Fotografieren mit der Einwegkamera
In einer Aktion eines Foto-Internet-Versandhauses lag einer Bestellung Fotopapier eine Überraschung bei: eine kleine Rollei Wegwerfkamera! Fein, wollte ich doch schon immer eine Kamera haben, die mit Rollei- anfängt. Nein, ehrlich: so etwas lässt doch überlegen, was man aus so einer Kamera – über den Einweg-Begriff hinaus – noch alles anstellen kann, denn eine Kamera wegwerfen? So etwas tut man doch nicht!

Eine zerlegte Einwegkamera von Rollei. Ohne Werkzeug lässt sich die Rückseite abnehmen, um den Film zu entnehmen bzw. gar einen neuen einzusetzen.
Die Bezeichnung „Einwegkamera“ (→ Single Use Camera; kurz: SUC) stimmt natürlich nicht ganz: Man kann so einen Fotoapparat natürlich auch mehrmals benutzen, ist er doch mit einer Patrone ganz normalem Kleinbildfilm geladen und besitzt er einen Verschluss, welcher auch nach 27 Aufnahmen ganz gewiss noch lange nicht seinen Dienst verweigern wird.
Zwei Dinge besitzt die Rollei Einwegkamera allerdings nicht: eine Kurbel zum Zurückspulen des Films zum einen, zum anderen natürlich eine Rückwand, welche sich so ohne weiteres aufklappen lässt. Der ab Werk eingelegte Film lässt sich also, oh Wunder, nach dem Belichten nicht so einfach herausnehmen bzw. wechseln. Aber genau so, wie man bei einem Einweggrill die Holzkohle wechseln kann, kann man auch bei einer solchen Kamera einen neuen Film einlegen.
Film wechseln bei einer Einwegkamera und sie wiederverwenden
Bei meiner Rollei-Kamera ist die Rückwand lediglich mittels zweier Plastiklaschen gesichert, welche sich allein mit den Fingernägeln etwas abspreizen lassen, wodurch die Rückseite des Gerätes ziemlich einfach abgenommen werden kann. Tut man dies nach dem letzten aufgenommenen Bild, wird einem gleich der Film entgegen lächeln: Oh, ein Rollei Superpan 400 a.k.a. Rollei Retro 400S a.k.a. Agfa APX 400 in einer ganz normalen Kleinbild-Patrone (ich habe die S/W-Version bekommen). Den Film kann man nun herausnehmen und entwickeln bzw. zur Entwicklung schicken.
springe zu: ⇒ Film d. Einwegkamera auch im Hellen wechseln

Das Innenleben der Einwegkamera ähnelt natürlich dem eines ganz normalem Fotoapparates und lässt sich natürlich entsprechend auch wieder befüllen – in völliger Dunkelheit allerdings nur.
Nimmt man aber die Rückwand ab, bevor man mit dem Fotografieren mit dieser Einwegkamera begonnen hat, wird man sich wahrscheinlich sehr ärgern und feststellen: Der Film befindet sich anfangs vollständig aus der Patrone heraus gezogen bzw. offen aufgewickelt auf dem Spulenkern gegenüber. Nach jedem belichteten Bild wird er wieder ein Stück weiter zurück in die Patrone gefördert (und dabei der Verschluss wieder gespannt). Dadurch erübrigt sich auch die Funktion einer Rückspulkurbel bei diesem Format / Prinzip
Möchte man nun einen neuen Film einsetzen bzw. die Einwegkamera wiederbefüllen, muss man den neuen Film zuerst komplett aus der Patrone ziehen bzw. auf die gegenüberliegende Spule aufwickeln – und dies geht eben nur in völliger Dunkelheit oder notfalls in einem Wechselsack.
Stellt dies kein Problem dar, setzt man einfach wieder den „Deckel“ hinten auf und hat somit wieder eine „frische“ Einweg Zwei, Drei…wegkamera.
Einwegkameras kosten wenige Euro, haben eine Bildqualität wie eine Lomokamera und lassen sich oft auch mit wenigen Handgriffen wieder befüllen.
den Film auch im Hellen wechseln
Durch eine kleine Modifikation lässt sich die Einwegkamera auch im Hellen wiederbefüllen (zumindest meine Rollei-Einmalkamera): Hierzu muss man als erstes einen kleinen Hebel am „Drehrad“ entfernen bzw. aus seiner Raster-Stellung nehmen. Er dient dazu, dass sich dieses Rädchen bzw. der Film nur in eine Richtung drehen kann. Nun fädelt man das Ende des Filmes in die gegenüberliegende Spule, setzt die Filmpatrone ein und schließt das Gehäuse. An der Unterseite dieser Einwegkamera befindet sich am Ende der leicht herausragenden Spule eine Art Vertiefung durch welche sich diese mit Hilfe eines Schraubendrehers drehen- bzw. sich der Film spulen lässt. So kann der Film auch bei geschlossenem Gehäuse bzw. im Hellen aus der Patrone auf den gegenüberliegenden Spulenkern gespult werden (bei gelöster Sperre – Hebelchen). Nach jeder Aufnahme wird dieser wie gehabt wieder ein Stück zurück gedreht und kann am Ende entnommen werden. Ein korrekter Filmtransport ist immer noch gegeben: nach jeder Aufnahme wird der Film korrekt bis zum nächsten Bild gespult (und nicht weiter) bzw. der Verschluss parallel dazu gespannt.
Das Objektiv

