Gegenlicht: Aufhellen mit dem Blitzgerät gegen Silhouetten
Innerhalb dieses Artikels komme ich auf eine Spezialität von direkt auf die Kamera gesteckte Blitzlichter zu sprechen: dem Aufhellen. Hierdurch verhindert man bei Personen mit der Sonne im Rücken das „Zulaufen“ von Schatten. Das Aufhellen ist eigentlich auch die einzige Technik, bei welcher sich das Blitzlicht tatsächlich am besten direkt auf der Kamera befinden sollte.
Ein typisches Gegenlicht-Foto: Damit die Porträtierte nicht als dunkle Silhouette abgebildet wird, wurde einfach eine Prise Blitzlicht direkt von vorne über den Aufsteckblitz der Kamera abgegeben.
Einleitung
Heute habe ich einen schönen Herbstausflug mit dem Radel raus aus der Stadt unternommen. Es waren nur lichte Wolken am Himmel auszumachen. Bis hin zum Abend bäumte sich die Sonne sozusagen noch einmal auf, um an diesem späten Nachmittag im letzten Viertel dieses Jahres ihre volle Kraft, Frucht und Wärme über das sich bereits entlaubende Land zu vergießen, bis der Nordost gegen Abend schon den kommenden Winter ankündigen- und bis nachts bereits erster Frost das Land überziehen wird.
Natürlich wollte ich auch ein Foto von diesem schönen Herbstlicht einfangen. An einer Stelle streifte die tief stehende Sonne die Äcker und ein Modell sollte direkt im Gegenlicht in dieser schönen Landschaft positioniert werden. Dies führte natürlich zu einem Problem: Denn die einzige Lichtquelle (die Sonne) befand sich nun direkt hinter der Person:
Hinweis: Die folgenden Beispielbilder nicht so bierernst nehmen.
Ein Foto im Gegenlicht ohne Aufheller
Zunächst ein technischer Hinweis: Ich werde in diesem Artikel ständig von „Blenden“ reden. Sollte Ihnen dieses Fotografensprech fremd sein, so empfehle ich hierzu diesen Artikel. Denn ich arbeite bzw. blitze völlig manuell und nicht mit Kamera-Automatik-Programmen. Die gleich besprochene Technik können Sie allerdings auch mittels TTL-Automatik bzw. mit dem kleinen internen Kamerablitz Ihrer DSLR-Kamera oder Kompaktkamera nutzen.
Kommen wir aber zur Landschaft zurück: Als erstes sollte man sich Gedanken zu einer solch sehr extremen und außergewöhnlichen Lichtsituation machen: Dadurch, dass sich kaum Wolken am Himmel befinden, erhält die einzige natürliche Lichtquelle – die Sonne – einen für ein konservatives Porträtfoto völlig unbrauchbaren Charakter: Das Licht ist hart und kommt zum größten Teil nur aus einer Richtung (und zu allem Unglück auch noch von hinten!). Für das Gras und für den Acker im Hintergrund dieses Fotos kann ein solches Streiflicht aber wirklich praktisch sein: Betont es doch ganz wunderbar die Oberflächenstruktur wie kein anderes Licht. Für eine Person, welche sich aber zwischen Lichtquelle und Kamera befindet ist ein solches Licht alles andere als ideal. Es wäre doch wirklich schön, wenn wir zu diesem fantastischen Streiflicht noch künstlich etwas direktes Licht auf die Person im Vordergrund geben könnten. Mit einem Blitz wäre dies einfach realisierbar. Doch welche Lichtmenge muss hierfür zusätzlich auf das Modell geschickt werden?
Betrachten wir zunächst das Licht, welches auf das Modell selbst fällt. Denn die Person ist sichtbar, obwohl sie die einzige Lichtquelle im Rücken hat. Dies ist natürlich nur durch Reflexion möglich: Das Licht der Sonne wurde an dem der Person gegenüberliegenden Himmel reflektiert und darum ist sie für uns (und für den Sensor der Kamera) überhaupt erst zu erkennen. Eine weiße Hauswand oder ähnliche Dinge, die das Licht zur Person hin reflektieren könnten, waren nicht vorhanden. Dies wäre aber sehr günstig gewesen. Denn bereits mit einem simplen Aufheller könnten wir noch genügend Sonnenlicht auf die Person umleiten, dass sie nicht so allein im Schatten steht. Mit einem auf der Kamera aufgesteckten Blitz mittlerer bis starker Leistung sind wir aber flexibler als mit einem Aufheller („Sunbouncer“), denn wir können die Lichtintensität regeln (ein manuell regelbares Blitzgerät natürlich vorausgesetzt). Ein sogenannter Sunbouncer allerdings bietet durch seine große Fläche wiederum ein sehr weiches Licht. In diesem Artikel soll es aber durch das Aufhellen per Blitz gehen.
