Dezentes Blitzen in kleinen Räumen: Weniger ist manchmal mehr
Eine Bekannte fragte mich jüngst, ob ich von ihr ein Portrait daheim machen kann. Kein Problem, schließlich habe ich für jede Lichtsituation eine Lösung – Dachte ich zumindest. Denn ich bin schier verzweifelt. Bis ich auf eine ganz simple Lösung kam.
Ich habe mich bisher mit allerlei Lösungen beschäftigt, mittels derer ich mit einfachen Hilfsmitteln und simplen Aufsteckblitzen zu einem schönen Licht gelange: So kann man einfach vorhandene Wände zum indirekten Blitzen nutzen oder das Blitzgerät hinter einem Blitzschirm verwenden. Um eine gewisse Farbstimmung zu erhalten, nutze ich gerne auch mal Farbfolien vor meinen Blitzgeräten und nutze mehrere Blitzgeräte parallel bzw. synchronisiere diese mittels Servo-Auslösern. Das Zubehör dazu passt mit zwei Stativen und der Kamera gut in einen größeren Rucksack.
Probleme beim Blitzen in einem sehr kleinen, weiß gestrichenen Raum
Bei der nun beschriebenen Aufnahmesituation konnte ich mit alldem allerdings kaum etwas anfangen: Es war ein sehr kleiner, weiß gestrichener Raum. Mein Model saß in einem Korbstuhl, welcher in einer der Zimmerecken stand. Im Prinzip ein idealer Raum für eine gleichmäßige, weiche Ausleuchtung. Doch für ein authentisches, ungekünzelt erscheinendes Portrait nach meinen Vorstellungen, eignete er sich mit meiner Ausrüstung zunächst nur sehr bedingt.
Bouncen / indirektes Blitzen
Zunächst dachte ich: Ok, ich blitze indirekt gegen die Wand daneben und erhalte so ein schönes, weiches Seitenlicht. Das Ergebnis entsprach aber nicht meinen Vorstellungen: Bedingt durch den kleinen Raum springt viel zu viel Licht umher, der ganze Raum wird aufgehellt und eine klare Lichtrichtung ist nicht mehr vernünftig erkennbar.
Verwendung eines Blitz-Schirmes
Gut, nehme ich meinen Blitzschirm und blitze mit meinem manuellen Yongnuo-Blitz einfach durch den Schirm hindurch. Wie beim „Bouncen“ wird das Licht des Aufsteckblitzes nun viel weicher. Aber auch hier das Problem: zu hohe Aufhellung durch die benachbarten weißen Wände im kleinen Raum. Ich konnte meinen Blitz-Schirm freilich auch sehr nah an meinem Model heran stellen, um so die Aufhellung (durch die nun sehr dominante Hauptlichquelle) zu verringern. Doch dann erhielt ich einen typischen „Fotostudio-Look“. Das Portrait sah nicht mehr natürlich aus! Es wirkte nicht mehr heimelig.
Die Lösung: eine einfache Schirmlampe
Neben dem Korbstuhl stand eine kleine Schirmlampe aus Omas Zeiten auf einem Tischlein. Jene gab genau das Licht ab, welches man mit einem gemütlichen Zimmer verbindet. Durch die relativ kleine Leuchtfläche, war die Aufhellung durch den Raum eher gering – Eine Lichtrichtung / Lichtführung war bei meinem Model noch ersichtlich. Dennoch gab es keine harten Schatten. Denn soviel wurde durch die benachbarten weißen Wände noch aufgehellt.
Ich ließ mein Blitzlicht nun zunächst links liegen und fotografierte mein Portrait einfach mal zum Test mit nur diesem Dauerlicht. Und tatsächlich: So entsprach das Licht meinen Vorstellungen! Ich erhielt endlich einen authentischen, gemütlichen Lichtcharakter. Allein das Licht war viel zu schwach zum fotografieren. Ich hätte den ISO-Wert meiner Kamera enorm erhöhen müssen, um weiterhin ohne Stativ fotografieren zu können. Dies hätte ein starkes Bildrauschen ergeben.
Mit meinem Yongnuo-Funkauslöser konnte ich den Blitz unter dem Lampenschirm ganz einfach entfesselt ansteuern, ohne dass ich ein störendes Blitzkabel benötigte. Der YN560 III besitzt ja bereits einen eingebauten Funkempfänger. Es kann so einfach sein und wieder einmal zeigt es sich, dass man für jeden Raum eine zugeschnittene Lichtlösung benötigt, welche wiederum auch ganz simpel ohne große Aufbauten realisierbar ist.
