Das Zonensystem in der Blitzfotografie
Das Zonensystem klingt allein schon vom Namen her wie ein Dinosaurier der fotografischen Theorie. Und tatsächlich ist es zu einem Teil längst obsolet. Zum anderen ist es allerdings gerade für den Strobisten ein wertvolles Werkzeug!
Einleitung
Lassen Sie sich zunächst bloß nicht von diesem Begriff „Zonensystem“ abschrecken. Hier wird m. E. nach viel zu viel geschrieben. Die Sache ist viel einfacher als Sie vielleicht denken. Denn die Hälfte des Zonensystems können Sie schon vergessen. Es lohnt sich nicht mehr, darüber nachzudenken. Worüber ich rede, fragen Sie sich? Von der Kontrastanpassung. Bereits seit Jahrzehnten muss man nicht mehr viel darüber nachdenken, nach welchem Kontrast man einen Film nun entwickelt (bzw. belichtet). Denn mit Multikontrastpapier ist diese ganze Geschichte kaum noch relevant. Und mit einer digitalen Kamera ist die Sache ohnehin gegessen, denn hier wird möglichst „weich“ – also mit dem höchst möglichen Dynamikumfang – fotografiert und ein zu geringer Kontrast kann mit nichts besseren als mittels einer Software erhöht werden.
Bei einem zu hohen Motivkontrast werden einfach zwei Aufnahmen hintereinander gemacht und am Rechner zusammen gebaut. Nein, uns soll der andere Teil des Zonensystems interessieren: Das „Legen“ bestimmter Bildbereiche auf bestimmte Zonen. Denn wir haben manuell regelbare Blitzgeräte und können somit verschiedenen Motivbereichen ganz bestimmte Tonwerte zuweisen. Ferner haben wir die fantastische Möglichkeit, mittels der Belichtungszeit das Licht des Hintergrundes nach System unabhängig von jenem des Blitzes steuern zu können! Aber der Reihe nach:
Kurzanleitung Zonensystem
Zunächst darf nicht unerwähnt bleiben, dass Sie für diese Technik unbedingt einen Belichtungsmesser benötigen! Am besten sind hierfür sogenannte Spotbelichtungsmesser geeignet. Aber es geht auch mit einem normalen. Dieser Belichtungsmesser wird ohne Kalotte benutzt. Es wird also eine reine Objektmessung in Richtung Motiv vorgenommen. Jeder Belichtungsmesser – Sie haben vielleicht schon davon gelesen – ist auf ein sogenanntes 18%iges Grau geeicht. Man nennt dieses in diesem Zusammenhang auch „mittleren Grauwert“. Das Grau einer handelsüblichen Graukarte entspricht diesem Tonwert.
Dies bedeutet, richte ich das Messelement meines Belichtungsmessers auf eine weiße Wand und fotografiere diese Wand mit den Werten (Zeit & Blende), die mir der Belichtungsmesser sagt, dann wird diese Wand nicht weiß abgebildet sondern in eben jenem „Neutralgrau“. Messe ich aber eine schwarze Wand nach genau dem selben Prinzip an und übernehme die Messergebnisse für meine Belichtung, dann wird diese schwarze Wand ebenfalls als 18%iges Grau abgebildet! Wie kommt das denn? Das ist beides natürlich eine völlig falsche Bildwiedergabe aber was soll man machen? Der Belichtungsmesser ist eben auf jenen Durchschnittston geeicht. Daher sollte man z. B. im Schnee auch eine Belichtungskorrektur vornehmen. Aber uns soll bei diesem Prinzip etwas anderes interessieren: Wenn ich nun bei einer punktuellen Messung stets jenen 18%-Ton „bekomme“, dann kann ich mir ja ein logisches System an Tonwerten anlegen, wenn ich jeweils eine Blende (F) mehr oder weniger belichte. Und genau so ein System stellt das Zonensystem dar:
Übersicht der Stufen des Zonensystems
Zone 0 | Zone I | Zone II | Zone III | Zone IV | Zone V | Zone VI | Zone VII | Zone VIII | Zone IX | Zone X |
18% Grau | ||||||||||
– 5 F | – 4 F | – 3 F | – 2 F | – 1 F | 0 | + 1 F | + 2 F | + 3 F | + 4 F | + 5 F |
Jenes mittlere Grau, welches wir also immer erhalten, wenn wir direkt eine Fläche (egal welchen Tonwertes) anmessen und zum Fotografieren diese Messergebnisse übernehmen, entspricht im Zonensystem Zone V (5). Diese Zone V ist Dreh- und Angelpunkt des Zonensystems. Wenn wir einen um eine Zone helleren oder dunkleren Tonwert wünschen, wenn wir jene „Wand“ also auf eine andere Zone legen möchten (so sagt man’s auf Fotografensprech), müssen wir nur um die entsprechenden Blenden (F) länger bzw. kürzer belichten (siehe Grafik). Zwischen jeder Zone liegt ein Helligkeitsunterschied von genau 1 Blende. Ich kann jener Wand also eine ganz bestimmte Helligkeit zuordnen, indem ich einfach entsprechend dem System länger oder kürzer belichte! Sollten Sie an dieser Stelle bereits Bahnhof verstehen, dann empfehle ich zunächst diesen Artikel zu lesen. Das Zonensystem muss auch nicht unbedingt grau sein. Es kann auch grün oder blau sein oder alles durcheinander. Wichtig ist nicht die Farbe sondern der jeweilige Wert der Helligkeit der entsprechenden Fläche.
