Fotoshooting ohne Fotostudio und Studioblitz und dennoch gut ausleuchten mit Aufsteckblitzen
Wenn Sie Portraits fotografieren möchten, dann können Sie natürlich viel Geld in die Hand nehmen und sich eine komplette Fotostudio-Ausrüstung anschaffen. Insbesondere muss hierfür ein Raum existieren und mehrere Studio-Lampen. Dies ergibt durchaus Sinn – Wenn man so etwas regelmäßig macht. Hier zeige ich, wie man auch mit simplen Methoden ein solches Fotoshooting arrangieren kann.
Ich beschäftige mich eher selten mit der Portraitfotografie. Würde ich mehrmals im Monat Personen fotografieren, also in einer gewissen Fotostudio-Atmosphäre, dann hätte ich mir natürlich solch einen Raum entsprechend eingerichtet bzw. mit echtem Kunstlicht für das Fotostudio ausgerüstet. Viel spannender finde ich jedoch das Experimentieren mit Alternativen zu etablierten Studioblitzen. Diese möchten ja vielleicht auch noch transportiert werden. Ich möchte sagen: Es geht durchaus auch ohne.
Ich fotografiere derlei Fotoshootings am liebsten mit kompakten Aufsteckblitzen, mit Bettlaken, Faltreflektoren und weißen Wänden. In diesem Beitrag möchte ich einmal ein bisschen zusammen stellen, was ich in puncto Portraitfotografie und Beleuchtung in den letzten Jahren so alles angestellt hatte – ohne die richtigen Fotostudio-Lampen zu nutzen.
Sehr gerne mache ich mit meiner kompakten Ausrüstung auch Hausbesuche:
Da sitzt er, der Künstler. Solch ein Portrait im Mikromilieu war ganz einfach zu beleuchten. Freilich hätte ich auch die Neonröhren in diesem Raum oben an der Decke als Licht nutzen können! Diese Leuchtstoffröhrenlampen besitzen meist ein grünstichiges Licht. Hierfür gibt es dann bei den meisten Kameras einen entsprechenden Weißabgleich. Und die relativ geringe Helligkeit? Geschenkt! Heutige Kameras liefern selbst bei einer ISO-Einstellung von 800 noch akzeptable Bilder, so dass man noch nicht einmal bei Offenblende fotografieren müsste. Doch was ist mit der Lichtrichtung?
Einfach indirekt über eine weiße Wand blitzen
Bei dem Beispielfoto kommt das Licht nicht von oben. Das hätte hier nicht gut ausgesehen (Schatten in den Augen, zu wenig Lichtführung). Die Lampe für dieses Portrait wurde so aufgestellt, dass das Licht schräg von Links auf den Protagonisten gelangte. Nur so erreichte ich eine entsprechende Schattierung (zu sehen insbesondere an den buntgesprenkelten Hosenbeinen und am Faltenwurf des Pullovers).
Hier sehen Sie die Ausrüstung für die obige Portraitfotografie: Eine einfache Digitalkamera und ein Aufsteckblitzgerät. Das Licht wurde auf einen Blitz-Funkempfänger gesteckt und diese Kombination wurde einfach auf ein Stativ geschraubt. Auf der Kamera sitzt der entsprechende Sender für den „Trigger“. Ich nutzte für dieses Fotoshooting einfach meinen einfachen Yongnuo-YN460 Blitz. Die Dinger sind günstig und reichen für derlei einfache Portraitbeleuchtung aus. Man hätte hier aber auch irgendeinen alten Blitz von Ebay nutzen können.
Doch halt! Das Licht auf dem Foto ist ja sehr weich. Wie kommt das denn? Der Kenner weiß es längst: Der Kopf des so entfesselten Aufsteckblitzes wurde freilich gegen eine weiße Wand gerichtet. Durch diesen einfachen Trick wird das harte, punktuelle Licht des Blitzgerätes in ein weiches, voluminöses verwandelt.
Da sich hier die weiße Wand in unmittelbarer Nähe zur zu porträtierenden Person befand, hätte man sogar auf Stativ und Funksystem verzichten können! Man hätte den Blitz auch einfach auf die Kamera stecken können (dann sollte es aber ein zur Kamera kompatibler sein) und den Blitzkopf von dort schräg nach hinten zur Wand richten können. Das Ergebnis wäre das selbe gewesen. Ich wollte aber von vornherein noch eine Portraitfotografie aus einer anderen Perspektive machen:
Für dieses Bild stellte ich mich auf einen Stuhl, stellte den Zoom meines Objektives auf Weitwinkel und hielt die Kamera blind über den Kopf bis fast unter die Decke. Doch darum soll es hier gar nicht gehen. In diesem Beitrag soll es sich ja eher um das Licht beim Fotoshooting drehen. Hier kam dieses tatsächlich von oben, also eher aus Richtung Kamera, jedoch etwas versetzt. Mein Blitzgerät stand auf dem Stativ und der Blitzkopf war nach oben ausgerichtet. Die weiße Decke bildete so einen riesigen Reflektor – wie eine Lichtwanne.
