedoch oft bereits bei Offenblende keine Fragen mehr aufkommen, wenn es um eine präzise Abbildungsleistung in den Bildecken und bei einer 100%-Crop-Ansicht geht.
Mein Freund, der Knipser, wird nie wissen, bei welcher Blende er fotografiert. Bewusst arbeitende Fotografen jedoch wissen, dass sie mit der Blende zum einen natürlich die Schärfentiefe steuern- (dies ist hinlänglich selbst unter Knipsern bekannt) und zum anderen eben das Maximum an Abbildungsqualität ihres Objektivs ausnutzen können.
Nicht zu stark abblenden: Beugungsunschärfe
Blendet man aber zu weit ab, kommt es zu einem Phänomen, welches sich „Beugungsunschärfe“ nennt. So sollte man z. B. im Vollformat nicht auf Blende 22 abblenden, denn hierbei ist die Blende schon so weit geschlossen, dass sich das eintretende Licht an den Blendenlamellen regelrecht durchzwängen muss – wie durch die Türen einer japanischen U-Bahn bzw. sich eben beugt: Es kommt zu einer einheitlichen Unschärfe. Hier beißt sich die Katze also in den Schwanz. Mein Freund, der Knippser, hat bei seinen Fotografien sicherlich Katzen im Sinn und kann jene im Detail von vorne bis hinten vermeintlich scharf abbilden, jedoch bedenkt er nie das Problem der Beugungsunschärfe. Auf einem 30×40 cm großen Abzug werden solche Bilder also ein gewisses Maß an Schärfe vermissen lassen, wo doch auf dem kleinen Laptopbildschirm noch alles okay aussah. Das Objektiv meiner Crop-DSLR-Kamera (kleinerer Chip als das Vollformat) blende ich zur Not bis maximal Blende 11 ab. Danach kommt es zur sichtbaren Beugungsunschärfe.
Den ISO-Wert nicht zu hoch wählen
Digitalkameras besitzen einen nennenswerten Vorteil gegenüber analogen Kameras: Man kann hier für jede Aufnahme den ISO-Wert (also die Empfindlichkeit) verstellen. Bei einer analogen Kamera kann man dies nur durch die Filmsorte ändern (indem man also einen anderen Film einlegt).
Grundsätzlich gilt: Je geringer der ISO-Wert ist, desto feiner wird die Detailzeichnung sein. Ich selbst arbeite, falls möglich, immer bei 100 ISO. So erreiche ich diesbezüglich die maximale Abbildungsqualität. Oben erwähnte ich kurz die Auto-Funktion der Digitalkamera. In diesem Modus hat man keinerlei Eingriffsmöglichkeiten, was die beiden bildqualitäts-beeinflussenden Faktoren Blende und ISO-Wert anbelangt. Die beste Abbildungseigenschaft erhält man also, indem man den geringst möglichen ISO-Wert wählt und das Objektiv um ca. drei Blenden abblendet.
Ein Stativ verwenden
Ich sprach eben bereits kurz das Stativ an. Ich benutze ein solches Gerät nahezu immer, sofern ich mein Stativ entsprechend der Situation transportieren kann, denn:
Stellen Sie sich vor, Sie belichten bei einer schnellen Verschlusszeit (Belichtungszeit) von 1/250 Sekunde. Das ist wirklich ein sehr kurzer Moment. Derlei Bilder kann man getrost aus der Hand schießen – selbst, wenn man einen Tremor hat. Nichts scheint verwackelt zu sein, denn die Fotos sind auf dem kleinen Display der Digitalkamera alle scharf abgebildet. Ein Irrtum! Denn selbst innerhalb dieser 1/250 Sekunde findet ja eine Bewegung während des Fotografierens statt, wenn auch nur eine leichte. Doch umso mehr man entsprechende Bilder vergrößert, desto mehr vergrößert man auch minimale Verwackelungen – und irgendwann werden sie eben sichtbar. Ich jedoch möchte maximale Qualität und benutze daher möglichst immer ein Stativ, auch bei den kurzen Belichtungszeiten.

Bereits ein simples Schnurstativ kann die Schärfe der Bilder erhöhen.