Wer genau auf dem oberen Bild hinschaut, wird feststellen, dass die Person minimal in Blau gehüllt ist, obwohl die Umgebung hinter dem Modell einen eher warmen Charakter hat – das späte Licht der tief stehenden Sonne ist durch atmosphärische Brechung gelb-rötlich wie das Licht einer Glühbirne. Jenes Licht aber, welches auf die Person gelangte, hat allerdings diesen leichten Blaustich und der führt von der natürlichen Reflexionsfläche her: vom blauen Himmel. Ferner ist dieser blaue Himmel als Reflektor auch darum völlig ungeeignet, weil er einen zu großen Teil des Sonnenlichts absorbiert und einen zu geringen Teil zum Modell reflektiert. Das Licht, welches von ihm kommt ist einfach zu dunkel und unbrauchbar, um damit ein schönes Portrait zu machen.
Wir brauchen also entweder einen besseren Aufheller oder Kunstlicht!
Da ich keinen Aufheller dabei hatte, entschied ich mich für das Blitzgerät, denn ein solches, manuell regelbares Blitzlicht hatte ich doch am Mann! Zunächst belichtete ich mein Modell so, dass der Belichtungsmesser 100% Blitzlicht anzeigte:
Blitzlicht im Gegenlicht auf 100%
Als erstes beachten Sie bitte, dass der leichte Blaustich verschwunden ist: Das reflektierte Licht des sich gegenüber des Modells befindlichen blauen Aufhellers (Himmel) spielt nun keine Rolle mehr, denn ich habe eine gehörige Portion Blitzlicht auf die Person „losgelassen“, welches das schwache Umgebungslicht für die angeblitzte Person im Moment der Aufnahme sozusagen „überstülpte“.
Die Menge dieses Blitzlichtes habe ich mit meinem Blitz-Belichtungsmesser bestimmt und an meinem manuell steuerbaren Blitzes geregelt. Die Lichtabgabe entspricht genau 100 % – also genau der Menge, bei welcher das Modell korrekt vom Blitzlicht belichtet werden müsste, wenn überhaupt kein Umgebungslicht vorhanden wäre, wenn es also Nacht wäre. Am Hintergrund hat sich durch das Blitzen freilich überhaupt nichts geändert. Denn der Hintergrund dieser Fotografie wurde höchstens minimal vom Blitzlicht selbst getroffen. Zum Weißabgleich wählte ich das feste Programm Blitzlicht. Dies bewirkte eine farbneutrale Darstellung der (angeblitzten) Person, aber eine Betonung des warmen Umgebungslichtes. Um genau zu sein, wäre dies ein Bildfehler, denn Vorder- und Hintergrund erhalten leicht verschieden farbiges Licht, so dass man eigentlich einen leicht gelblichen Farbfilter auf das Blizlicht setzen- und einen manuellen Weißabgleich vornehmen müsste. Aber hier verstärkt das gelbliche Hintergrundlicht die „warme“ Abendstimmung.
Dennoch wirkt dieses Bild zweifelsohne völlig unnatürlich. Fast könnte man meinen, es handele sich um eine Fotomontage. Dies liegt einfach an der Intensität der beiden völlig gegensätzlichen Lichtcharaktere, welche sich nun beide einen Platz bei diesem Foto teilen: Kunstlicht + Umgebungslicht. Dieser unnatürliche Look nennt sich „Portylook“ und man kann dadurch sehr effektvolle Bilder blitzen, indem man den Lichtkontrast zwischen Vorder- und Hintergrund sehr hoch ansetzt. Ich möchte nun das Licht des Blitzgerätes aber etwas reduzieren, damit es nicht so dominierend ist:
Reduzierung des Blitzlichtes um 1 Blende Lichtleistung
Dies sieht doch schon wesentlich angenehmer aus! Der Kontrast zwischen dem Hintergrund (hartes Streiflicht) und Vordergrund (hartes Direktlicht) wurde folgendermaßen angepasst: Ich habe zunächst die Grundbelichtung der Kamera beibehalten: Die Landschaft sieht genau so aus wie vorher. Mein Blitzgerät habe ich aber um genau eine Blende in seiner Leistung reduziert. Aber mir ist dieses Blid immer noch zu kontrastreich. Gut eignen würde sich eine solch artifizielle Darstellung einer angeblitzen Person aber für eine plakative Arbeit wie beispielsweise für ein Bandportrait.