Ich hätte freilich auch hier die Lampe weiterhin auf die weiße Wand links (nicht im Bild) richten können. Doch dann hätte es einen Lichtabfall gegeben: Der rechte Bereich im Bild wäre auffallend dunkler abgebildet gewesen. Ich wollte hier eine eher „demokratische“ Ausleuchtung. Ein Studioblitz hätte mir hier auch nicht weiter geholfen.
Sie wollten schon immer einmal Portraitfotografie mit Kunstlicht machen, scheuten sich aber vor dem Blitz? Mit diesem günstigen Softbox-Set mit starker Glühlampe (Dauerlicht) haben Sie die Lichtcharakteristik stets im Blick und können sogar die interne Kamera-Automatik nutzen.
In diesem Zusammenhang sei aber noch ein Nachteil eines solch weißen Raumes erwähnt: Möchte man darin mit dem indirekten Blitz eine eher charaktervolle Beleuchtung, dann wird man zunächst schlechte Karten haben: Durch die vielen nahe beieinander stehenden weißen Wände wird einfach zu viel Licht reflektiert, um entsprechende Schattierungen zu erhalten. Aus diesem Grund sind Fotostudios übrigens auch oft grau gestrichen oder zumindest mit dunklem Stoff ausgekleidet. So hätte ich bei dem ersten Portraitfoto die Beleuchtung seitlich besser etwas dämpfen sollen – und dies geht z. B. mit einem schwarzen Bettlaken bzw. Tuch oder die schwarze Seite eines 5-in-1-Reflektors, indem man diesen so hält, dass er rechterhand gerade so nicht mehr im Bild ist. Es verhindert zu starke Lichtreflektion in einem weiß gestrichenen, relativ kleinen Raum.
Eine Riesen-Softbox mit dem Bettlaken
Weiter geht es mit dem Improvisieren:
Solch eine große Softbox benötigen Sie, wenn keine aufhellende Wände in der Nähe sind und sie z. B. trotzdem eine Person in ihrer Gänze porträtieren möchten – Wenn Sie also mit dem Licht relativ weit weg gehen müssen und / oder ein Ganzkörperportrait anfertigen wollen (im Gegensatz zu einem Halbporträt).
Den in diesen Fällen muss die Leuchtfläche ziemlich groß sein. Da hilft leider kein kompakter Blitzschirm, wie man ihn prima für etwa ein Halbportrait verwenden kann. Nein, wenn gar eine Gruppe an Menschen fotografiert- und hierzu Licht gesetzt werden soll, dann muss die Leuchtfläche schon größer sein, wenn man keine allzu harten Schatten haben möchte. Und hierzu eignet sich ein simples weißes Leinentuch wie dieses weiße Bettlaken durchaus! Insbesondere in Räumen, bei denen keine natürlichen weißen Aufheller vorhanden sind, ist eine solch große Leuchtfläche einzusetzen:
Im echten Fotostudio nimmt man hierfür Studioblitze mit sehr große Softboxen davor mit ca. 2 m² Fläche. Doch natürlich kann man solch ein Licht auch mit Alternativen zum Fotostudio-Licht erreichen. Bei diesem Beispielbild spannte ich so ein Bettlaken vor das Fenster. Draußen stand ein einfacher Aufsteckblitz (bzw. zwei „Stabblitze“), welcher per Funk durch das große Tuch leuchtete. Ähnlich dem Prinzip des indirekten Blitzens verwandelt sich hierbei die winzige Leichtfläche des Blitzgerätes in eine sehr große! Um mein Portraitfoto bei diesem Fotoshooting nun in dieser Größe und bei diesem Raum (mit wenig Aufhellern) in genügend weichem Licht fotografieren zu können, bedurfte es eine große Leuchtfläche. Ein simples Leinentuch ermöglichte mir eine solche. Ganz links im Foto sehen Sie ein Stück vom Fenster und von dem Tuch und in diesem Artikel können Sie noch etwas mehr zu dem Bild erfahren.
Solch ein großes Leinentuch habe ich eigentlich immer dabei, wenn ich außer Haus Portraitfotografien anfertige. Man kann es durchaus auch als Reflektor nutzen (dagegen blitzen), wenn man in einem Raum ohne weiße Wände fotografiert. Hierzu kann man das Tuch dann an eine z. B. dunkle oder farbige Wand hängen.
