Hybrid Fotografieren: Analoge Fotografie mit digitalen Mitteln erweitern
Ich fotografiere seit ca. 15 Jahren. Primär arbeite ich mit analogen Kameras und sehr gerne erstelle ich handgefertigte „Silbergelatineabzüge“ im eigenen S/W-Labor. Auf das Labor kann man jedoch auch verzichten, und die Negative zu hause mit einem Scanner digitalisieren, um einen Kompromiss zwischen analoger und digitaler Fotografie einzugehen: um hybrid zu arbeiten.
Hochwertige analoge Kameras und Objektive sind seit der Jahrtausendwende immer günstiger geworden. Zwar ist heute wieder ein Preisanstieg auszumachen. Doch um sich eine wirklich hochwertige analoge Kamera-Ausrüstung zusammen stellen zu können, bedarf es weit weniger finanziellen Aufwand als es früher einmal der Fall war. Für dieses Geld erhält man eine nur sehr mäßige Digitalkamera.
Ich arbeite z. B. mit einer analogen Nikon FE2. Niemals hätte ich mir früher so eine schöne Kamera leisten können. Hier hört es aber noch nicht auf: Mit einer Mittelformatkamera erzeugt man Negative, die eine Auflösung und einen Dynamikumfang besitzen, welcher jeden Vollformatkamera zumindest ebenbürtig sind. Vom Hand- und Schuhzeug her besitzt man mit einer guten analogen Kamera also zunächst ein äußerst wertvolles und taugliches Werkzeug – für sehr wenig Geld.
Hier sehen Sie die wichtigsten Komponenten bei der hybriden Fotografie: Eine Entwicklerdose für den Film nebst Chemieflaschen, dann eine Entwicklungsmaschine, die man aber keinesfalls benötigt (auch nicht unbedingt zur Farbentwicklung), die aber noch bequemeres Arbeiten bedeutet. Den Scanner benötigen Sie aber unbedingt, sowie natürlich einen Computer, auf dem ein gutes Bildbearbeitungsprogramm installiert ist.
Dies ist ein Scann von einem 5×12-Negativ meiner Panoramakamera.
Und dies ist ein Ausschnitt in voller Größe vom Kirchturm ganz links auf dem obigen Foto. Man kann sogar die Uhrzeit ablesen, bei dem das Foto gemacht worden ist. Eine solche hohe Auflösung ist mit einer Digitalkamera sicherlich gar nicht möglich. Gerade bei sehr großen Negativformaten ergibt die hybride Fotografie durchaus einen Sinn, wenn man Fotografien erhalten möchte, in die man später hinein gehen– und eine Vielzahl an Details entdecken möchte. Bei Porträts wird dies nicht nötig sein, bei Landschaftsaufnahmen jedoch durchaus.
Bei dem Beispielbild wird jedoch auch etwas anderes deutlich: Es ist nicht korrekt ausgefiltert bzw. besitzt einen Farbstich. So ist es wichtig, dass man sich im Bereich Bildbearbeitung am Computer genügend auskennt. Denn hier wird das gleiche vorgenommen, was man früher in der (Farb-) Dunkelkammer beherrschen musste. In der reinen S/W-Fotografie entfällt natürlich der doch durchaus verzwickte Prozess der Farbkorrektur. Zunächst muss aber ersteinmal der Film entwickelt werden, den man mit der analogen Kamera belichtet hat:
Schritt 1: Das Bild wird entwickelt
Der Kern der sogenannten Hybriden Arbeitsweise besteht darin, den Negativfilm zunächst (am besten selbst) zu entwickeln, diesen einzuscannen und somit digitale Bilddaten zur weiteren Verarbeitung am Computer zur Verfügung zu haben. Diese Schritte sind jedoch mit einem gewissen Aufwand verbunden und gehen freilich nicht so schnell wie bei der Digitalfotografie. Andererseits besitzt man mit dem Negativ (oder ggf. Dia) einen physischen Datenträger, der eigentlich nur noch durch einen Hausbrand zerstört werden kann, niemals jedoch durch einen Festplattencrash oder dergleichen. Weiterhin macht gerade das eigenhändige Entwickeln und Scannen durchaus Spaß und bestärkt das Gefühl des „Alles selbst gemacht“ wesentlich, was auch mit einer gewissen Prise Stolz verbunden sein kann.
