Aufhelllicht: mit dem Blitz bei praller Sonne Schatten aufhellen
Viele Leute denken offenbar, ein Blitzgerät wird nur dann eingesetzt, wenn es zu dunkel zum Fotografieren ist. Dies stimmt allerdings nur bedingt: Auch bei starkem Sonnenlicht ist uns der Blitz ein wichtiges Hilfsmittel zur Bildgestaltung!
Die Technik des Aufhellens mit dem Blitzgerät ist eine Praxis, welche leider viel zu selten Verwendung findet. Tatsächlich ist der Gebrauch von Blitzgeräten bei vielen Menschen ja ohnehin in der Regel etwas verpönt – Man denkt dann sicherlich an „plattgeblitzte“ Gesichter mit starkem Schattenumriss. Das sieht natürlich tatsächlich nicht gut aus und es gibt viel raffiniertere Techniken, einen Blitz einzusetzen. Für eine Sache ist das direkt auf / an der Kamera montierte Blitzgerät aber fantastisch geeignet: Ich kann damit starke Kontraste abmildern, welche beispielsweise von grellem Sonnenlicht erzeugt werden.
Vielleicht haben Sie in den Medien oder in natura schon Fotografen gesehen, die bei herrlichstem Sonnenschein fotografieren und dabei tatsächlich einen Aufsteckblitz benutzen. Da fragt man sich natürlich, warum die so etwas tun: Es ist doch eindeutig hell genug!
Belichtungsreihe mit dem Blitzgerät von direkt vorne, Sonnenlicht kommt links von der Seite.
Es geht bei dieser Blitztechnik des Aufhellens also darum, Schatten durch künstliches Licht heller zu machen. Sinn ergibt dies insbesondere, wenn die Sonne sehr knallt und als alleinige Lichtquelle das Motiv (aufgrund der vielen Schatten) recht unruhig erscheinen ließe. Die Dosierung muss aber wohl überlegt bzw. getestet sein. Gibt das Kunstlicht zu viel Licht ab, erscheint Ihr Modell schnell platt geblitzt und der ganze Lichtzauber wäre dahin. Machen wir also ein paar Testaufnahmen mit verschiedenen EInstellungen bzw. unterschiedlichen Blitz-Leistungen:
Ein Beispiel zum Aufhellen bei Sonnenschein
Zunächst zeige ich eine Aufnahme, bei welcher kein Blitz verwendet wurde:
Eigentlich ist dies ja bereits ein schönes Foto: Die Sonne steht bereits sehr tief und gibt ein schönes Seitenlicht. Der Weißabgleich der Kamera stand auf „Blitz“. Das bedeutet, dass die Kamera nun absolut weißes Licht erwartet. Dies war bei dieser Aufnahme natürlich nicht gegeben. Denn die späte Dezembersonne hat durch ihren steilen Lichtwinkel einen roten, also warmen Charakter. Dies muss man nicht unbedingt herausfiltern: Gerade dieses rötliche Licht verstärkt / behält doch den natürlichen Lichtcharakter der Abendsonne!
Mich stören bei diesem Bild aber die dominanten Schatten, welche hauptsächlich in der Jacke auftreten und auch unter dem Kinn meines Modells. Also griff ich zum Blitzgerät und wollte die Schatten etwas aufhellen.
Zunächst stellte ich dessen Leistung manuell auf eine 100%ige Ausleuchtung:
Was ist das? Offenbar war dies nun wieder zu viel des Guten! Der schöne rote Charakter des späten Dezemberlichtes ist dahin. Die Person ist nicht aufgehellt sondern um eine ganze Blende überbelichtet, denn sie hatte ja bereits eine 100%ige Ausleuchtung durch das Umgebungs- bzw. Sonnenlicht. Die Lichtcharakteristik wirkt völlig unnatürlich. Man meint, das Modell stehe vor einer Fototapete. So sieht es nicht gut aus. Und dieses Bild ist ein gutes Beispiel dafür, warum viele den (direkten) Blitz ablehnen. So schnell gebe ich mich aber nicht geschlagen:
Wir müssen die Leistung des Blitzgerätes natürlich reduzieren:
Ja, hier kommen wir unserem Ziel schon deutlich näher! Ich habe die Leistung meines Yongnuo-Blitzes manuell um genau eine Blende (F) reduziert. Was bedeutet dies für das hübsche Modell? Zunächst wird es weiterhin zu 100% durch das rötliche Umgebungslicht ausgeleuchtet. Hinzu kommt aber noch eine reduzierte Ladung weißes Licht von vorne.