Stellen Sie sich vor, sie fotografieren einen prallen Luftballon: Dieses Bild besitzt keine sogenannten „Kanten“. Er wird auch ganz leicht verwackelt entsprechend scharf abgebildet werden.
Fotografieren Sie jedoch ein einzelnes Haar und vergrößern dieses auf z. B. 18×24 cm wird sich hierbei eine minimale Bewegungsunschärfe durchaus auf die Bildschärfe ausüben. Denn die Kante (Haar-Hintergrund) wird nur durch die Verwendung eines Stativs entsprechend scharf abgebildet werden, denn die Kamera muss hierbei für ein optimales Ergebnis absolut starr positioniert sein.
Dies ist einer der Gründe (maximale Bildschärfe), warum man manche Fotografen selbst bei hellem Tageslicht mit schweren Stativ-Ungetümen umher wandeln sieht, während der Knipser lässig die Vollformatkamera von der Schulter in die Hand schwingt und einfach nochmal im Auto-Modus Klick macht, ohne groß nachdenken zu müssen.
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Natürlich ist ein solches Stativ auch noch für eine ganz bewusste, auf den Millimeter genau wohl durchdachte Bildkomposition obligatorisch, sowie für das absolut lotrechte Ausrichten der Kamera, um stürzende Linien (siehe etwas weiter unten) zu vermeiden.
Lichtarten in der Fotografie
Der wichtigste Faktor bei einer Fotografie ist – das Licht. Nein, es ist nicht die Kamera, nicht das Objektiv. Stellen Sie sich vor: Vor einhundert Jahren haben Schreiner Kameras gebaut, nicht etwa Technologiefirmen. Diese Leute hatten kaum Ahnung von Fotografie (denn sie befassten sich hauptsächlich mit Tischen und wuchtigen Schränken): Sie mussten lediglich lichtdichte Holzkästen mit Getriebeschrauben und Lederbalgen fertigen. Ganz simple Geräte waren dies. Warum faszinieren uns die Bilder, die mit derlei Anachronismen angefertigt worden, noch heute? Sicherlich: etwas Romantik schwingt beim Anblick dieser Bilder mit. Jedoch verstanden es die Fotografen damals, sich zunächst auf das Wesentlichste in der Fotografie zu konzentrieren: Auf das Licht. (Denn nicht wenige kamen aus der akademischen Malerei, bei der die Lichtcharakteristik wesentlicher Unterrichtsstoff war.)
Licht existiert in den verschiedensten Arten. Stellen Sie sich nun vor, sie wollen einen Wollpullover unter bedecktem Himmel fotografieren: Das Abbild wird klar ein solches Kleidungsstück zeigen. Nun bricht der Himmel auf und die Sonne kommt hervor: Diese Sonne allein bildet ein punktuelles, also hartes Licht: Plötzlich wird jede Faser des Pullovers sichtbar! Betrachten Sie folgendes Bild:
Sie sehen immer das selbe Sujet. Jedoch ist der Bildcharakter jeweils ein völlig anderer. Die Fotos sehen ganz unterschiedlich aus!
Der Knipser lichtet einfach ab. Der bewusst handelnde Fotograf lichtet erst ab, wenn das Licht günstig entsprechend seiner Vorstellung steht – sofern freilich möglich. Ich selbst bin schon des öfteren frustriert heim gekehrt, als plötzlich strahlender Sonnenschein vorherrschte, wo ich doch ein sehr diffuses und einheitlich beleuchtendes für meine Motiv benötigte. Hier wollte ich professionell sein und lieber gar kein Bild anfertigen als eines, welches nicht meinen Vorstellungen entsprach. Wie gut haben es doch da die Knipser in ihrer Anspruchslosigkeit.
Den Autofokus abstellen, unscharfen Vordergrund vermeiden
Ein ganz besonders auffallender Fehler ist der aufgequollene Vordergrund. Ich erlaube mir an dieser Stelle von einem Fehler zu sprechen. Denn es kann natürlich auch sein, dass dies durchaus so bewusst in Szene gesetzt werden sollte – Was ich allerdings nicht glaube. Betrachten wir uns folgendes Portrait:
Das Bild zeigt einen Freund in seiner Privatvideothek. Keinesfalls durfte ich bei der Aufnahme auf die Person selbst scharf stellen bzw. den Autofokus auf sie richten! Denn was wäre dann das Ergebnis gewesen? Die vorderen Kartons und Videokassetten wären völlig unscharf abgebildet worden. Doch diese gehören doch unbedingt ebenfalls noch zum bedeutungstragenden Element dieser Fotografie!
