Ein Einbeinstativ zum Fotografieren nutzen: Das ist die richtige Haltung
Ich fotografiere sehr gerne mit einem Einbeinstativ: Es bildet den idealen Kompromiss aus Größe, Gewicht und Funktionalität. Doch die meisten Fotografen nutzen ein solches „Monopod“ offenbar nicht richtig. Die richtige Anwendung sieht eigentlich anders aus. Außerdem erkläre ich, welche Belichtungszeiten damit noch möglich sind.
Ich fotografiere am liebsten bei niedrigen ISO-Werten oder gar mit analogen Kameras mit ISO-100-Filmen – gerne unterwegs auf z. B. Wanderungen. Hier überlege ich immer sehr genau, ob ich ein großes und schweres Stativ mitnehmen muss. Häufig reicht hier ein simples Einbeinstativ, das man gut im Rucksack oder gar in der Schultertasche mitnehmen kann!
Vermutlich werden Einbeinstative zumeist für ziemlich lange und schwere Teleobjektive eingesetzt (bzw. an diesen montiert). Ich nutze ein solches jedoch als Ersatz für ein Dreibeinstativ auch zum „normalen“ Fotografieren bei wenig Licht – für Landschaften im Winter beispielsweise.
Die falsche Haltung
Jahrelang hatte ich so mit dem Einbein fotografiert:
So falsch ist diese Nutzung natürlich nicht: Die Kamera besitzt bei dieser senkrechten Anwendung wenigsten eine Stabilisierung in eine Richtung (nach unten). Ich vermute, die meisten, die solch ein Stativ mit nur einem Bein nutzen, werden damit zum Stabilisieren der Kamera diese Haltung einnehmen. Wer es ganz leicht bzw. minimalistisch unterwegs haben möchte kann dabei sogar auf den Stativkopf verzichten bzw. die Kamera direkt auf das Einbeinstativ schrauben. Am minimalistischsten ist natürlich das Schnurstativ. Doch damit bekommt man nicht die langen Belichtungszeiten ohne Verwackeln hin, welche bei der richtigen Haltung eines Einbeinstativs möglich sind:
Die richtige Haltung
Richtig ist natürlich meine eigene Definition von der idealen Handhabung:
Das Stativ mit der Kamera sollte gekippt sein! Deswegen benötigt man bei dieser Anwendung am Einbeinstativ auch einen (kleinen) Kugelkopf, um die Kamera etwas angewinkelt zu arretieren.
Beim Fotografieren mit einem Einbeinstativ sollte:
- das Stativ schräg vor einem stehen und die Kamera entsprechend angewinkelt darauf arretiert sein.
- Die Kamera wird dabei gegen den eigenen Kopf gedrückt. Daher benötigt man hierfür eine Kamera mit richtigem Sucher.
- Mit dem Oberkörper lehnt man sich gleichzeitig etwas nach vorne gegen das angewinkelte Stativbein.
- Die beiden eigenen Füße stehen dabei weit auseinander.
- Man atmet ein und hält die Luft an. Nun drückt man auf den Auslöser.
Das ganze könnte man auch übertreiben:
Zur richtigen Nutzung eines solchen Einbeinstativs muss man sich aber wahrlich nicht so ins Zeug legen – Ein leichtes Lehnen gegen das Stativbein reicht.
Sehr interessant ist übrigens auch die Nutzung einer solchen Mittelformatkamera mit Lichtschacht auf solch einem Stativ. Da man hierbei von oben auf den Sucher bzw. auf die Mattscheibe schaut, reicht es, dass man die Kamera gegen den Oberkörper lehnt bzw. drückt: Die Kamera ist nun von allen Seiten stabilisiert. Bei dieser schweren Kamera löse ich sogar die Spiegelvorauslösung vor der Aufnahme aus! Sie ist ja bei dieser Haltemethode fest positioniert.
Der eigene Körper als Stativ
Der Sinn hinter einem Einbeinstativ (Monopod) sollte also idealerweise darin bestehen, den eigenen Körper bzw. die eigenen zwei Beine mit diesem zu vereinen:
Zusammen ergibt sich dann wieder ein Tripod (Dreibein). Man führt die drei Stützen oben zusammen: Man lehnt sich leicht gegen das Einbein.
