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Konventionelles, Unkonventionelles, Blitzfotografie, Tipps & Tricks zur Fotografie

Lochkamera und Blitz: Das geht auch!

Thomasletzte Änderung: Jun 2024Blitzlicht & Kunstlicht2 Kommentare

Normalerweise nutzt man Lochkameras, um möglichst lange zu belichten. Denn durch das winzige Loch (statt Objektiv) bedarf es für gewöhnlich sehr lange Belichtungszeiten. Bei diesem Beispiel habe ich zusätzlich noch einen Blitz gezündet und erhalte sehr surreal wirkende Bilder.

Mit einer Lochkamera (auch als „Pinhole Kamera“ bezeichnet) sind drei Dinge möglich, welche mit einer Kamera mit konventionellem Objektiv nicht bis nur recht schwierig realisierbar sind:

  • Äußerst lange Belichtungszeiten (durchaus über mehrere Tage), dadurch da durch das kleine Loch nur eine sehr geringe Lichtmenge auf den Chip / Film fällt.
  • Die Möglichkeit, ganz einfach extreme Weitwinkel-Aufnahmen zu schaffen, wenn man das Loch sehr dicht (kurze Brennweite) am Film positioniert.
  • Das Verhindern von Unschärfe: Es gibt keine Möglichkeit gewisse Bildbereiche schärfer / unschärfer als andere abzubilden. Durch das Fehlen eines Brennpunktes ist alles gleichermaßen scharf (bzw. unscharf) abgebildet.

Ferner können bei der Lochkamera keine Verzerrungen auftauchen, welche jedoch bei einem Brennpunkt-orientierten optischen System („Linse“) entstehen können: So kommt es bei (einfachen) Superweitwinkel-Objektiven oft zu tonnen- oder kissenförmige Verzerrungen. Verzerrungen im Sinne von „stürzenden Linien“ können aber auch nicht mit einer Lochkamera umgangen werden. Auch eine Pinhole-Kamera muss absolut lotrecht (parallel) ausgerichtet werden, möchte man stürzende Linien vermeiden.
Bei sehr weitwinkligen Lochkameras jedoch sind gerade radikal zulaufende Linien gewissen Bildkompositionen nicht abträglich.

Bei meinem Beispielfoto habe ich mir zunächst die Eigenschaft einer Lochkamera zu Nutze gemacht, bei welcher es keine Schärfenunterschiede zwischen Vorder- und Hintergrund gibt:

Blitz an der Lochkamera

Als Lochkamera nutzte ich hier einfach eine alte 6×9 Mittelformatkamera von Ebay. Statt einem Objektiv hatte ich einfach einen Kameradeckel mit größerem Loch angesetzt. In dieses Loch klebte ich dann ein viel, viel feineres Loch ohne Grat, welches ich mir im Ebay Pinhole Shop bestellt hatte.
Ferner nutze ich vor dem Pinhole einen Gelbfilter. Ein solcher Filter ist in der analogen S/W-Fotografie wichtig, damit der Himmel nicht zu hell wiedergegeben wird. Freilich schluckt ein solcher Filter Licht (eine Blende). Dies verdoppelt die Belichtungszeit bzw. erfordert ein noch stärkeres Bitzlicht. Da ich den S/W-Film aber auf 800 ISO gepusht hatte, konnte ich mir diesen leichten Lichtverlust noch leisten.

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Nur ein einziger Blitz - dies ist die Prämisse bei diesem Buch. Der Autor vermittelt Techniken, mittels derer man mit möglichst minimalistischem Setting dennoch zu aussagekräftigen Fotografien gelangt, eben nur mit einem einzigen Blitzgerät.

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Das Bild spricht für sich: Mit einer konventionellen Kamera (mit einem normalen Objektiv) hätte der Vordergrund niemals gleich scharf als der Hintergrund abgebildet werden können! Ich erhalte allein dadurch schon einen sehr surrealen Bildeindruck, der an eine Fotomontage erinnert. Aber es ist echt.