S/W-Film
Es ist sehr einfach, Schwarz-Weiß-Film zu entwickeln! Der Film, den Sie in die Kamera eingelegt und hernach belichtet haben, zeigt ja nicht automatisch Negativ-Bilder. Diese müssen erst durch einen chemischen Vorgang erzeugt werden. Sie benötigen hierzu eine Entwicklerdose, zwei Chemieflaschen, einen Messzylinder (Messbecher), ein Laborthermometer (ich arbeite mit einem günstigen und genauen „Bratenspießthermometer“) sowie einen S/W-Entwickler und einen S/W-Fixierer. Für all dies gibt es heute einen Markt, auch für frische Filme gibt es einen Markt! Filme werden weiterhin produziert.
Das Wichtigste: Eine lichtdichte Dose, in welche die Filme auf je eine Spule gespult werden, um sie hernach genau zwei Chemiebäder nacheinander auszusetzen.
Ferner benötigen Sie einen absolut dunklen Raum, um den äußerst lichtempfindlichen Film in die Dose zu spulen. Hier gibt es aber auch sogenannte „Wechselsäcke“. Ich saß hierzu auch schonmal im Kleiderschrank. Das Entwickeln selbst erfolgt im Badezimmer bei Tageslicht.
Eine sehr schöne Anleitung zum selber Entwickeln finden Sie auf dieser Seite. In dem meinigen Artikel soll jetzt nicht noch einmal eine vollständige Anleitung erfolgen. Hier möchte ich nur Aufzeigen, was man alles zur hybriden Fotografie benötigt. Natürlich können Sie Ihre Filme auch bei Rossmann oder DM oder beim Fotografen zur Entwicklung abgeben, insbesondere wenn es sich um Farbmaterial handelt.
Der Nachfolger des 2410er ist der BenQ BL2420PT. Für einen Bruchteil des Preises für professionelle Monitore bietet er ebenfalls eine nahezu 100%ige sRGB-Abdeckung und ist zudem profilierbar, besitzt also wichtige Eigenschaften für die Grafikbearbeitung am Computer.
Farbfilm selber entwickeln
Doch auch Farbfilme kann man recht einfach selbst entwickeln! Hierbei spart man jedoch kaum Geld, wie es bei der S/W-Entwicklung der Fall ist. Geld würde man sparen, wenn man gleich Chemie für 5 Liter kauft. Doch hier gibt es ein Problem: Setzt man diese Farb-Entwicklungschemie einmal an, wird sich dieser Ansatz nur wenige Wochen halten. Man müsste also in kurzer Zeit recht viele belichtete Filme bereit liegen haben. Der Vorteil für den hybriden Prozess ist hier primär, dass man am Abend die Früchte seiner Arbeit sofort sehen kann. Es ist ein schöner Moment, den nun fertigen Film aus der Dose zu holen, ihn zum Trocknen aufzuhängen und die Bilder zu beurteilen. Weiterhin gibt man seinen kostbaren Film nicht mehr aus der Hand.
Dies ist eine Entwicklungsmaschine von Jobo (Modell CPE 2). Sie hat die Aufgabe, die Chemie und die Entwicklungsdose in einem Wasserbad warm zu halten sowie die Dose zu drehen. Sie ist nur für die Farbentwicklung notwendig! Doch man kann durchaus auf eine solche Entwicklungsmaschine verzichten. Ich arbeite einfach mit einem Mantelbad zum warmhalten der Chemikalien:
Das Mantelbad hält mir die Chemie schön warm und zwar über ca. 20 Minuten genügend konstant. Den Prozess der Farbentwicklung nennt man auch „C-41-Entwicklung“ und er ist (im Gegensatz zur S/W-Entwicklung) genau genormt: Alle Entwicklungszeiten sind für jede Filmsorte gleich. Ich entwickele Farbfilme im hybriden Prozess stets bei ca. 25 °C. Das funktioniert sehr gut.
Auch hierzu gibt es eine gute Anleitung im Netz.