Das Monopod anlehnen
Der Praktiker wird solch ein Monopod nicht nur am eigenen Körper anlehnen bzw. gegen diesen pressen. Man findet draußen im Urbanen aber auch in der Natur eine Menge Dinge, an die man das Einbeinstativ ebenso lehnen kann. Bäume eignen sich hier natürlich, Geländer, Schilder, Mauern, usw. Hat man so eine Position gefunden, dann sind natürlich richtig lange Belichtungszeiten möglich. Allerdings wird es hier manchmal schwierig, durch den Sucher zu schauen. Schwenkbare Displays oder ein Lichtschacht, bei dem man von oben auf die Mattscheibe der Kamera schaut, sind hier von Vorteil.
Bei meiner Mittelformatkamera habe ich es einfach. Denn ich kann hier von oben auf die Mattscheibe schauen. Lehnt man die Kamera mit dem Einbeinstativ gegen z. B. einen solchen Baum, kann man nicht mehr von hinten auf den Sucher oder das Display blicken. Digitalkameras bräuchten hierfür also ein klappbares bzw. schwenkbares Display. Oder man stöpselt (bei neueren Digitalkameras) das Smartphone als Hilfsdisplay an. Hier konnte ich jedenfalls mit der für das Foto nötigen 1/4 Sekunde belichten, was aus der Hand nie möglich gewesen wäre (ohne zu Verwackeln).
Welches Einbein welcher Kopf?
Ich nutze ein ganz günstiges Einbeinstativ von „Coman“. Wichtig war mir beim Kauf, dass man es möglichst klein zusammen schieben kann. Ohne Kopf misst das meinige ca. 47 cm im zusammen geschobenen Zustand. Die Qualität? Was soll solch ein Stock schon können müssen? Für den gelegentlichen Gebrauch reicht hier ein eher günstiges, einfaches Stativ aus. Wer jedoch so etwas jeden Tag nutzt, braucht natürlich eine andere Qualität. Mit Kopf erreicht das meinige eine Höhe von ca. 165 cm. Da man zur richtigen Nutzung, wie ja erwähnt, die eigenen Beine etwas auseinander stellen sollte, ist eine solche Höhe auch für größere Menschen gut nutzbar.
Ich nutze auch nur einen ganz simplen und günstigen Kugelkopf – selbst für die schwere Mittelformatkamera. Denn ich nutze das Einbeinstativ ja deswegen, weil ich mir auf Wanderungen Gewicht und Platz sparen möchte.
Welche Belichtungszeiten schaffe ich damit?
Ich schaffe mit einer SLR und ganz leichtem Teleobjektiv (50 mm) die 1/15 Sekunde sicher. Da habe ich keine Bedenken. Ich schaffe auch die 1/8 Sekunde. Aber dann sollte man nicht die 100%-Ansichten gegenüberstellen.
Schalte ich den Bildstabilisator an meinem Objektiv hinzu, werden die Ergebnisse etwas besser aber nicht so gut wie bei z. B. 1/125 Sekunde.
Die 1/15 Sekunde ist für meine Ansprüche jedoch bereits ein guter Wert! Damit komme ich bei bedecktem Himmel im Winter und bei ISO 100 gut hin, denn damit kann ich noch genügend abblenden.
Einbeinstativ für Fernglas oder monokulare Fernrohre
Ich hatte mir vor einiger Zeit ein Fernglas gekauft. Als Anfänger wusste ich hier nicht, dass es durchaus in die Arme gehen kann, wenn man solch einen Feldstecher eine längere Zeit lang hoch an die Augen halten muss. Man wünscht sich hier bei längeren Beobachtungen eine Fensterbank, auf der man beim Beobachten mit dem Fernglas die Ellenbogen abstellen kann.
In der Natur hilft hier das Einbeinstativ:
Ein gutes Fernglas besitzt einen Anschluss für ein Stativ! Doch insbesondere monokulare Fernrohre mit hoher Vergrößerung benötigen ein Stativ, damit das Sichtbild nicht ständig verwackelt. Auf Touren habe ich daher neben meinem Fernglas auch manchmal das Einbeinstativ dabei, wenn ich vorhabe, mich für ca. eine halbe Stunde „auf die Lauer zu legen“, um beispielsweise Brutvögel zu beobachten. Hier hilft das Stativ ungemein – Die Arme ermüden dabei nicht. Man kann das Fernglas auf dem Stativ einfach gegen die Augen lehnen und den Stab darunter ohne Anstrengung halten. Ein Dreibeinstativ wäre mir hier einfach zu sperrig und zu schwer. Wichtig aber auch hier: Bei meinem Fernglas ist das Objektivgewinde vorne angebracht (und nicht unten). Das heißt: Man benötigt auch hier einen kleinen günstigen Kugelkopf zum Ausrichten bzw. zum Drehen der Befestigungsachse um 90°.