Was hat dies mit Blitzgeräten zu tun?
Wir können unsere Blitzgeräte zum einen genau manuell steuern. Wir können unabhängig vom Licht der Blitzgeräte aber auch die Helligkeit des Hintergrundes bzw. des Umgebungslichtes steuern (zumindest in einem gewissen Rahmen) und genau hier bietet sich das Zonensystem an, um diese verschiedenen Bereiche eines Fotos ohne visuelle Kontrolle bzw. ganz nach Prinzip bzw. System bestimmte Helligkeiten zuzuweisen!
Ein theoretisches Beispiel
Wir möchten eine Serie von Portraitaufnahmen machen. Die rechte Gesichtshälfte der jeweiligen Person soll auf Zone VII gelegt werden. Wir müssen hierfür die Haut punktuell anmessen und das Messergebnis um genau 2 Blenden verlängern* (siehe die obere Grafik). Entsprechend dieser Lichtmenge stellen wir die Leistung des Blitzgerätes ein. Dieses soll das hellste Führungslicht sein. *Würden wir nicht verlängern, käme der Tonwert der Haut ja auf Zone V zu liegen, was hierfür zu dunkel wäre. Die linke Gesichtshälfte soll aber dunkler sein! Hier entscheiden wir uns für den Tonwert der Zone III. Das zweite Blitzgerät links stellen wir in dessen Leistung nun so ein, dass jenes genau zwei Blenden weniger Licht abgibt, als es das Messergebnis des Belichtungsmessers eigentlich verlangen würde. Jetzt widmen wir uns dem dritten Blitzgerät im Bunde, welches nur für den Hintergrund zuständig ist. Diesem Bildhintergrund soll natürlich ebenfalls eine ganz bestimmte Zone zugewiesen werden. Wir entscheiden uns direkt für Zone V. Denn hier haben wir zum einen einen schönen Kontrast zur hellen Gesichtshälfte (Z. VII) also auch zur dunklen (Z. III). Da der Belichtungsmesser ja auf Zone V geeicht ist (18% Grau) kann ich in diesem Fall tatsächlich die Werte einer punktuellen Messung auf den Hintergrund übernehmen und die entsprechende Leistung am Blitzgerät einstellen.
Bei der gewünschten Zone V brauche ich nichts zu korrigieren. Auch wenn ich dies aus didaktischen Gründen bei diesem theoretischen Beispiel nun nicht getan habe: Man fängt generell am besten immer mit der Messung der hellsten Leuchte an und arbeitet sich zur dunkelsten durch. Denn die helleren Blitzgeräte können die Bereiche für die dunkleren Leuchten ja evtl. mit beeinflussen (anders herum aber nahezu gar nicht). Ohne, dass ich für dieses Beispiel ein Foto eingestellt habe, können Sie sich hoffentlich anhand des Zonensystems bereits ein Bild von der Szene machen. Sie sehen: Mit dem Zonensystem kann man nach einem ganz bestimmten Prinzip Tonwerte legen. Man kann ein Bild konkret vorvisualisieren. Gerade bei Serien ist dies ein Vorteil, denn man muss sich nicht mehr auf die Kontrollen mittels eines Monitors verlassen. Ich persönlich arbeite viel mit Film. Hier gibt es kein LCD Display an den Kameras. Hier hilft mir mein Belichtungsmesser und das Zonensystem! Ferner ist das Zonensystem ein wunderbares Mittel, um unter Fotografen kommunizieren zu können. Wir benennen einfach ganz bestimmte Helligkeitswerte konkret anhand der 11 Zonen.