Die Optik der Einwegkamera besteht lediglich aus zwei übereinander positionierten Plastiklinsen – ganz ähnlich also wie bei der Holga Lomo-Kamera. Entsprechend sehen auch die hiermit gemachten Bilder aus.
Zumindest bei den Rollei-Einwegkameras besteht die Optik aus lediglich zwei hintereinander liegenden Plastiklinsen – die Lomo Holga lässt grüßen. Deren Durchmesser beträgt dabei ca. 7 mm und ich schätze die Lichstärke bzw. die Blende auf ungefähr 1:11, wenn nicht gar auf 1:16. Zum Vergleich: gute Weitwinkelobjektive dieser Brennweite für das Kleinbildformat weisen eine Lichtstärke von ca. 1:2,8 auf.
Die Linsen sind so berechnet, dass sie durch das geringe Auflagemaß eine relativ geringe Brennweite (~30 mm?) darstellen und verbunden mit der großen Blende eine sehr hohe Tiefenschärfe liefern, was bildgestalterisch natürlich alles andere als einen Vorteil bietet. Ein Fokussieren ab 1,2 m wird also nicht nötig sein bzw. ist konstruktionsbedingt an so einer Kamera natürlich auch nicht vorgesehen. Das Foto wird ab 1,2 Metern also immer scharf sein („scharf“ in unsichtbaren Gänsefüßchen).
Der Verschluss
Natürlich ist man bei so einer Einwegkamera auf nur eine einzige Verschlusszeit beschränkt, ganz ähnlich den urstteuren „Lomo-Kameras“, welche einen ähnlichen Materialwert aufweisen sollten wie diese (inkl. Film 6 € billige) Wegschmeißkamera.
Ich schätze die Verschlusszeit hier (bei der Rollei) auf ca. 1/200 Sekunde. Bei herrlichstem Sonnenschein ergibt dies also bei der Blende von 16 und dieser Belichtungszeit mit dem „eingebautem“ 400 ASA-Film eine Überbelichtung von lediglich einer Blende, was belichtungstechnisch auf Film zu durchaus akzeptablen Ergebnissen führen sollte. Möchte man auch im Regen fotografieren, benutzt man halt den eingebauten Blitz:
Blitz
Gespeist durch eine einzige R6-Batterie sollte man hier natürlich nicht viel erwarten: Bis zu drei Metern würde ich dem eingebauten Blitz in der Einwegkamera noch vertrauen, weitaus mehr wird er nicht ausleuchten können.
Aktiviert wird dieser durch ein kleines Knöpfchen, worauf ein rotes Lämpchen sofort dessen Bereitschaft signalisiert bzw. angiebt, dass der Kondensator nun geladen sei. Jener wird sich erst innerhalb mehrerer Stunden wieder entladen bzw. den Blitz für die nächste Aufnahme automatisch deaktivieren. Man selbst hat keine Kontrolle darüber. Ein weiteres Foto innerhalb dieses Intervalls – auch bei herausgenommener Batterie – ohne Blitzauslösung wird also nur mit Blitz möglich sein. Möchte man diesen wieder deaktivieren, muss man warten, oder bei der nächsten Aufnahme das Blitzlich abhalten.
Diese Kamera können Sie selber bauen! Hier erhalten Sie einen Bausatz, welcher alles enthält, um eine analoge Kleinbildkamera mit Lichtschacht selbst bauen zu können. Das Besondere: Das Objektiv ist von so schlechter Qualität, dass Sie Bilder erhalten, die genau so aussehen wie von einer Lomo-Kamera.
Wozu soll so eine Einwegkamera also nun gut sein?
Man stelle sich vor, man wohne einer Hochzeit bei und der stolze Herr Bräutigam drückt dabei fast jedem der Anwesenden so ein fetziges Gerät in die Hand, auf welchem auch noch das Brautpaar aufgedruckt ist. Jeder soll also nun diese Zeremonie aus seiner Sicht visuell auf Film bannen. Am Ende werden die billigen Plastikkameras eingesammelt und es bleiben ein paar nette Fotos „mittendrin“. Vom Prinzip her nicht schlecht.
Interessanter scheinen diese Einwegkameras mit ihren Acryllinsen aber innerhalb der sogenannten Lomografie zu sein. Statt sich nun also für teures Geld eine Holga oder Diana zu kaufen, kann man sich, sofern man das etwas schwierige Wechseln des Films beherrscht, auch erst einmal an so einem Fotoapparat versuchen. Die Ergebnisse werden ähnlich schlecht schön aussehen (die „Originale“ allerdings nun auch wieder nicht erreichen).
Noch interessanter wird es natürlich sein, baut man die Plastiklinse der Einwegkamera an einen vernünftigen Kamera-Body.
Designs
Die Einwegkameras sind immer sehr „geschmackvoll“ bedruckt. Also, es befindet sich jeweils eine individuelle Folie unter der transparenten Plastikabdeckung. Man kann sich solche Kameras auch im eigenen Design bedrucken lassen bzw. bestellen. Da wir ja nun wissen, wie einfach sich das Gehäuse der Einwegkamera öffnen lässt, lässt sich diese Folie (ein Blatt Papier) natürlich auch recht einfach austauschen bzw. selbst ausdrucken und zuschneiden. Im besten Fall lässt man diese aber einfach weg.
Lomo Einwegkamera