Flexibel sein
Zum Schluss noch etwas aus der eigenen Praxis: Ich bin häufig lange zu Fuß unterwegs – mit der Kamera und dem Dreibeinstativ im Rucksack. Dies baue ich dann gelegentlich auf, um ein Motiv abzulichten. Mit dem Einbein gestaltet sich solch ein „Fotowalk“ jedoch viel flexibler:
Bei derlei Spaziergängen ist es einfach viel schöner, die leichte Kamera und das „Monopod“ (Einbein) einsatzbereit mit sich zu tragen. Oft stecke ich beides zusammen gesetzt einfach in den Rucksack. Man denke hierbei auch an sehr kalte Wintertage: Da macht es mir selten Vergnügen, jedes Mal das Stativ aufzubauen, die Kamera anzuschrauben, danach wieder alles abzubauen.
Dieses Einbeinstativ gehört zu den kompakten und lässt sich dennoch genügend weit ausfahren. Es ist im mittleren Preissegment angeordnet.
Beim Wandern habe ich meine Kamera auf dem (zusammen geschobenen) Einbeinstativ griffbereit flexibel direkt im Rucksack verstaut – bequem zu transportieren und geschützt vor Regen.
Oder denken Sie an geführte Ausflüge oder an Wanderungen mit Freunden: Die warten nämlich ungern, wenn da einer jedes Mal sein Stativ einrichten möchte. Mit etwas Übung ist man mit dem Einbeinstativ sehr flexibel und kann die 1/8 Sekunde Belichtungszeit durchaus meistern. In Kombination mit dem Bildstatibilisator eines entsprechenden Objektives sind hier sicherlich noch längere Zeiten für gestochen scharfe Fotos möglich.
danke für den Anwendungstrick – so easy! Werde ich gleich mal ausprobieren
Tom Nuyts
Vielleicht könntest du mir ein Rat geben. Ich überlege mir, ob ein Monopod sinnvoll wäre. Denn ich fotografiere Menschen in der Stadt, indem ich sie anspreche und nach einem Foto frage. Warum ein Monopod dafür? Ich fotografiere mit einer Sony a7r3 und einem Sigma Art 105mm 1.4. Diese Kombi wiegt ca. 2,5Kg. Da frage ich mich, ob es Sinn macht bei diesem Gewicht eine zusätzliche Hilfe zu nehmen. Gerade wenn es schneller dunkel wird oder die Bilder gestochen scharf werden sollen also eine Verschlusszeit von min. 1/250 oder 1/500.
Gruß Thomas
Wenn die Belichtungszeiten nicht unter die 1/125 Sekunde fallen, bräuchte man hier, rein technisch betrachtet, sicherlich kein Stativ. Falls man ein gut funktionierendes Bewegungsstabilisator-System an der Kamera besitzt, kann man sicherlich bei noch längeren Zeiten sauber aus der Hand fotografieren.
Aber 2,5 kg klingen tatsächlich schwer und klobig. Ich kann mir schon vorstellen, dass es bei einem Fotoprojekt mit immer gleichen Aufnahmesituationen hilfreich sein kann, wenn man hier eine physische Stabilisierung besitzt. Eingefahren ist ein Monopod zudem recht kompakt und man müsste es nicht unbedingt wieder von der Kamera entfernen. Aber das muss man eben ausprobieren, ob dies einem selber passt bzw. ob dies zur eigenen Arbeitsweise passt.
Hinzu kommt noch der psychologische Effekt für den Porträtierten: Die Verwendung eines Statives sieht nicht nach beliebigen Knipsen aus sondern nach etwas Seriöserem / Ernsthafterem vielleicht.
Viele Grüße zurück!
Danke für diesen unkomplizierten und sehr informativen Artikel.