Einen Faltdiffusor nutzen
Das selbe Prinzip des Diffusors funktioniert jedoch auch mit etwas kleinerem Equipment sehr gut, wenn ein etwas härteres Licht für mehr Charakter haben möchte bzw. ein solches akzeptiert:
Bei dieser Portraitfotografie sollte es mehr Kontrast geben. Das Foto sollte mehr Charakter bekommen. Die Schatten durften ruhig tiefer, durften etwas härter sein. Insbesondere bei S/W-Fotografien wirkt diese Art der Beleuchtung oftmals gut. Denn rein konservativ betrachtet war für dieses Porträt der eingesetzte Diffusor etwas zu klein. Für diesen Abbildungsmaßstab (Ganzkörper; keine Aufheller) müsste man eigentlich zu einer viel größeren Leuchtfläche greifen.
Dies ist ein einfacher Faltreflektor. Der Innenteil ist halbtransparent (wie das Bettlaken) und eignet sich sehr gut als Diffusor. Für das obige Bild klemmte ich diesen runden Diffusor einfach in einen Türrahmen links (nicht mehr im Bild) und stellte dahinter noch ein entfesseltes Blitzgerät auf ein Stativ. Wieder wurde so dessen hartes Licht viel weicher gemacht – jedoch deutlich weniger weich wie bei einem Bettlaken (da der Diffusor kleiner ist). Trotzdem: Das Portrait gefällt mir sehr gut. Die Art der Beleuchtung erfüllt ihren Zweck. Es muss für solche Shootings kein halbes Fotostudio mitgeschleppt werden (kann natürlich). Ein echter Studioblitz mit einer 1 m² großen Softbox hätte bei dieser Situation auch kein anderes Licht ergeben.
Für wenig Geld bekommt man bereits ein sehr brauchbares Faltreflektor-Set mit dem Umfang von 110 cm. Den Innenteil (ein Diffusor) nutze ich bevorzugt als kompakte Alternative zu einer Softbox.
Tageslicht mit nutzen
Ich arbeite ferner gerne mit einer Mischung aus Tageslicht und Blitzlicht, wenn es sich anbietet:
Da eilt sie die Treppe hinauf! Bei diesem Shooting nutzte ich zunächst einen Blitzschirm vor einem entfesselten Aufsteckblitz:
Diese Schirme mit Halterung für einen einfachen Aufsteckblitz sind schon nicht übel! Deren Größe bzw. Leuchtfläche ist gut geeignet um z. B. ein Halbkörperportait einer sitzenden Person anzufertigen. Dann stellt man das Lampenstativ mit dem Schirm einfach etwas schräg versetzt vom Modell auf und man hat sein Licht. Für die Porträtfotografie oben wäre die Leuchtfläche des Schirmes eigentlich zu klein, denn ich musste diesen recht weit weg positionieren (sonst hätte er im Bild gestanden). Und je weiter weg sich die Lampe befindet, desto härter ist ihr Licht.
Aber ich konnte hier einen Trick nutzen: Ich stellte die Belichtungszeit an der Kamera so ein, dass sie das Umgebungslicht mit in die Aufnahme „hinein nimmt“. Für das Blitzlicht selbst ist die Belichtungszeit ja egal. Folglich hellt das Tageslicht die Schatten auf. Innerhalb eines Raumes kann man hierzu auch einen zweiten, schwächeren Blitz gegen die Zimmerdecke richten, um ein leichtes diffuses Aufhelllicht zu erreichen.
Das Führungslicht ist aber jenes des Blitzschirmes. Sie sehen dies bei dem Treppenbild am Schatten, den das Modell wirft. Folglich kam das Blitzlicht von links. Dieser Schatten ist aber immer noch recht weich (trotz in Relation kleiner Leuchtfläche). Der Schlagschatten konnte durch das Umgebungslicht sozusagen etwas aufgeweicht werden.
Man kann hier sogar mit einem nackten Blitz experimentieren, also mit einem ohne Softbox / ohne Schirm. Dann müsste das Umgebungslicht allerdings die primäre Lichtquelle sein (die Belichtungszeit darauf einstellen). Der Blitz ist sozusagen der Pfiff, das Salz in der Suppe und darf dann maximal eine Blende heller sein als das natürliche Licht. Denn ansonsten sieht das Foto dann zu unnatürlich aus („Fototapetenlook“).
Bei diesem schönen Modell sieht man den Effekt sehr gut: Links wurde nur das Umgebungslicht zur Belichtung genutzt. Bei dem zweiten Bild hingegen zündete noch ein einfacher Blitz mit. Dieser wurde in seiner Leistung manuell so eingestellt, dass er lediglich ca. eine halbe Blende stärker war als das Tageslicht. So kann man ihn durchaus auch ohne Lichtformer (Softbox) einsetzen: Das zusätzliche Kunstlicht gibt dem Porträt einen Pfiff mit. Das Modell wird gewissermaßen betont. Dem Betrachter wird hier jedoch aufgefallen sein, dass das Gleichgewicht zwischen Kunstlicht und natürlichem Licht doch etwas zu sehr in Richtung Blitzlicht verschoben war.