Hier muss man mitdenken. Das technische Mittel hierzu lautet: Zonenfokus. Früher wurde hierzu kurz in den Bedienungsanleitungen der Kameras darauf eingegangen. Heute setzt man voll auf den Autofokus. Ich sage in diesem Zusammengang: Autofokus abschalten! Über den Zonenfokus habe ich einen eigenen Artikel verfasst. Lesen Sie ihn ggf., falls Ihnen das Prinzip nichts sagt. Der Knipser fokussiert auf die Person. Der bewusst handelnde Fotograf hingegen überlegt sich, von wo bis wo sich der Schärfebereich erstrecken soll und stellt sowohl Schärfepunkt und Blende entsprechend ganz bewusst ein. Dies kann (noch) keine Automatik abnehmen – außer die der Lytro Lichtfeldkamera.
Tipp, wenn Sie dennoch den Autofokus nutzen (müssen): Einfach bei diesem Beispiel kurz hinter das erste Drittel scharf stellen und genügend abblenden. Das erste Drittel der räumlichen Tiefe endet hier ca. kurz vor dem Stapel Kassetten auf dem Teppichboden. Diese „Drittel-Regel“ funktioniert bei vielen Motiven sehr gut. In diesem Zusammenhang ist es auch sinnvoll, bei besseren Kameras den Autofokus (bzw. dessen Aktivierung) vom Auslöser zu trennen. Idealerweise nutzen Sie dann eine freie Taste auf der Rückseite der Kamera bzw. fokussieren mit dem Daumen. Somit verstellt sich die Schärfe nicht mehr, wenn Sie danach auf den Auslöser drücken. Dieses Prinzip nennt man auch „Back-Button-Focus„.
Richtig Belichten: Auf die Schatten belichten
Ich komme aus der sogenannten „analogen“ Fotografie (und fotografiere im Übrigen weiterhin primär mit Film). „Wir“ haben da so einen Merksatz:
Belichte auf die Schatten. Entwickele nach den Lichtern.
Übersetzt heißt dies: Gib der Kamera so viel Licht, dass auch die dunkelsten Bildelemente noch Durchzeichnung aufweisen, achte jedoch darauf, dass die hellsten Bildelemente noch nicht „ausgefressen“, d. h. nicht reinweiß, erscheinen.
Mein Kumpel, der Knipser, achtet auf so etwas freilich nicht, denn er betrachtet sein Motiv (auf dem kleinen Bildschirm) global. Jedoch riskiert er, dass z. B. die Schatten unter den Bäumen im Hintergrund seines Motivs an Detailreichtum verlieren, verlässt er sich auf die simple Belichtungsmessung seiner Digitalkamera. Das Ergebnis: Monoton schwarze Flächen. Eine rein technisch gut gemachte Fotografie lebt hingegen von Schattierungen, d. h. vom Eindruck von Dreidimensionalität. Daher sollte man so belichten, dass auch die dunkelsten Bildbereiche noch einen Hauch von Zeichnung aufweisen (visuelle Argumente z. B. von Anders Petersen bezeugen hingegen durchaus das Gegenteil). Ich selbst arbeite grundsätzlich so: Ich betrachte mir das Histogramm der Kamera und überprüfe, ob nicht ein Teil meines Motivs absäuft oder ausfranzt. Ich betrachte mir meine Fotografien also auch lokal.
Das wichtigste Kontrollinstrument einer DSLR: das Histogramm. Anhand dessen sehe ich, ob alle Bereiche im Motiv noch Zeichnung besitzen. Dies lässt sich auf dem kleinen Display der Digitalkamera anhand eines Vorschaubildes kaum korrekt ablesen, erst recht nicht bei hellem Umgebungslicht.