Blitz an der Lochkamera

Nun kam aber noch zusätzlich ein Blitzgerät ins Spiel. Was erhoffte ich mir dadurch? Ich weiß, dass eine punktuelle (d. h. kleine), entfesselte Lichtquelle für einen erhöhten Schärfeeindruck sorgen kann. Denn durch so ein Streiflicht werden feine Kanten im Bild betont. Und Schärfe kann man bei einer Lochkamera immer gebrauchen. Schließlich ist die Abbildungsqualität eines simplen Lochs (im Gegensatz zu einem Objektiv aus Glas) äußerst schlecht.
Ferner wollte ich den surrealen Bildeindruck verstärken. Das Foto soll aussehen wie eine Montage, was es aber nicht ist. Dadurch nämlich, dass der Hintergrund ganz anders ausgeleuchtet ist (Sonnenlicht) als der Vordergrund (Sonnenlicht + Blitzlicht) erhalte ich diesen „irritierenden“ Look. Das Foto konfrontiert den Betrachter mit einer unlogischen (ungewohnten) Beleuchtung.

Den Blitz entfesselte ich etwas seitlich von der Kamera und befestigte ihn auf einem Stativ. Ich nutzte hierzu gleich 2 meiner sehr starken Regula Variant Blitzgeräte. Warum und wie ich gleich zwei Blitze parallel zündete, erkläre ich gleich. Zum Auslösen verwendete ich meinen günstigen Noname-Trigger bzw. zwei passende Empfänger (für jeden Blitz einen).

Hier ein Foto von einem Ähnlichen Lichtset:

Zwei Blitzgeräte an einer Pinhole Kamera

Auf diesem Bild verwendete ich eine alte Laufbodenkamera als Lochkamera. Statt dem Objektiv nutzte ich ein Pinhole (englisch für „stecknadelgroßes Loch“). Den Verschluss selbst behielt ich aber an der Kamera. An diesen schraubte ich einen Drahtauslöser zum Auslösen und stöpselte den Funksender an die Blitzbuchse. Mit einer solchen Balgenkamera erhält man eine Lochkamera, mittels der man zoomen kann!

Dahinter auf dem Foto sehen Sie meine beiden starken Regula-Blitzgeräte mit den Funkempfängern.

Die Blitzleistung bei der Lochkamera berechnen

Leitzahl herausfinden

Welche Leitzahl hat mein Blitzgerät nur? Sie lässt sich recht einfach heraus finden.

Natürlich muss man wissen, welche Leistung das oder die Blitzgerät(e) aufbringen müssen, verwendet man diese an einer Lochkamera. Und diese Leistung muss hoch sein! Denn schließlich hat das optische System einer solchen Lochkamera naturbedingt eine nur sehr geringe Lichtstärke.
Folgende Parameter müssen hierzu zur Berechnung bekannt sein:

  • Die Blende des Lochs der Lochkamera
  • Die Leitzahl des Blitzgerätes (die PS-Angabe)

Die Blende des Lochs (bzw. die Lichtstärke) lässt sich folgendermaßen errechnen: Man ermittelt den Quotienten aus Abstand Loch-Film/Chip und Lochdurchmesser. Den Lochdurchmesser kann man recht einfach mittels einem normalen Scanner heraus bekommen.

Ein Beispiel: Der Abstand zwischen dem Loch und dem Film beträgt bei meiner analogen Kleinbildkamera ca. 47 mm. Dies ist auch gleich die Brennweite der Lochkamera-Konstruktion. Der Durchmesser meines Lochs beträgt ca. 0,3 mm. 47 geteilt durch 0,2 = 156. Ich erhalte also eine Blende von 156. Das ist schon sehr viel. Zum Vergleich: Ein normales Objektiv hat z. B. eine Blende von lediglich 4!

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Nun gilt es, anhand der Leitzahl des Blitzgerätes auszurechnen, wie weit ich jenes vom angeblitzten Motiv wegstellen kann, wenn ich ein Objektiv mit einer Blende von 156 benutze.