Aber man würde immer sehen, dass ein Blitz verwendet wurde. Ich möchte aber noch eine etwas natürlichere Darstellung:
Reduzierung der Leistung des Blitzes um ganze 2 Blenden im Gegenlicht
Bei dieser Aufnahme hatte ich das Modell um ganze zwei Blenden zu knapp durch das Blitzgerät belichtet – immer von dem ausgehend, was mir mein Blitzbelichtungsmesser zu einer 100%-Belichtung rät. Dies ist der natürlichste Weg: Der Gegenlicht-Charakter bleibt erhalten und die Person ist noch so weit vom Blitzgerät aufgehellt, dass selbst noch gerade so eine Strukturzeichnung in der schwarzen Hose des Modells wiedergegeben wird. Eine Reduzierung um lediglich 1,5 Blenden wäre hier vielleicht sogar noch etwas besser zum Aufhellen geeignet gewesen bzw. hätte dem Modell noch einen gewissen Pfiff mitgegeben. Hier muss man etwas variieren.
Aber stellen Sie sich nur einmal vor, der junge Mann hätte eine Lockenpracht. Diese würde im Gegenlicht der Sonne wie Gold strahlen! Hier leider nicht möglich. Das Gesicht ist aber bei dieser Blitzleistungsminderung um zwei Blenden noch gut erkennbar und nicht zu dunkel.
Für wenig Geld bekommt man bereits ein sehr brauchbares Faltreflektor-Set mit dem Umfang von 110 cm. Den Innenteil (ein Diffusor) nutze ich bevorzugt als kompakte Alternative zu einer Softbox.
Es geht bei dieser Technik darum, den Charakter des Umgebungslichtes nicht zu zerstören, sondern nur dezent mit dem Blitzgerät aufzuhellen. Freilich können Sie auch die „Aufhell- und Gegenlichtprogramme“ an Ihrer TTL-Kamera-Blitzkombination nutzen und auf gut Glück los fotografieren (was ich bei hektischen Situationen allerdings auch machen würde). Mit diesem Artikel möchte ich Ihnen aber zeigen, dass hinter der ganzen Gegenlicht- bzw. Aufhell-Geschichte ein ganz bestimmtes Prinzip steckt. Man muss nichts dem Zufall überlassen – sofern man denn einen Blitzbelichtungsmesser besitzt.
Manuelle Blitzsteuerung ohne Belichtungsmesser & Zusammenfassung
Wer aber völlig manuell blitzen möchte und sein manuell regelbares Blitzgerät anhand von Rechnungen und der Leitzahl – also ohne Belichtungsmesser – in der Leistung einstellt, den möchte ich unbedingt auf diesen Artikel hinweisen. Denn meine Blende-Angaben in diesem Artikel beziehen sich allesamt auf die konservative und tatsächliche Lichtmessung – also auf das, was mir mein Belichtungsmesser sagt.
Hier eine Zusammenfassung zum Aufhellen bei Gegenlicht mit dem Blitzgerät:
- Die Kamera wird so eingestellt, dass die Landschaft gut belichtet fotografiert werden kann.
- Das Blitzgerät wird so eingestellt, dass es in seiner Leistung eigentlich 1,5 bis 2 Blenden zu schwach wäre, um die Person korrekt auszuleuchten.
- Das Foto wird gemacht.Zu beachten ist, dass die an der Kamera eingestellten Belichtungszeit nicht schneller als die für den Fotoapparat zulässigen Blitzsynchronzeit ist! Eventuell muss man daher bei Gegenlicht stark abblenden oder einen Graufilter nutzen. Dies wiederum setzt ein genügend starkes Blitzgerät voraus – je nachdem auch wie weit sich die Person vom Blitz entfernt befindet!
Eine Sache hätte ich noch fast vergessen zu erwähnen: Wir nutzen bei Gegenlicht das Kunstlicht als Mittel der Kontrastminderung. Wir gleichen damit den starken Lichtkontrast zwischen dem Vorder- und Hintergrund aus. Nur in diesem Fall ist es tatsächlich ratsam, ein Blitzgerät zu benutzen, welches sich direkt auf der Kamera befindet! Denn wir wollen ja alle Bereiche aufhellen, welche auch das Objektiv „sieht“. Das Gegenteil wäre eine Kontraststeigerung. Dies ist ebenfalls mit dem Blitzlicht möglich – aber freilich bei ganz anderen Lichtverhältnissen und außerdem entfesselt bzw. extern von der Kamera positioniert. Siehe auch hierzu mein Artikel: Etwas Pfiff bei Portraits im diffusen Licht.