Beispiel: Scrollen Sie noch einmal hoch zum Jungen in der Videothek: Hier stört mich etwas der abgesoffene Schattenbereich der Hose. Diese ist reinschwarz abgebildet: Hier gibt es keinerlei Zeichnung mehr. Ich hätte bei der Aufnahme einige weiße Videokassetten rechts direkt daneben als Aufheller positionieren sollen (das Licht kam nur von links). Es ist nicht schlimm und nur ein Detail: Jedoch als bewusst arbeitender Fotograf stört einen dies schon etwas. Bei der Prüfung zum Fotografengesellen hätte es hier einen Minuspunkt für mich gegeben.
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Den Messwertspeicher der Kamera benutzen
Ich fotografiere am liebsten im Modus „A“ (bzw. AV bei Canon): Hier wähle ich die Blende vor (siehe auch den Punkt „Schärfe selber legen„) und die Kamera ermittelt die hierzu „richtige“ Belichtungszeit automatisch. Dies tut sie – dank „Matrixmessung“ – meist recht gut. Bei Motiven mit einem hohen Anteil an sehr hellen Bereichen jedoch neigt auch die intelligenteste Messmethode zur Unterbelichtung. Schauen wir uns mal dieses Foto an:
Dies ist eine Szene, bei welcher zum einen ein großer Bereich an sehr hellen Bildelementen vorhanden ist (der Himmel). Zum anderen befindet sich die einzige Lichtquelle (die Sonne) selbst im Bild! Das ist ein Extremfall (Fotografieren im Gegenlicht) und jede automatische Belichtungsmessung würde hier ein fehlerhaftes Ergebnis (zu dunkel) liefern, würde man hier nicht korrigieren!
Zur Korrektur der Belichtung richte ich bei einem solchen Sujet die Kamera (im AV-Modus / A-Modus) einfach auf den Boden, halte die Messwert-Speichertaste gedrückt und richte die Kamera wieder auf das eigentliche Motiv aus. Nun sind auch die Schatten (dunkelste Bereiche) gut durchgezeichnet. Freilich riskiert man bei einem Motiv mit einem dermaßen hohen Kontrast ein Verlust an Lichterzeichnung. Daher sollte man gerade solche Motive (Gegenlicht) immer im RAW-Modus ablichten. Hier hat man dann noch einen gewissen Puffer in den hellsten Bildbereichen, durch welchen später am PC Lichterzeichnung wieder „hervor gezaubert“ werden kann. Ein Foto wie das obige können Sie so niemals fotografieren, wenn Sie alle Einstellungen an Ihrer Kamera auf „Auto“ belassen. Sie müssen bei derlei Motiven schon selbst etwas von Hand korrigieren. Es ist ja nicht viel, die Ergebnisse werden aber wesentlich besser aussehen als die von meinem Kumpel, der die Kamera einfach „drauf hält“. Sicherlich kommt auch er manchmal zu derlei Fotos. Er weiß aber nicht, warum. Sie wissen es nun und können jederzeit gleiche Ergebnisse liefern.
Den Weißabgleich richtig nutzen
Oftmals steht der sogenannte Weißabgleich auf „Auto“. Das ist auch gut so, denn so werden in den meisten Fällen die Farben realistisch abgebildet. Schauen wir uns noch einmal das obige Foto mit dem Zelt und dem Gegenlicht an. Hier herrscht eine sehr warme Atmosphäre vor. Ich gebe zu: In echt sah das etwas anders aus. Ich hatte absichtlich den falschen Weißabgleich eingestellt! Normalerweise wäre hier „Sonnenlicht“ richtig gewesen. Denn das Licht hatte bereits einen eher warmen Charakter. Ich hingegen stellte den Weißabgleich auf „bewölkt“. Was passierte dann in der Kamera? Es wurden mehr Rot- und Gelbtöne zum Foto „hinzugefügt“. Dies steigerte die warme Atmosphäre deutlich.
Bei solchen Gegenlichtaufnahmen benutze ich sehr gerne einen „Bewölkt-Weißabgleich“ obwohl das Licht hierzu eigentlich einen anderen Weißabgleich erforderte. Doch ich möchte hier nicht unbedingt einen realistischen Eindruck wiedergeben. Sicherlich kennen Sie solche Gegenlichtfotos, bei denen eine „wohlige“, „leichte“ Atmosphäre zum Tragen kommt. Dies erreicht man zum einen mittels einer Belichtungskorrektur (siehe der vorherige Punkt) und zum anderen durch einen eigentlich falschen Weißabgleich. So einfach ist das.