Die Leitzahl Formel

Formel Blende berechnen

Diese Formel muss aber noch umgestellt werden, denn die Blende ist uns ja bereits bekannt (und die Leitzahl des Blitzes auch):

Entfernung = Leitzahl:Blende. Dies Ergibt für das Rechenbeispiel, wenn mein Blitzgerät angenommen eine Leitzahl von 40 (bei ISO 100) besitzt:

Entfernung = 40:156 = 0,26 Meter. Das ist natürlich sehr gering. Daher nutzte ich bei meinem Bildbeispiel auch gleich zwei Blitze parallel, um deren gesamte Leitzahl zu erhöhen:

Leitzahl mehrere Blitze errechnen

Nutzt man z. B. zwei Blitzgeräte gleichzeitig, kann man deren gemeinsame Leitzahl (LZ) errechnen, welche dann freilich höher sein wird als bei nur einem einzigen Blitz:

Formel Gesamtleitzahl

Ich nutzte zwei Regula-Blitzgeräte mit einer Leitzahl von je 40 (bei ISO 100). Dies ergibt nach der Formel eine Gesamtleitzahl von 56,6. Nun setze ich meine neue Leitzahl in die zuvorige Formel ein:

Entfernung = 56,6:156 = 36 cm. Ich muss meine beiden Blitzgeräte also ca. 36 cm vom angeblitzten Motiv entfernen, wenn ich

  • mit einer Lochblende von 156 arbeite,
  • mit einem Film von 100 ASA / Chip von 100 ISO fotografiere,
  • meine Blitzlichtkombination oder ein einzelnes Blitzgerät eine Leitzahl von ca. 56 besitzt.

Arbeite ich hingegen mit einer höheren ISO / ASA, so verlängert sich natürlich der Abstand zum angeblitzten Motiv! Beim Beispielfoto ganz oben nutzte ich einen 400-ASA-Film, welchen ich aber auf 800 ISO gepusht hatte (daher auch das schöne Filmkorn, welches im Übrigen ebenfalls noch zum Schärfeeindruck zuträglich war). Bei 800 ISO konnte ich beide Blitzgeräte viel weiter entfernen als bei 100 ASA!

Noch ein Beispiel mit Lochkamera und Blitz

einsamer Großstädter Herbert Bayer

Auch hier nutzte ich einen starken Blitz entfesselt von der Lochkamera (weiterhin eine normale analoge Kamera). Sicherlich werden Sie die Anspielung bereits erkannt haben: Dieses Foto aus meiner Lochkamera ist eine Reminiszenz an die bekannte Fotografie Einsamer Großstädter von Herbert Bayer.

Betrachten Sie die Struktur der Bündchen: Erst durch das etwas schräge Blitzlicht wird deren Oberfläche so schön betont. Durch das Blitzgerät kann zusätzlich Schärfe bei Lochkamera-Aufnahmen suggeriert werden.

Tipp: Mehrfachblitz

Wenn man mit einer Lochkamera einen Blitz ansteuern möchte, muss jener eine sehr hohe Leitzahl besitzen. Es empfiehlt sich daher, gleich mehrere Blitzgeräte parallel zu verwenden. Jedoch gibt es noch eine weitere, technisch einfachere Möglichkeit, eine genügend hohe Lichtausbeute zu erlangen: Man blitzt mit nur einem Blitz mehrfach hintereinander.

Diese Technik ist natürlich nur bei sich nicht bewegenden Motiven sinnvoll, denn sonst erhält man freilich Geisterbilder. Über das Mehrfachblitzen hatte ich einen separaten Artikel verfasst: Die Reichweite beim Blitzen erhöhen. Durch diese Blitztechnik ist es theoretisch möglich, über mehrere hundert Meter hinweg zu blitzen.

veröffentlicht: 7.05.15 | letzte Änderung: 10.06.24

Clipart einer PersonHallo, hier schreibt Thomas über allerlei fotografische Themen. Für die neueste Technik habe ich jedoch wenig übrig – Mein Interesse gilt eher dem selber Machen, den kleinen Tipps und Tricks, auch der analogen Fotografie und dem Fotografieren mit Kunstlicht.

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2 Kommentare

Lochkamera und Blitz: Das geht auch!

  1. E
    Ebba 29.11.2018

    Guter Artikel!!!
    Nur wo steht was über das Aussehem.????

  2. D
    Denise 8.3.2016

    Habe mir erst ein paar Seiten angeschaut, aber direkt gebookmarked. Cool, dass du zeigst, das man kein 10.000,-€ Equipment braucht (clever, der Zangenblitz..), und kreative Sachen wie die Lochkamera sind auch interessant.Ich bleibe dran 😉

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