Schritt 2: Den Film digitalisieren: Der Flaschenhals Scanner
Sie benötigen einen guten Negativscanner! Und hier kommt ein Gerät ins Spiel, welches nicht günstig ist, im Gegensatz zu allem anderen, was für die Hybride Fotografie nötig ist. Ich empfehle den Epson 4990 Photo, den ich in diesem Beitrag getestet hatte. Der Epson kostet per Ebay gebraucht ca. 140 € (Zeitpunkt Erstellen dieses Artikels) und liefert genügend gute Ergebnisse, um die hybriden Bilder später in guter Qualität groß drucken zu lassen.
Mit dem Epson 4990 Photo lassen sich alle Negative bis zu einer Größe von A4 scannen: Minox, Kleinbild, Mittelformat, Großformat. Die Auflösung genügt durchaus auch für größere Drucke, wenn man Negative ab 6×6 scannt.
Möchte man sich einen neuen Scanner für die Hybride Fotografie gönnen, so käme hier der neue Epson V800 oder V850 pro ins Spiel. Diese Geräte kosten jedoch um die 900€! Das ist das Problem bei der Hybriden Fotografie: Die Filmscanner sind teuer. Klar, es gibt auch sehr günstige Geräte, teils beim Discounter mitunter. Doch durch diese (100-Euro-Klasse) erhält man eher mäßige Bildergebnisse.
Dann gibt es noch echte Filmscanner. Doch die kosten so viel Geld (ab 1000€), dass man sich hierbei zweimal überlegt, ob man statt hybrid nicht gleich wieder digital fotografieren möchte. Je größer das Negativformat ist, desto einfacher kann der Scanner sein. Ich fotografiere viel im Format 6×9. Hier reicht der Epson durchaus aus, um qualitativ hochwertige Bilder drucken zu lassen. Die Abildungsqualität bzw. Auflösung des Epson Perfection 4990 Photo (so heißt das Gerät im Ganzen) ist meines Tests nach genau so gut wie die der neuen Epson V800-Scanner! Er ist also bei den günstigen Gebrauchtpreisen ein echter Geheimtipp.
Technik des Scannens
Weiterhin sollte der sogenannte Workflow beim Scannen im Hybridprozess wohl überlegt sein! Ich empfehle immer, zunächst einen „Roh-Scan“ vorzunehmen: Alle Bildinformationen sollen digitalisiert werden. Das Bild muss an dieser Stelle des hybriden Prozesses noch keinesfalls gut aussehen. Es sollte vielmehr zu flau erscheinen und die Farben (bei Farbfilmen) müssen noch nicht stimmen.
Ich verzichte beim Scannen auf die „Auto-Stellung“ und scanne die Negative im gesamten Tonwertumfang und etwas darüber hinaus (Nr. 2 im Screenshot). Erst später wird in der Bildbearbeitung eine „Postproduktion“ erfolgen. Lesen Sie in diesem Artikel mehr zur Technik des Rohscans.
Schritt 3: Die Bildbearbeitung
Sie werden einen Computer besitzen. Je nach Größe und Menge der Bilddaten, die gleichzeitig bearbeitet werden sollen, muss dieser eine gewisse Leistung aufweisen. Zur Bildbearbeitung in der hybriden Fotografie von „normalen“ Dateien bedarf es jedoch auch einen normalen Computer oder Laptop. Es muss kein besonders starker Computer sein.
Mein guter, alter Thinkpad Laptop eignet sich ohne Probleme für die Hybride Fotografie. Wichtiger ist das Bildbearbeitungsprogramm: Ich nutze Photoshop. Es gibt aber auch eine kostenlose Alternative: Gimp. In der Bildbearbeitung wird das Foto zunächst beschnitten, gespiegelt, ausgerichtet und der Kontrast angepasst. Dann müssen sowohl die Tonwerte angepasst werden und bei Farbfotografien sollte erst hier die Farbkorrektur erfolgen.
Es ist völlig falsch, anzunehmen, dass man Fotos nicht bearbeiten muss. Fotografien werden und wurden immer bearbeitet, auch vor 100 Jahren (und nicht zu knapp). Wenn Sie in der Hybriden Fotografie die Bearbeitung von Automatiken (Scanner-Software) überlassen, verschenken Sie Potential. Allerdings ist das Bearbeiten von Fotografien mit einer gewissen Lernphase verbunden, das darf nicht verschwiegen werden.