Sehen Sie sich nur einmal die Falten der Jacke an: Sie sind nicht mehr schwarz. Die Schatten wurden deutlich aufgehellt. Die natürliche Lichtcharakteristik von links ist aber noch erhalten. Dennoch ist für meinen Geschmack aber immer noch zu viel künstliches Licht von vorne im Spiel.
Ich möchte, dass man auf den ersten Blick gar nicht erkennt, dass ein Blitz verwendet wurde:
Also habe ich die Leistung meines Aufhellblitzes auf der Kamera weiter auf genau minus 2 Blenden herunter geregelt. Wäre es nun also Nacht und das Blitzgerät folglich die einzige Lichtquelle, so wäre die Person um zwei Blenden unterbelichtet und viel zu dunkel. Nicht so hier: Hier dient ja das Sonnenlicht als Hauptlicht. Ein um 2 Blenden im Verhältnis zur „korrekten“ Belichtung reduziertes Blitzgerät ist aber ein ideales Zusatzlicht, um genau die Bereiche im Bild aufzuhellen, welche das harte Sonnenlicht gar nicht erreichen konnte. Dies geht auch mit dem eingebauten Blitzlicht!
Hier nochmal das erste und das letzte Bild direkt zum Vergleich nebeneinander:
Die Aufnahmen lassen sich per Klick noch etwas vergrößern. Man sieht es nun ganz deutlich: Am Hintergrund der beiden Aufnahmen hat sich überhaupt nichts geändert. Durch das um zwei Blenden (im Bezug zur korrekten Leistung) reduzierte Blitzgerät erreichen wir zum einen eine leichte Neutralisierung des rötlichen Lichtes für die Person. Zum anderen wurden unschöne, weil zu dunkle, Schatten dezent aufgehellt. Keinesfalls hat man aber das Gefühl, das Modell stünde vor einer Fototapete. Dies liegt daran, dass der natürliche Lichtcharakter beibehalten– und nicht übertüncht wurde. Dem ungeübten Auge fällt gar nicht auf, dass hier ein Blitzlicht verwendet wurde.
So einfach macht man ein Foto, was eben immer noch etwas besser aussieht als die, die man so aus der Masse gewohnt ist. Einen Tick mehr Kunstlicht wäre hier noch etwas besser gewesen. Die Sache ist also nicht ganz so einfach. Mit einem TTL-Blitzgerät (Systemblitz oder interner Klappblitz), dem ich sage, dass es stets um -2 Blenden (-2 EV) schwächer blitzen soll (als es will), komme ich meist zu guten Ergebnissen. Oftmals langt zum Aufhellen übrigens der interne Pop-Up-Blitz Ihrer Kamera! Denn für das Aufhellblitzen bedarf es nicht so viel Leistung, wie sie ein kräftiger Aufsteckblitz liefern kann. Außerdem ist hier ausnahmsweise die direkte Lichtposition von Vorne ideal.
Aufhellblitzen in der Natur
Die meisten werden die Technik des Aufhellblitzens sicherlich bei prallem Sonnenschein und bei Personen einsetzen. Es gibt jedoch auch Fotomotive, die abseits dem ebenfalls von einer Brise zusätzlichem Licht durchaus profitieren können:
Hier hatte ich einen sogenannten „Wurzelteller“ im Wald fotografiert. Im Wald fotografieren ist immer recht schwierig. Immerhin war das natürliche Umgebungslicht hier ein diffuses. Dies kam mir schon einmal entgegen. Doch es kam fast nur von oben! Es gab kaum Aufheller in Form von Himmel hinter mir und in Form von Wänden und dergleichen. Dies bewirkte, dass die Schatten bei diesem Objekt zuliefen: Sie konnten in ihrer Detailfülle nicht genügend abgelichtet werden (es sei denn natürlich, man belichtet dafür den Hintergrund völlig über).