Ich hätte es doch noch etwas in der Leistung herunter regeln sollen. Jedoch: Für eher plakative Portraits („Bandfotografie“) würde sich so eine Ausleuchtung wiederum eignen. In Räumen nutze ich statt dem Tageslicht einfach einen zur Decke gerichteten Blitz, um den Raum zunächst mit Licht aufzufüllen. Dies nennt man dann auch Fülllicht.
Bei dieser analogen S/W-Fotografie nutze ich das Umgebungslicht (Tageslicht) als Hauptlichtquelle. Zusätzlich gab ich – Man sieht es gut – eine reichhaltige Prise hartes Kunstlicht hinzu. Der Aufsteckblitz stand entfesselt (Funkauslöser) links auf einem Stativ neben der Person. Solche „Effektfotografien“ sind insbesondere für recht plakative Einsatzgebiete nützlich – etwa bei der Fotografie für Musiker, Künstler usw.
Es ist bei der Farbfotografie mit einem solchen Mischlicht noch darauf zu achten, dass beide Leuchtquellen ungefähr die selbe Farbe besitzen. Ist dies nicht der Fall müsste man auf dem Blitzgerät einen leichten Farbfilter bzw. Korrekturfilter nutzen und später einen manuellen Weißabgleich vornehmen. Andererseits kann man verschiedene Lichtfarben im Bild durchaus auch als Effekt einsetzen! Das diffuse Tageslicht bei den Beispielfotos oben hatte freilich ungefähr die selbe („neutrale“) Farbe wie der Blitz / wie der weiße Blitzschirm. Manche Fotografen verwenden gerne auch einen leichten Blaufilter auf dem Blitzgerät und regeln im Anschluss in der Bildbearbeitung den Weißabgleich wieder auf „neutral“. Das Ergebnis: Der Vordergrund (Blitz) hat dann einen eher neutralen Farbton. Der Hintergrund versinkt jedoch in warmen Farben. Hier kann man Tricksen, gewusst wie!
Ein solch einfaches Set aus Blitzschirm, Lampenstativ und Blitzhalterung bekommt man mittlerweile sehr günstig. Natürlich ist die Qualität nicht für den Dauereinsatz gedacht. Jedoch für einen Anfänger, der bestimmte Blitztechniken ausprobieren möchte, bringt solch ein Blitzschirm-Set auf Anhieb bessere Bilder.
Kurzum
Für mich ist es immer wieder eine Herausforderung, in neuen Räumlichkeiten ein gewisses Lichtset zu installieren. Und hier muss man manchmal schon etwas wie Macgyver sein können: Jeder Raum ist anders und nicht immer wird eine gleiche Art der Beleuchtung gewünscht (bei S/W-Portraits darf es bei mir z. B. gerne etwas „härter“ sein). Freilich kann man auch jedes Mal zwei Studioblitze auf je einem Stativ mit je einer Softbox hinstellen. Für viele Situationen bietet sich dies vielleicht auch an und so ist man auf Nummer sicher was ein unkompliziertes Fotoshooting anbelangt. In den Fotostudios der Portraitfotografen sind die Lichtformer oft ja auch fest installiert bzw. werden immer die selben benutzt. Ich selbst jedoch besuche manchmal die Leute zuhause oder auf Arbeit und weiß vorher nie so richtig wie sich Licht nun am besten setzen lässt. Zudem arbeite ich gerne mit leichtem Gepäck und im Low-Budget-Bereich. Doch auch mit so einer Ausrüstung kann man eine gute Beleuchtung zum Fotografieren von Portraits realisieren.
Ich bin für meine Fotos recht viel unterwegs und habe ich den Jahren eines gelernt: Wenn man die Logistik hat, ist viel und großes Equipment gut. Mit etwas Erfindungsreichtum kann man aber überraschend gute Lichtsettings auch mit wesentlich einfacheren Mitteln erlangen.
Mit wenig viel machen! Klasse!
Vielen Dank. Es kann so einfach sein!
Hallo Tom wieder ein schöner kleiner leitfaden! Was mit einfacher Ausrüstung möglich ist. Mir gefällt auch, dass du keine „geleckten“ Superporträts von irgendwelchen maskierten und austauschbaren Schönheitsmenschen in purer Lebensfreude zeigst, sondern einfach erfrischend interessante Bilder aus dem normalen Leben (ok, bis auf deine Scherzfotos. Bist du das eigentlich? :D) . Lese gerne hier mit!
Ein toller Artikel über eine anspruchsvolle Thematik. Gerade Anfänger sollten hier aber sehr aufmerksam sein, damit es gute Bilder werden.