Fazit
Wenn Sie im Kleinbild fotografieren und nur einen mäßigen Scanner besitzen, werden Sie mit der hybriden Fotografie Ergebnisse erhalten, die jede moderne Digitalkamera toppen kann. Wenn Sie im Mittelformat arbeiten und einen besseren Scanner besitzen, können Sie mit der hybriden Fotografie-Technik hervorragende Bildergebnisse erzeugen, für die man im rein digitalen „Sektor“ viel Geld für eine entsprechend hochwertige Digitalkamera ausgeben müsste.
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Ich arbeite primär mit einer alten 6×9-Kamera. Diese erzeugt bereits sehr hochaufgelöste Negative. Ich scanne dann mit dem Epson 4990 (und jetzt aktuell mit dem V800) und kann diese Bilder genügend groß ausdrucken lassen, so dass man beim Herangehen noch eine Vielzahl an Bilddetails erkennen kann. Weiterhin ist mir der physische Datenträger meiner Fotografien wichtig: Das Negativ. Ich hefte diese in einem Ordner ab und muss mir keine Gedanken darüber machen, dass diese irgendwann nicht mehr lesbar sein werden. Achja, und Spaß macht die hybride Fotografie natürlich auch. Man muss jedoch Kenntnisse in der Bildbearbeitung haben, genau so, wie man sich solche für den rein analogen Prozess im Fotolabor antrainieren musste.
Danke für den Artikel! Nach einer langen, rein digitaler Phase habe ich jetzt wieder analoges Fotografieren wieder entdeckt. Als Scanner verwende ich einen Plustek 8200i SE.
Meine Frage: Ist, wenn man den S/W-Film entwickelt bezüglich Zeiten und verwendeter Chemie etwas Besonderes zu beachten?
Grüsse aus Salzburg
Gerhard May
Hallo, welchen S/W-Filmentwickler man für das Entwickeln nutzt, hängt vom gewünschten Anspruch an Körnigkeit, Ausgleichsvermögen (Dynamikumfang), Empfindlichkeitsausnutzung und Haltbarkeit des Konzentrats ab. Hierzu gibt es nahezu unendliche Debatten im Netz. Ich bin der Meinung, man sollte am besten einen Entwickler nutzen, welcher einen guten Kompromiss darstellt. Ich nutze gerne Kodak Xtol oder D76. Fürs Mittelformat und 100 ISO nutze ich auch das beliebte Rodinal, nicht jedoch für Kleinbild. Aber hier muss jeder selbst entscheiden.
Wichtig ist, dass man den Film (nachdem er reichlich bzw. nicht zu knapp belichtet wurde) nicht zu lange entwickelt und / oder zu oft beim Entwickeln kippt. Denn dann „steilen“ die Lichter auf, was ihn nicht so gut scannen lässt. Sind die Ergebnisse jedoch zu flau, kann man den Kontrast, wenn man ohnehin schon hybrid arbeitet, sehr gut mittels PC bzw. Software wieder anheben. Ich selbst belichte meine S/W-Filme reichlich (durchaus auch „über“) und entwickele sie in verdünntem Entwickler, also ausgleichend bzw. nach dem Prinzip „Pull-Entwicklung„. So erhalte ich meine schönen Graustufen.
Zum Fixierer habe ich nichts zu sagen: Da eignet sich jeder gleichermaßen gut.
Viele Grüße zurück!
Hallo Freunde der analogen Fotografie,
Panoramabilder mit der xpan fotografiert gibt es unter
www.panorama-magica.de
Grüße Euch
Don Ernesto
Vielen Dank für den guten Artikel. Er beschreibt anschaulich Vorteile und genauso den unvermeidbaren Aufwand für die Bearbeitung der Negative bzw. Erstellung der Fotos.
Ich mag weiterhin die analoge Fotografie, habe selber früher SChwarz-weiss vergrössert, und bin mir noch nicht sicher o ich eher jetzt digital fotografieren soll oder mir den Mehraufwand – im Sinne von Arbeit, nicht von Geld – für die analoge Fotografie leisten soll.
Der Artikel hilft mir bei der Entscheidung.
Gruss aus Zürich
Albert