Ein Beispiel aus der Praxis
Das theoretische Beispiel von eben ist vielleicht etwas komplex und für so eine einfache Studiosituation etwas übertrieben. Aber es ging um das Prinzip. Hier folgt ein einfaches Praxisbeispiel, bei dessen Aufnahme die Helligkeit des Dauerlichtes eine wesentliche Rolle spielte:
Zunächst etwas Allgemeines zum Foto: Die Person ist durch ein einziges entfesseltes Blitzgerät ausgeleuchtet worden, welches sich gleich links im nächsten Raum befindet. Ich nutze hierfür meinen Yongnuo YN560 III, da dieser einen eingebauten Funkempfänger besitzt, mittels dem man sogar die Leistung des Blitzes manuell von der Kamera aus regeln kann. Für meine Arbeit stellt dies eine wesentliche Erleichterung dar: Denn ich muss ja nun nicht mehr zwischen Blitzgerät, Motiv und Kamera hin und her rennen, um die Leistung abzustimmen bzw. zu messen. Auch die Stolperfalle Blitzkabel entfällt.
Zwischen den beiden Räumen, also im Türrahmen, befindet sich ein eingespannter Diffusor (mein 5 in 1 Faltreflektor-Diffusor), der das Licht entsprechend weich machte. Nichts besonderes. Das Besondere ist aber das Licht des Projektors, welches natürlich ein wichtiges Gestaltungselement dieser Fotografie ist. Zunächst hatte ich bei dieser Aufnahme die erforderliche Arbeitseblende (hier f/11) ermittelt, mittels welcher der Vordergrund und die Person absolut scharf abgebildet wird. Danach lässt die Schärfe leicht nach.
Zum Verständnis: Ich kann also nichts mehr an der Blende ändern, denn der Schärfebereich ist klar definiert! Dementsprechend muss Licht des Blitzgerätes nun unbedingt am Blitzgerät selbst geregelt werden können. Dies tat ich dann auch, um auf eine Lichtmenge zur korrekten Belichtung der Person zu kommen. Und nun wird es interessant: Mit der Verschlusszeit steuere ich die Helligkeit des Umgebungslichtes bzw. hier die Helligkeit der Projektion. Wie bin ich vorgegangen? Die Blende (f/11) für diese Aufnahme ergab sich ja bereits. Sie steht fest. Nun hatten wir erstmal den Filmprojektor angeschmissen, dass die Projektion auf der Wand entstand. Ich wollte diese Projektion auf Zone VIII legen. Ich hatte also einen ganz bestimmten Tonwert im Kopf. Nun habe ich also einfach die Projektion direkt mit dem Belichtungsmesser angemessen (ich stand dabei direkt an der hinteren Wand des Raumes) und habe abgelesen, welche Belichtungszeit bei meiner Blende 11 relevant wäre. Es war die 1/8 Sekunde. Hätte ich diesen Wert aber übernommen, hätte ich ja die Projektion auf Z. V gelegt. Nein, das wäre ja zu dunkel! Für Zone VIII muss man den ermittelten Messwert um genau 3 Blenden verlängern: Die korrekte Belichtungszeit betrug also eine ganze Sekunde (1/8 – 1/4 – 1/2 – 1).
Bitte beachten Sie: Diese Belichtungszeit ist für die Helligkeit der Person nahezu gar nicht relevant gewesen. Für sie zählte fast nur das direkt einfallende Blitzlicht von links. Für die Projektion wiederum an der Wand ist das Blitzlicht völlig unbedeutend. Hier zählt nur die Länge der Belichtungszeit. Mit dem Zonensystem konnte ich all dies bereits vor der ersten Aufnahme ermitteln!
Ein weiteres kurzes Beispiel: Freistellen von Motiven
Hier möchte ich noch ein weiteres Beispiel beschreiben: Es geht darum, einen Hintergrund absolut weiß auszuleuchten, damit ein davor positioniertes Motiv später sehr einfach am Computer freigestellt werden kann – Dies bietet sich ja häufig bei Produktfotos an. Da wir dabei viel Schärfentiefe wünschen, blenden wir auf f/11 ab. Wir haben nun also eine kleine Hohlkehle, auf welche ein Blitzgerät gerichtet ist (dieses befindet sich mittig und von der Kamera unsichtbar hinter dem Motiv). Zunächst wird das Hauptlicht für das Motiv korrekt eingestellt bzw. eingemessen. Denn dieses Licht wird evtl. ebenfalls auf den Hintergrund fallen. Jenen messen wir nun mit dem Belichtungsmesser direkt (und ohne Kalotte) an, während alle Blitze ausgelöst werden. Nun erhalten wir einen Wert: f/5.6. Das Licht (für den Hintergrund!) ist also zu schwach eingestellt. Konkret würde die Wand auf Zone III (2 Blenden Differenz zwischen f/11 und f/5.6) fallen: Viel zu dunkel! Der Hintergrund soll ja auf Zone X kommen! Erst dann wäre er hellweiß ohne Struktur ausgeleuchtet (bzw. ganz leicht überbelichtet). Zwischen Zone III und Zone X liegen ganze 7 Zonen bzw. Blendenstufen. Ich muss mit dem Blitzgerät für die Hohlkehle also viel mehr Dampf machen bzw. es manuell um genau 7 Blenden höher schalten! Ich benutze für solche Rechnungen meine Finger und habe die obere Zonentabelle im Kopf. Eine solche Tabelle mit Erklärungen finden Sie beispielsweise auch hier. Der Autor stellt jene ebenfalls als PDF zum Download bereit. Lassen Sie sich nicht durch die dort angegebenen fixen Blendenwerte irritieren: Sie dienen nur als Beispiel (von f/8 in der Mitte [Z. V“] ausgehend).