Natürlich kann besagter Weißabgleich auch später in z. B. Photoshop verändert bzw. korrigiert werden, sofern man mit der Bildbearbeitung vertraut ist.
Kaffeebecher in Form eines Objektives
Verzerrungen und stürzende Linien
Dieser Punkt ist zumeist nur bei Aufnahmen von Häusern bzw. hohen Gebäuden relevant. Was Fotografen wissen: Bringt man die Kamera aus der absolut senkrechten Position, so werden sich alle vertikalen Linien z. B. nach oben verjüngen. Konkret heißt dies: Gebäude werden wie Kartenhäuser abgebildet, die nach hinten zu kippen scheinen.
Abhilfen gibt es derer zwei: Zum einen kann man natürlich ein echtes Shift-Objektiv benutzen (ich besitze ein solches). Zum anderen kann man die Aufnahmen später am Computer mit einer Bildbearbeitung entzerren. Hier tut sich allerdings ein Problem auf: Mit dem Entzerren am Computer geht immer ein gewisser Beschnitt einher. Man verliert folglich etwas an Auflösung. Diesen Beschnitt muss man bereits bei der Aufnahme berücksichtigen und folglich etwas weiter vom Motiv weggehen oder eine etwas kürzere Brennweite bzw. Zoom-Einstellung des Objektivs nutzen, damit man genügend Rand mit auf dem Foto haben wird, welcher später zum Teil wieder abgeschnitten werden muss.
Einsatz von Kunstlicht
Blitzgeräte scheinen für die meisten Knipser eher unbequeme Geräte zu sein. Sie gelten nur als Notlösung, wenn es zu dunkel ist und ein Blitz würde die natürliche Lichtstimmung des Bildes zerstören. Das stimmt zunächst, jedoch nur, wenn man nicht weiß, damit umzugehen.
Haben Sie sich vielleicht schon einmal gefragt, warum sich ein engagierter Hochzeitsfotograf selbst bei schönstem Sonnenschein nicht von seinem Blitzgerät auf der Kamera trennen möchte? Es ist doch hierbei hell genug. Richtig. Doch benutzt der Hochzeitfotograf das Kunstlicht hierbei nicht als primäre Lichtquelle (diese bleibt weiterhin die Sonne). Er nutzt den Blitz als sogenanntes Fülllicht oder auch „Aufhellblitz“ genannt.
Nur ein einziger Blitz - dies ist die Prämisse bei diesem Buch. Der Autor vermittelt Techniken, mittels derer man mit möglichst minimalistischem Setting dennoch zu aussagekräftigen Fotografien gelangt, eben nur mit einem einzigen Blitzgerät.
Denn was verursacht denn die Sonne auch? Na Schatten! Die hoch stehende Sonne bildet dunkle Schatten unter den Augen der Menschen, sorgt für hohe und störende Kontraste innerhalb der Kleidung. Mit einem Blitz jedoch können derlei Schatten einfach aufgehellt werden und zwar so, dass dem ungeübten Betrachter auf den Bildern gar nicht auffällt, dass ein zusätzlicher Blitz verwendet worden ist. Ferner erzeugt das Blitzgerät eine leichte Aufhellwirkung (Personen heben sich leicht vom Hintergrund ab) sowie ein sogenanntes „Catchlight“ in den Augen (ein Funkeln). Betrachten Sie hierzu einfach mal die Fotografien von Daniel Arnold. Der Fotograf nutzt fast immer einen einfachen Aufsteckblitz, jedoch etwas dezenter in dessen Lichtleistung. Als Ergebnis erhält er leicht freigestellte Personen. Dieser Effekt fällt aber nicht als gar „überblitzt“ auf, sondern sorgt für eine gewisse Brillanz des Vordergrundes (nunja, manchmal gelingt es ihm nicht ganz).
