Parasit Blitzen: Das Blitzlicht anderer nutzen mit optischem Auslöser
Stellen Sie sich vor, Sie wollen z. B. die Protagonisten einer Podiumssitzung fotografieren. Sie installieren sich mit der Kamera vis-à-vis zu einem Redner und nun – Warten Sie einfach ab, bis andere Fotografen für Sie die Bilder machen: Ihre eigene Kamera nutzt nun das (seitliche) Blitzlicht der anderen. Sie müssen noch nicht einmal selbst auf den Auslöser drücken.
Mehrmals auf meinem Blog hatte ich schon über die Problematik des kameraseitigen Aufsteckblitzes geschrieben: Er bildet ein recht langweiliges Licht, wenn er eben direkt aus der Sichtposition gezündet wird. Abhilfe schafft hierbei z. B. ein einfaches Entfesseln des Blitzes z. B. via Funkauslöser.
Sofern man sich hierbei mit anderen Fotografen in einem Raum befindet, kann man aber auch einfach das Blitzlicht der anderen nutzen – als Parasit sozusagen! Das Beste: niemand wird es merken! Sie sparen hierbei Strom oder gleich den eigenen Kamerablitz und erhalten Bilder, welche eine viel „interessantere“ Lichtrichtung aufweisen werden als jene der Kollegen nebenan. Schauen wir uns zunächst ein Foto an:
Ein Foto mit seitlich entfesseltem Blitz
Bei dieser Konzertfotografie hatte ich selbst ein Blitzgerät entfesselt: Man sieht es sogar links hinten im Raum. Es zündete zeitgleich mit meinem in der Kamera eingebauten Blitz mit, was mit sogenannten „Servozellen“ recht einfach zu bewerkstelligen ist. Ich erhielt eine klare Lichtrichtung von links. Hätte ich nur den kameraseitigen Blitz verwendet, wäre das Bild wesentlich „langweiliger“ geworden, was das Licht anbelangt. Bei dieser Veranstaltung war ich der einzige Fotograf.
Doch angenommen, es wären noch andere Fotografen in diesem Raum und hätten dabei geblitzt: Ich hätte mein eigenes Blitzgerät gar nicht aufbauen müssen, ich hätte einfach deren Blitzlicht mit in meine Fotos integrieren können!
Betrachten Sie dieses Foto von Horst Seehofer. Aus rechtlichen Gründen kann ich jenes hier nicht einfach einbinden. Der Redner wird durch seitliches Licht ausgeleuchtet. Ob der Fotograf nun die „Parasit-Blitztechnik“ verwendete bzw. seine Kamera einfach optisch (automatisch) auslösen ließ oder das Blitzgerät selbst entfesselte, weiß ich nicht. Die erste Variante wäre die raffiniertere Lösung.
Parasit-Blitzen, wie geht das?
Man benötigt hierzu einen optischen Auslöser für die eigene Kamera: Sobald irgendwo im Raum ein Blitz zündet, löst die eigene Kamera zeitgleich aus! Zunächst ganz einfach und leider nur Theorie. Doch ich habe bei Recherchen nur einen einzigen Hersteller eines solchen optischen Auslösers für die Kamera gefunden: LightningTrigger. Leider kostet so ein Kästchen an die 300$.
Zudem ist die Leuchtdauer eines Blitzgerätes äußerst kurz: Bei maximaler Leistung beträgt sie ungefähr 1/250 Sekunde. Gleich am Anfang dieser Zeit sollte bereits die Kamera durch den optischen Auslöser ausgelöst werden. Es ist klar, dass zumindest ein Teil dieser Lichtmenge nicht mehr mit aufgenommen werden kann. Die Frage wäre nun, wie viel von der 1/250 Sekunde Leuchtdauer („Abbrennzeit“) noch für die eigene Aufnahme genutzt werden kann. Der Verschluss der Kamera muss hierbei ja auch noch ablaufen.
Als Alternative zum „Lightning Trigger“ hatte ich auch an eine simple Servozelle gedacht, die eigentlich dazu genutzt wird, mittels einem Blitzsignal ein zweites Blitzgerät auslösen zu können. Also hatte ich statt einem solchen einfach mittels einem selbst gebauten Adapterkabel meine DSLR an die Servozelle angeschlossen (bzw. umgekehrt). Leider konnte ich durch diese Konstruktion der Kamera keine Aufnahme durch einen daneben manuell gezündeten Blitz entlocken. Das hat leider nicht funktioniert.
Ich vermute, meine Theorie des „Parasit-Blitzens“ wird sich wohl nie in der Praxis bewerkstelligen lassen. Man benötigt einen äußerst flinken optischen Auslöser. Den oben verlinkten Lightning Trigger möchte ich mir hierzu nicht extra kaufen. Es ist ja auch nicht sicher, ob jener die Kamera auch bei Signalen von Blitzgeräten auslösen wird. Denn offenbar bezieht man sich dort auf die Blitze am Himmel, bei Gewitter.
Den Gedanken, auf einer Veranstaltung ganz ohne eigenem Blitzlicht einfach das Licht der Kollegen mit zu nutzen finde ich dennoch sehr faszinierend. Vielleicht gibt es in Zukunft einmal eine entsprechende Technik. Wahrscheinlich wird dies kameraseitig auch nur mit Kameras funktionieren, welche (zusätzlich) über einen elektronischen Verschluss verfügen, bei dem also keine Mechanik zum belichten nötig ist, um die Ansprechzeit möglichst gering zu halten.