Hallo Thomas,
alles was Du schreibst ist inhaltlich richtig und kann u.U. auch dem Anfänger helfen. Aber was hat das alles mit dem Zonensystem zu tun?
Du beschreibst lediglich wie man die Belichtung richtig mißt! Das ist notwendiges Handwerk, aber nicht das eigentliche Zonensystem. Bei diesem geht es um die Erzeugung optimaler Negative. Ob das heute noch relevant ist steht auf einem anderen Blatt. Ich meine ja, bin aber kein Nutzer des Zonensystems in seiner reinen Lehre.
Wenn Du den Beitrag mit einem Titel wie z.B. „wie ermittle ich die richtige Belichtung“ überschrieben hättest wäre vieles klarer.
Um in Zonen denken zu können bedarf es an Erfahrung und einigem Wissen. Das überfordert viele Leser und so gut wie jeden Anfänger. Wer weiß schon wie Zone VIII in der Praxis aussieht? Der immer wieder gezeigte graue Keil hilft nur sehr bedingt. Zumal die meisten Fotografen in Farbe knipsen.
Auch die Methode mit der Messerei mit dem Handbelichtungsmesser scheint mir allenfalls für analoge Fotografen noch zeitgemäß (ich glaube das Bild in deinem Analogblog gesehen zu haben. Digital geht es einfacher und genauer (über Polas rede ich absichtlich jetzt nicht!): Mit Hilfe des Histogramms bestimmt man die Hochlichter und steuert die Aufhellung auf „Sicht“. Jetzt kann man viel besser beurteilen ob Zone VIII paßt oder man besser ein wenig heller oder dunkler wählt.
Zum Bild mit dem Projektor: man stelle die Kamera auf und ermittle die Belichtung mit dem Histogramm für die hellsten Bereiche. Dafür benötige ich keine Zonen und keine Vorstellungskraft. Ich sehe die Ergebnisse direkt auf dem Display; oder noch besser auf einem Notebook/Tablett. Jetzt habe ich die Grundbelichtungszeit und brauche nur noch die Helligkeit der Aufhellung anpassen. „Fehler“ kann ich direkt korrigieren. Fazit: nix Zonensystem (oder was dafür gehalten wird) und dafür ein einfaches Leben.
Grüße Frau Müller,
für das Bild hatte ich ja eine analoge Kamera verwendet. Didaktisch finde ich es manchmal (nicht immer) gut, wenn man eher puristisch ein Problem lösen kann. Digital würde ich mich hier natürlich auch einfach nach dem Histogramm richten, zumindest wenn man die Zeit für mehrere Testaufnahmen hat.
Bei dem Beispiel war es für mich tatsächlich ideal, mit dem Belichtungsmesser punktuell die Projektion anzumessen und so eine Belichtungszeit für die Helligkeit „Zone VIII“ also ein helles Grau zu errechnen. Das klappte sehr gut. Anders ginge es ohne Histogramm nicht so präzise. Denn wenn ich die Hochlichter (Projektion) später über den Kontrast steuere, hätte ich keinen Einfluss mehr auf die angeblitzte Person. Daher steuerte ich diese Lichter mittels Belichtungszeit nach „Zone“ separat.
Nun kann man sich eben streiten, ob man diese Messmethode dann „Zonensystem“ nennt oder nicht. Immerhin lasse ich hier den Teil der Kontrastanpassung (du sagtest es schon) komplett aus. Ich selbst rede hierbei immer noch vom Z-System.
Danke.
Hallo,
schöner Beitrag zum Zonensystem. Danke.
In welchem Abstand messe ich denn mit dem BM den Hintergrund (ohne Kalotte) zur Wand/Papier/Folie? Ziel: Weißer Hintergrund.
3-4cm oder 10-20cm?
Mein Aufbau: Produktfoto (Duschgel) vor weißer Hohlkehle (ca. 30cm Abstand zum Papier).
Hallo Thorsten, mein Belichtungsmesser hat einen Messwinkel von ca. 25°, wenn die Kalotte nicht davor geschoben ist. Man muss eben mind. so dicht ran, dass das Messgerät nicht daneben misst. 20 cm sollten gehen. Wichtig: Dabei keinen eigenen Schatten werfen bzw. messen.