Die Lytro Illum: eine Lichtfeldkamera nach völlig neuem Konzept
Hier stelle ich eine der seltsamsten bzw. außergewöhnlichsten Kameras vor: die Lytro Illum. Bei der Lytro handelt es sich um eine sogenannte Lichtfeldkamera. Ihr herausragenstes Merkmal ist, dass man den Fokuspunkt nach Gusto NACH der Aufnahme setzen kann. Schauen wir uns die Lytro einmal etwas näher an!
Seit fast zweihundert Jahren funktionieren Kameras bzw. deren Objektive nach immer dem selben Prinzip: Es wird durch eine Linse ein Brennpunkt erzeugt. Alles vor und nach diesem Brennpunkt wird relativ unscharf abgebildet. Schließt man die Blende des Objektivs, dann werden alle Bereiche außerhalb des Brennpunktes mit einer relativ höheren Schärfentiefe abgebildet. Theoretisch maximieren kann man sie allerdings nicht. Man kann sich ihr nur visuell so annähern, dass unser Auge die Unschärfe nicht mehr als eine solche wahr nimmt.
Soviel zunächst zur Einleitung. Ich habe bei ihr des Öfteren das Wörtchen „relativ“ verwendet. Nun möchte ich dem das Wort „konkret“ entgegen setzen. Denn bei der Lichtfeldkamera wie bei der hier vorgestellten Lytro Illum ist eben alles weit konkreter: Bei ihr lässt sich der Brennpunkt / der Fokuspunkt gewissermaßen verschieben – daheim, konkret und nach der eigentlichen Aufnahme! So schaut die Lytro Illum aus:
Allein vom Äußeren her wirkt sie recht modern. Auf dem Foto sieht man auch sehr gut das Touch-Display, welches sich etwas schwenken lässt (jedoch nicht nach vorne). Die Illum ist freilich auch eine sucher- und spiegellose Kamera. Das Live-Display ist also auch zur Bildgestaltung sehr wichtig. Tippt man darauf mit dem Finger auf ein Motivelement, dann wird dorthin fokussiert. Und dies funktioniert auch nach der Aufnahme.
So schaut diese Lichtfeldkamera von vorne aus. Sie ist relativ leicht, so dass sie gut auf meinem Triopo-Reisestativ Platz findet. Der „Kamerabody“ ist sehr schmal und kompakt. Das Objektiv hingegen ist doch etwas groß – insbesondere, wenn die Sonnenblende montiert ist. Bei einer durchgehenden Lichtstärke von 1:2 ist dies allerdings nicht anders zu erwarten gewesen.
Hier gibt es die Illum von der Seite aus zu sehen. Das Zoom-Objektiv an der Lytro besitzt eine Brennweite von 30 mm bis 200 mm. Bei diesen Angaben ist das Vollformat gemeint. Das heißt übersetzt, dass das Objektiv bei einem „normalen“ Weitwinkel losgeht und bei einem etwas stärkerem Tele endet – Der klassische Brennweitenbereich also für alle Lebenslagen.
Zur Naheinstellung: Hier kann man Objekte bis zum Maßstab 1:3 im Makrobereich fotografieren. Zum Beispiel ein Smartphone lässt sich so formatfüllend und scharf mit der Lytro Illum Lichtfeldkamera abbilden. Für alles, was kleiner ist, benötigt man dann jedoch eine Nahlinse. Das Objektiv lässt sich nämlich nicht von der Lytro abnehmen.
Hier schauen Sie auf das Display der Lytro-Kamera. Es ist – wie bei einem Smartphone – ein berührungsempfindliches Display: Man kann die Kamera also per Fingertipp bedienen.
Hat man also ein Foto mit der Lytro Illum gemacht (und während der Aufnahme bestenfalls auf die Mitte fokussiert), dann kann man im Nachhinein per Fingertipp den Fokuspunkt („Brennpunkt“) variieren:
Hier sehen Sie das gleiche Foto. Nur ein Unterschied: auf diesem zweiten Bild ist der Vordergrund scharf und der Hintergrund unscharf, vergleichen Sie noch einmal! Ich hatte einfach mit dem Finger auf den hinteren Bereich auf dem Display „getappt“. Beispielfotos der Lytro gibt es durchaus viele im Netz. Zumeist ist jedoch ein Browserplugin erforderlich, welches „dynamische“ Bilder zur Ansicht gestattet. Hier sehen Sie einmal einen Bildvergleich in der Praxis (Hochzeitsfotografie) als „normale“ Fotos. Ansonsten sind die Fotografien mit dieser Kamera, was die Abbildungsqualität anbelangt, natürlich recht gleich mit all den anderen, die moderne digitale Fotoapparate so ausspucken.
Hierzu habe ich zur Veranschaulichung auch ein kleines Video gemacht.
Hinweis: Aufgrund der neuen Datenschutzverordnung habe ich mich dazu entschlossen, das Video nicht mehr direkt einzubetten, sondern lediglich darauf zu verlinken:
https://www.youtube.com/watch?v=PoewJEx483k
Bei dem Video hatte ich einfach die Tastatur meines Laptops fotografiert. Sie lässt sich nun im Nachhinein unterschiedlich scharf stellen:
Die Lytro-Kamera benötigt eine spezielles (kostenlose) Software, welche die Bilder dann als „normale“ Bilder exportieren kann. Oben sehen Sie drei der exportierten Bilder von der selben Fotografie. Ich hatte im Lytro-Programm lediglich mit der Maus einen anderen Fokuspunkt gewählt. Natürlich kann man sich das gesamte Bild auch völlig scharf ausgeben lassen:
Hier erstrahlt das gesamte Bild in der maximalen Schärfentiefe. Wohl gemerkt: Es handelt sich eigentlich um das selbe Foto wie bei den obigen Bildern. Nur die Lytro-Software (eine Art RAW-Konverter) kann jenes dann individuell ausgeben.
Dies ist ein Screenshot des „RAW-Konverters“, welchen man unbedingt benötigt, um die Fotos, die die Lytro Lichtfeldkamera gemacht hat, zu „finalisieren“, um sie drucken- oder im Internet zeigen zu können. Insbesondere der Schärfepunkt kann hier gewählt werden. Dieses Programm ist jedoch kostenlos und es gibt es für PC, Mac und Android.
Weiterhin kann man sich durch die Lytro-Software 3D-Bilder rausrechnen lassen. Im Foto oben zeige ich ein „normales“, für welches man eine 3D-Brille benötigt. Hier gibt es aber noch andere 3D-Funktionen mit der Lytro. Ich gebe jedoch zu: Das Thema 3D interessiert mich kaum und ich habe hier keine Erfahrung.
2018, als die Firma pleite ging, hatte ich noch davon gelesen und mich über den Begriff „Lichtfeldkamera“ gewundert, der auch nach wiederholtem Lesen keinen Sinn ergab. Heute würde ich vermuten, dass es es sich um das heutzutage gängige Stapelverfahren handelte – die Kamera hatte automatisch eine Anzahl in der Raumtiefe fokussierte („gestackte“) Bilder gemacht und diese zu einem Gesamtbild verrechnet, was ja schon seit geraumer Zeit quasi Standard bei (fast) jeder Digitalkamera ist. Meine alte Minolta Dimage A1 kann das nicht allein, dafür behelfe ich mir mit selber fokussieren sowie „out of cam“ mit „Picolay“.
Sehr interessant! So etwas habe ich in all den Jahren noch nie gesehen. Fraglich ist dann aber auch, ob so etwas in der Masse eigentlich benötigt wird. Wohl hauptsächlich zur Produktfotografie.