Das Beispielbild
Hier sehen Sie zwei Beispielbilder: Das erste links wurde mit relativ langer Belichtungszeit und hohem ISO-Wert bei lediglich dem Dauerlicht der kleinen Schirmlampe rechts (nicht im Blid zu sehen) gemacht worden ist. Das zweite Foto rechts habe ich mit der selben Lampe aufgenommen, nur dass ich eben meinen Blitz unter den Lampenschirm stellte:
Sie sehen: Am Lichtcharakter hat sich kaum etwas verändert: Ich erhielt durch den kleinen Lampenschirm ein unaufdringliches Licht mit dennoch klarer Lichtrichtung. Mir gefällt hier besonders das Licht auf dem Arm und auf der Wange meines Models.
Doch im Gegensatz zur reinen Glühbirnenbeleuchtung erscheint das zweite Beispielbild mit dem Blitz viel klarer und sauberer. Hier ist nichts verwackelt und unscharf. Der rote Farbstich ist natürlich mit einem manuellen Weißabgleich korrigierbar. Bei Verwendung eines (starken) Blitzes geht dies aber viel einfacher als bei so einer Funzel. Ich habe mich übrigens bewusst für einen leicht warmen Ton bzw. für einen theoretisch falschen Weißabgleich entschieden: Durch den leichten „Rotstich“ erhalte ich genau diese gemütliche Atmosphäre, die ich mir wünschte. Der dezente aber weder langweilige noch übertriebene Lichtcharakter der einfachen Tischlampe trägt sein Übriges dazu bei.
Der Trick mit der Stehlampe funktioniert allerdings nur in einem solch kleinen Raum mit weißen Wänden. Bei anderen Räumen oder gar im Freien wäre die Leuchtfläche des Lampenschirmes wahrscheinlich zu klein: Das Licht wäre zu hart, da es kaum Möglichkeiten zum Aufhellen geben würde. Ich weiß jetzt auch, was mir zunächst noch bei meinem Strobisten-Zubehör fehlt: So ein klappbarer Lampenschirm von IKEA. So werde ich die das Tischlämpleich bzw. den Lampenschirm für zukünftige, ähnliche Aufnahmesituationen immer dabei haben!
Übrigens: Es gibt für herkömmliche Lampenfassungen auch spezielle Synchronblitz-Birnen: Dies sind kleine, helle Blitzgeräte, welche einfach statt der Glühbirne in eine Lampe (z. B. Stehlampe) geschraubt werden können und synchron zünden, sobald ein „Masterblitz“ abgegeben wurde. Jener Masterblitz ist im einfachsten Fall der kleine, interne Blitz der Kamera.
Hallo Thomas,
ja, ich meinte die Leuchte.
Ohne Stativ ist das alles natürlich Mist, hier kann ich nur zustimmen. So kann ich verstehen dass der Blitzer die einzige mögliche alternative war.
Vielleicht wäre eine Transplantation der Glühbirne möglich gewesen? Eventuell eine hellere aus einer anderen Lampe?
Hallo Thomas,
Portraits vor Ort mache ich ja schon ein paar Jahre, darum behaupte ich jetzt einmal frech ich kenne mich ein wenig aus.
Warum nicht das vorhandene Raumlicht nehmen, die Kamera aufs Stativ und ein wenig länger als gewöhnlich belichten? Wie es scheint liegt das „Opfer“ ruhig auf der Liege.
Zur Not hilft eine leichte Aufhellung (steck die Blitzleuchte unter/in die Lampe), bei langer Verschlußzeit mit dem kleinen Blitzer (Mischlicht). Jetzt noch eine warmtonige Filterfolie vor die Taschensonne und es kann losgehen. Durchgehende Schärfe finde ich unnötig bei solchen Situationen. Es reicht wenn die Augen (beide!!!!) scharf sind.
Mein Ratschlag: Blende auf, leicht längere Brennweite als normal, ISO so hoch wie zu verantworten (leichtes Rauschen stört meist nicht) und die Knipse aufs Stativ. So sollte es auch mit der Freundin/Nachbarin klappen
Hallo Frau Müller,
Raumlicht von oben im weiß gestrichenen Raum ist langweilig. Aber dieses meinst du sicherlich nicht. Es hätte auch einfach die Glühbirne in der Lampe als Hauptlicht sein können. Die war aber zu dunkel (ok, ginge zur Not bei den heutigen Kameras). Ein Stativ hatte ich nicht dabei. Ohne Stativ würde ich es heute (der Artikel ist ja schon etwas älter) eigentlich wieder so machen.