Durch eine einfache Modifikation verschlechtert verbessert sich die Abbildungsqualität einer jeden Kamera immens.
Mit den Lomolitos existieren auch einige solcher Einmalkameras als so genannten Lomo-Fotoapparate. Im Prinzip dürften sich diese Geräte aber kaum von den Einwegkameras unterscheiden, welche man bei Müller und DM kaufen kann. Auch hier gibt es eine einzige Verschlusszeit und eine einzige Blende gekoppelt an einen eingebauten Blitz. Die Optik mit der kurzen Brennweite ist ein Weitwinkel, was ein genaues Fokussieren ab ca. 1,5 Meter nicht mehr erfordert. Als Plus hat man bei den Lomo Lomolitos jeweils die Möglichkeit Farbfilter vor dem Blitz zu verwenden.
Ein hübscher „Lomo-Effekt“ lässt sich bei einer Einwegkamera dabei ganz anders realisieren: Man ändere die Blendenöffnung der Optik. Hierzu muss man die Kamera öffnen und die Linsen herausnehmen. Unter diesen befindet sich ein Loch aus Plastik – die Blende. Je größer die Blendenöffnung ist, desto schlechter wird die Bildqualität der Fotos sein. Also vergrößert man diese Öffnung ein wenig mit einer Schere. Eventuelle reicht es auch schon, man entfernt einen (eventuell) eingelegten Ring. Die Sache mit dem Ring gibt es ja auch im Objektiv der Holga. Die Bilder werden so an Unschärfe und Vignettierung gewinnen. Richtig scharf werden die Fotos dann natürlich nicht mehr. Aber für so etwas kauft man sich ja auch keine Lomo-Kamera.
Die Optik der Einwegkamera zweckentfremden

Ein S/W-Film in einer Kompaktkamera mit eingesetzter Linse einer Einwegkamera bei entferntem Blendenring.
Nicht uninteressant ist auch folgendes: Man bediene sich der äußerst schlechten Bildqualität der Linse einer Einwegkamera bei entfernter Blende und setze dieses Objektiv in einen anderen, wesentlich besser ausgestatteten Fotoapparat ein. Ich finde die Sache so gut, dass ich dem gleich einen eigenen Artikel gewidmet habe:
Adaptieren der Plastik-Linse einer Einwegkamera an eine andere Kamera.
Fotos mit der Einwegkamera
Hier nun einige Beispielbilder meiner Rollei-Einwegkamera mit dem Superpan bzw. 400S S/W-Film, der original eingelegt war. Entwickelt wurde, wen es interessiert, in Calbe A49. Ein paar Farbfotos sollen auch noch folgen – mit der selben Kamera. Typisch für die Optik ist die eher dezente Unschärfe und Vignettierung an den Rändern und eben, dass – durch den „Fixfocus“ – eigentlich alles immer „scharf“ abgebildet ist. Mir gefallen am besten Bilder der Wegwerfkamera, die in Räumen mit dem eingebauten Blitz gemacht worden sind. Hier kommt die Vignette am stärksten zur Geltung und die Fotos wirken erfrischend billig (Was ich im positiven Sinne meine). Ansonsten kann man beim Fotografieren nichts falsch machen. Sollte kein helles (Sonnen-) Licht vorhanden sein, muss stets der Blitz benutzt werden, welcher allerdings lediglich eine Reichweite von ca. 3 Metern besitzt. Nach jeder Aufnahme wird zum nächsten Bild gespult und der Verschluss gespannt. Eine Doppelbelichtung ist bei einer Einwegkamera (zumindest bei denen, die ich bisher in den Händen hatte) nicht möglich. Man kann den selben Film hierzu höchstens zwei (oder mehr) Mal hintereinander belichten.
Die Einzelteile mal auseinandergebaut zu sehen ist auch nicht schlecht.
Hast du sie wieder zusammen bekommen und kann sie jetzt wieder benutzt werden?