Also positionierte ich das Blitzgerät ca. sechs Meter entfernt, etwas schräg neben der Kamera. Auch hier war es wichtig, mit weniger Leistung zu blitzen, als wäre das Kunstlicht die einzige Lichtquelle. Dies war es hier klar nicht: Das natürliche Umgebungslicht sollte dominieren und auf dieses war die Kamera (Blende, Belichtungszeit) zunächst eingestellt. Mit dem Aufhellblitz wurden die tiefen Schatten endlich genügend angeleuchtet. Die Leistung betrug hier reduziert ca. 1/2 bis 1/4 EV, also knapp 2 Blenden weniger als eigentlich nötig. Das gesamte Motiv sieht so viel ruhiger und brillanter aus. Schatten zeigen nun ihre volle Zeichnung.
Blitzleistung ermitteln bzw. einstellen
Sie werden sich wahrscheinlich fragen, wie ich denn nun auf diese „2 Blenden“ komme bzw. nach welchem Kriterium ich die Leistung meines Blitzes einstelle. Ich besitze zwar einen Blitzbelichtungsmesser. Aber viel schneller geht es, wenn man sich eine Tabelle für sein Blitzgerät anfertigt, aus welcher hervorgeht, bei welchem Abstand zum Motiv welche Blende einzustellen ist. Und genau dieser Blendenwert muss beim Aufhellen um 2 reduziert werden. Wenn ich also mit ISO 100 arbeite benutze ich einfach die Werte in meiner Tabelle, welche eigentlich für (die um 2 Blenden höhere) ISO 400 gedacht sind. So einfach kommt man darauf.
Wenn Sie sich nun für Ihr Blitzgerät eine entsprechende Tabelle anfertigen möchten, empfehle ich den Artikel „Manuell Blitzen„. Im unteren Teil gibt es eine Formel, mit der es ganz einfach ist. Bitte beachten Sie: Mein von mir ermittelter „Aufhell-Wert“ von Minus 2 Blenden bezieht sich auf die konservative Leitzahl meines Blitzes. Dies ist wichtige, wenn ich mit den Tabellen arbeite bzw. eine solche anfertige. Ferner ist zu beachten, dass Sie unbedingt ein manuell regelbares Blitzgerät verwenden!
Nur ein einziger Blitz - dies ist die Prämisse bei diesem Buch. Der Autor vermittelt Techniken, mittels derer man mit möglichst minimalistischem Setting dennoch zu aussagekräftigen Fotografien gelangt, eben nur mit einem einzigen Blitzgerät.
Sie können auch versuchen, mittels der sogenannte Computer-Elektronik aufzuhellen, indem sie dem Blitzgerät einfach eine (um 2 Blenden) höhere ISO-Empfindlichkeit vortäuschen. Aber hier habe ich schlechte Erfahrungen gemacht: Bei mir blitzte der Computerblitz immer bei zu hoher Leistung, weil die Person in der Landschaft zu wenig Licht zurück zur Messzelle reflektierte. Besser geht es sicherlich mit der TTL-Methode:
Aufhellen mittels TTL-Blitz
Wenn sie via TTL bei Gegenlicht aufhellen möchten, dann müssen Sie sich auf die jeweilige intelligente Messelektronik ihres Blitzes / der Kamera verlassen bzw. entsprechend händisch eingreifen. Sicherlich gibt es auch bei Ihrer DSLR die Funktion, die eigentliche errechnete Blitzleistung um genau 2 Blenden (die Taste F+/-) zu reduzieren. Auf diesem Gebiet habe ich aber weniger Erfahrung, da ich meine Geräte stets manuell einrichte. Doch kommt an dieser Stelle der eingebaute Pop-Up-Blitz der Kamera ins Spiel. Schauen Sie sich doch mal die 8 Verwendungsmöglichkeiten des eingebauten Kamerablitzes an.
Schauen Sie sich bei dieser Gelegenheit auch mal meinen Artikel zum Aufhellen bei Gegenlicht an. Hier gibt es natürlich Parallelen! Wenn Sie mal sehen möchten, was sozusagen das Gegenteil zum Aufhellen ist, dann schauen Sie in meinen Artikel „Porty Look“ rein. Hier wird der Kontrast nicht reduziert sondern – im Gegenteil – künstlich erhöht.