In diesem Zusammenhang fällt mir auch noch der „Image Fulgurator“ des Künstlers Julius von Bismarck ein: Dieser nutzt ebenfalls eine Lichtzelle, an deren Ende aber keine Kamera hängt, sondern eine Art Diaprojektor. Blitz nun bei einer Veranstaltung jemand bzw. fotografiert, wird für einen Sekundenbruchteil ein Symbol (das Dia) an eine Stelle im Raum projiziert, welche vom Fotografen gerade fotografiert wird (meist ein Rednerpult). Diese Projektion ist für das Auge (für die Anwesenden) nicht sichtbar, da sie ja nur innerhalb eines Sekundenbruchteils statt findet. Wohl aber für die Kamera! Auf den späteren Bildern sind dann eben diese Projektionen sichtbar und die Leute wundern sich, wie es dazu kam.
Bei weiteren Recherchen im Netz bin ich auf einen optischen Eigenbau-Auslöser für die Kamera gestoßen: http://www.doc-diy.net/photo/smatrig/. Dieses kleine Gerät sieht für mich sehr gut aus und scheint genau das Richtige zu sein.
In diesem Zusammenhang ist mir auch eine weitere Prämisse für ein erfolgreiches Auslösen eingefallen: Das Warten auf den Zweitblitz. Die modernen TTL-Blitzmessungen nutzen ja zunächst einen schwachen Vorblitz zum Messen und erst hernach wird das eigentliche Licht (welches ich für mich nutzen möchte) abgegeben. Eine solche Funktion scheint die Selbstbau-Lösung eingebaut zu haben. Leider hört mein Bastler-Talent bereits beim Anlöten simpler Kabel auf.
Hallo Thomas,
ich fürchte das wird zumindest mit einem mechanischen Verschluß nicht gehen. Die Blitzdauer ist deutlich kürzer als die Blitzsynchronzeit. Die Laufzeit des Verschlußes (von Start erster Vorhang bis Ziel zweiter Vorhang ist nochmal länger. Du müsstest es also schaffen innerhalb der Blitzdauer den Verschluß Deiner Kamera komplett zu öffnen und dann noch genug Licht einzufangen. Kontrolle über die Lichtmenge hast Du leider auch nicht. Korrekte Belichtung wäre also Zufall.
Lediglich eine Langzeitbelichtung wäre vorstellbar. Du positionierst Deine Kamera so, daß Du nur wenig Licht der Blitze abbekommst und löst aus. Die Kamera hält den Verschluß offen, bis die Belichtung paßt und sammelt also mehrere Blitze der anderen auf.
Allerdings bin ich mir nicht sicher ob TTL-Messung das wirklich leisten kann, also bei offenem Verschluß die einfallende Lichtmenge aufzusummieren. Oder ob bei hochgeklappten Spiegel vor Öffnen des Verschlußes durch das Objektiv gemessen wird und der Verschluß dann mit der so bestimmten Zeit einfach abläuft. Egal wieviel Licht dann während der Belichtungszeit wirklich einfällt.
Hallo Boris, danke für das sich Gedankenmachen! Mittlerweile glaube ich auch, dass dies zumindest mit einer herkömmlichen Kamera nicht gescheit funktionieren wird. Ggf. ginge dies mit elektronischem Verschluss und ohne Spiegel. Dann noch das Problem mit der unberechenbaren Lichtstärke.
Wenn die Umgebung dunkel genug ist … einfach auf B? Oder evtl einfach auf Serienaufnahme (oder sogar auf Videomodus) schalten und solange rattern lassen bis man einen Blitz fängt?
Hallo,
Die Firmwareerweiterung Magiclantern hat einen solchen Blitzauslöser, ob der in einer solchen Konfiguration tut ist jedoch eine andere Frage..
http://www.magiclantern.fm/forum/index.php?topic=6303.0
Die Idee der „geschnorrten“ Blitzes finde ich ebenfalls faszinierend. Meine alte EOS 400D besitzt im Gehäuse einen 3,5mm Klinkenanschluss, mit dem einerseits das Fokussieren angesteuert werden kann, anderererseits aber auch der Verschluss direkt ausgelöst werden kann. Dies geschieht durch das Kurzschließen der jeweiligen Eingangsleitungen gegen Masse.
Mit einer Elektronik den Blitz zu erkennen und dann den entsprechenden Eingang der Kamera anzusteuern, ist kein Problem: 1/250s entspricht 4ms – eine halbe Ewigkeit! Mit oben genanntem Anschluss kommt das Ganze aber nicht ohne eine eigene Batterieversorgung aus. Das ist möglicherweise auch der Grund, weshalb dein Eigenbau – Adapter nicht funktionierte.
Das größte Problem sehe ich allerdings in der Reaktionszeit der Kamera: Für den Fotografen ist es kein bewegender Unterschied, ob der Verschluss nach 200 Mikrosekunden nach dem Druck auf die Auslösetaste der Kamera gestartet wird oder nach 200ms. Für dein Vorhaben ist der Unterschied aber gewaltig. Sicher ist hier aber: Der Autofokus ist hier nicht zu gebrauchen! Ich vermute sogar, dass die Reaktionszeit wohl von Hersteller zu Hersteller, nach Modell und höchstwahrscheinlich sogar nach Softwareversion und Kameraeinstellungen variieren wird.
Technische Daten zu der Reaktionszeit habe ich noch nicht gefunden.