Es ist klar, dass hierzu die Intensität der zusätzlichen Kunstlichtquelle keinesfalls zu hoch eingestellt werden darf! Ansonsten wird es nämlich so wirken, als stünden porträtierte Personen vor einer Fototapete. Blitzgeräte sollte man hier sehr subtil bzw. reduziert einsetzen. Wenn Sie dieses sehr interessante Thema interessiert, können Sie gerne den entsprechenden Artikel studieren.
Entwickeln eines Konzeptes
Bisher habe ich immer nur von Techniken geschrieben, anhand derer das Werkzeug (die Kamera) präzise bedient werden kann, damit die Bildergebnisse genau den Vorstellungen entsprechen können.
Doch was sind das für Vorstellungen, die man an eine Fotografie hat? Ein elementarer Bestandteil, was „bewusstes“ Fotografieren anbelangt, ist das sich vorher Gedanken darüber machen (statt einfach wild herumzuknipsen). Ich arbeite oft in Serien. Ich widme mich also mit meinen Bildern einem ganz bestimmten Thema und fertige die Bilder immer mit dieser Idee im Hinterkopf an. Natürlich ist es mir dabei wichtig, dass bei allen Einzelfotografien die Parameter (Lichtart, Schärfentiefe, Farbsättigung …) möglichst gleich bleiben. Ich behalte also sozusagen meine Handschrift bei und ändere hier auch nichts.
Das fotografische Thema an sich ist ein weites Feld: Man kann sich mit Dokumentationen befassen bzw. mit einem bestimmten Milieu, mit Landschaftsaufnahmen zu einer ganz bestimmten Tageszeit, mit Interieur-Porträts usw. Wichtig ist hierbei nur, dass man nicht wahllos knipst, dass man die Fotografien nicht einer gewissen Beliebigkeit aussetzt und besser den Auslöser einmal weniger als zu viel drückt (oder die spätere Bildauswahl rigoros eingrenzt).
Fazit
Ich möchte noch einmal auf die Fotografie meines Freundes in dessen Videothek zurück kommen: Eine Knips-Fotografie von diesem Ambiente – mit allerlei Fehlern – würde mich auch erfreuen, denn schließlich ist es mein Freund, der da abgebildet ist. Und diese Situation in Erinnerung halten kann gleichwohl auch ein ganz dilettantisch angefertigtes Foto sehr gut – vielleicht authentischer sogar noch als eine durch und durch arrangierte Aufnahme.
Anders sieht es bei Auftragsarbeiten aus: Hier hätte ich mir besprochene Fehler nicht erlauben dürfen. Und auch mein eigener Anspruch an eine technisch gut gemachte Fotografie ist ein hoher. Mit jedoch bereits wenigen Mitteln bzw. Denkansätzen bin ich in der Lage, entsprechende „Fehler“ zu umgehen. Dies ist mir insbesondere beim Anfertigen von fotografischen Serien wichtig. Denn bei solchen Bildern müssen alle Parameter (Schärfebereich, Licht, Belichtung usw.) möglichst gleich sein. Durch ein entsprechendes Wissen bin ich in der Lage, reproduzierbar zu fotografieren. Und: ich kann somit natürlich auch den Spieß umdrehen und für gewisse Bildergebnisse ganz bewusst Fehler provozieren, indem ich nämlich ganz genau weiß, was ich „falsch“ machen muss, indem ich sozusagen falsch richtig fotografieren kann. Ein Beispielfoto hierzu gab ich Ihnen bereits etwas weiter oben im Artikel mit der Abbildung des (zu) „warmen“ Gegenlichtes.
„keinen Anschluss für externes Kunstlicht?“
So ist es. Nix Blitzanschluß. Dazu war sie wohl nie gedacht. Sie paßt aber wunderbar in eine Manteltasche. Man hat sie immer dabei und das „Riesenzoom“ ist toll. Ideal für Landschaften oder Details. Mehr Brennweiten brauche ich nicht. Selbst bei meinen Künstlerportraits leistet sie hin und wieder gute Dienste.
Alles in allem ist das Ding nicht schlecht wenn man keine Wunder erwartet. Zumindest wird man damit nicht für voll genommen. Ein Vorteil den ich mehr und mehr zu schätzen weiß.