Fotografieren mit Mischlicht: Blitz und Umgebungslicht mixen
Heute möchte ich einmal vier angewandte Fotografien zeigen sowie deren technische Entstehung erklären. Es geht darum, zusätzlich zum Blitzlicht auch vorhandenes Dauerlicht zu nutzen: also um das Fotografieren mit Mischlicht.
Oft ist das vorhandene Licht für eine Fotografie bereits sehr gut: Das Arbeiten bei Available Light (man nutzt einfach das Tageslicht) reicht für sehr gute Fotografien. Dann gibt es Situationen, wo man nur Kunstlicht einsetzt (wie in vielen Artikeln auf meinem Blitzblog beschrieben). Und dann, ja dann gibt es natürlich noch die wunderbare Möglichkeit, beides zu kombinieren.
Auf diesem Foto sieht man das (minimalistische) Setting für den Lichtaufbau einer typischen angewandten Fotografie: Blitzlicht gegen eine weiße Fläche + Fensterlicht. Diesen Bildern widme ich mich etwas weiter unten näher.
Jüngst hatte ich Fotografien einer Ausstellung angefertigt. In den Ausstellungsräumen gab es bereits ein sehr gutes Licht: Neonröhren befanden sich in großer Anzahl hoch an den Decken. Zunächst waren die Räume also gut ausgeleuchtet. Dass diese Deckenlampen schön hoch hingen, war nicht unwichtig, denn somit umging man den typischen Lichtabfall, den eine Leuchte mit sich bringt: Nahe Teile von Objekten sind heller als etwas weitere entfernte (hier weiter unten befindliche). Durch die relativ weite Entfernung dieser Leuchten (hohe Wände) wurde dies kompensiert (lesen Sie hier mehr zum Phänomen Lichtabfall). Zwar besitzen Neonröhren immer einen Grünstich, doch kann man dies sehr einfach mit einem manuellen Weißabgleich korrigieren. Jedoch schweife ich ab:
Zwei der Exponate leuchteten selbst. Hier war das Umgebungslicht abgeschaltet, die entsprechenden Räume abgedunkelt. Würde ich ein selbst leuchtendes Objekt direkt und ohne Nachdenken anblitzen, würde man das Leuchten dieser Motive gänzlich übertünchen.
Ich zeige zunächst ein Beispielbild, damit sie wissen, wobei es bei mir konkret ging:
Die ist eine Installation: Drei Dia-Projektoren mit Rondell und automatischem Bildwechsel (einer ist hier nicht zu sehen) erzeugen zufällige Kollagen an der gegenüberliegenden Wand. In diesem Raum sind es lediglich diese Projektoren, die eine gemeinsame Lichtquelle bilden und zwar natürlich mittels der Projektion auf der gegenüberliegenden Seite als auch etwas durch die Lüftungsschlitze auf der Rückseite. So etwas kann man professionell nur mit einem zusätzlichen Blitzlicht fotografieren (behaupte zumindest ich). Denn wie würde das Foto aussehen, wenn man auf ein zusätzliches Kunstlicht verzichten würde? Die Projektoren selbst wären überhaupt nicht richtig abgebildet worden, der Raum wäre äußerst dunkel. Eigentlich würde man nur die Projektion sehen, den Rest nunmehr schemenhaft. Doch bei dieser Fotografie war es mir wichtig, zusätzlich zur Projektion selbst auch die Technik dahinter abzubilden. Ich wandte hier erfolgreich die Technik des Mischlichtes an. So hatte ich das Foto gemacht:
Vorgehensweise beim Beispielbild
Als erstes widmete ich mich dem ganz normalen Umgebungslicht bzw. dem Licht, welches die Projektoren verursachten:
Die Kamera auf das Dauerlicht / Umgebungslicht einstellen
Zunächst stellte ich an meiner Kamera die gewünschte Blende ein. Die Blende ergibt sich aus der gewünschten Schärfentiefe sowie der bestmöglichen Abbildungseigenschaft des Objektives: Mein Objektiv besitzt bei ca. Blende 5.6 seine beste Abbildungsqualität. Da ich mit dem sogenannten Zonenfokus fokussiere (eine ganz bestimmte Distanz im Bild soll absolut gleich scharf abgebildet werden), musste ich jedoch auf Blende 8 abblenden. So werden die Projektoren im Vordergrund als auch die Projektion schön scharf wieder gegeben. Keinesfalls konnte ich hier einfach den Autofokus der Kamera gebrauchen. Ich wollte bei dieser Fotografie keinerlei Unschärfe (Vordergrund / Hintergrund) im Bild haben.
Nun kommen wir zum Licht. Die Blende steht, als ISO-Wert nahm ich „100“, denn damit hat man bekanntlich das geringste Bildrauschen. Die Belichtungszeit ergab sich durch einige Testaufnahmen in Hinblick auf die Projektion und die Lüftungsschlitze der Projektoren: Beide haben ungefähr die selbe Helligkeit und waren auch die hellsten Elemente des Motivs – Sie sollten gerade so noch nicht überbelichtet werden aber freilich ausreichend hell erscheinen. Hierzu benutzte ich das Histogramm meiner Digitalkamera. Bei einer Belichtungszeit von 2 Sekunden kam es gerade so noch nicht zu einer Überbelichtung bzw. zu einem Ausfressen der Lichter. Somit standen bereits alle Parameter fest, die dazu wichtig waren, alleine das Umgebungslicht / die Projektion korrekt aufzuzeichnen. Natürlich nutzte ich hier ein Stativ! Denn niemand kann zwei Sekunden aus der Hand belichten, ohne dass es zu „Verwackelungen“ kommt.
Allein: Damit hätte ich weder die Projektoren selbst noch den Raum genügend auf dem Foto abbilden können. Alles wäre in einem düsteren Raum untergegangen. Man hätte nur die Projektion sowie die hellen Lüftungsschlitze der Diaprojektoren sehen- bzw. eher vermuten können. Die Dreidimensionalität des Raumes wäre höchstens erahnbar gewesen. Ich wollte jedoch keine abstrakte Fotografie sondern eine sachliche, eine angewandte, um die Installation so abzubilden, wie sie dem Betrachter vor Ort erscheint. Etwas Kunstlicht musste zusätzlich her! Ich musste mit Mischlicht arbeiten.
Hinweis: Unsere Augen, eher unser Gehirn sorgt dafür, dass wir bei einer solchen Lichtsituation vor Ort dennoch den Raum selbst einigermaßen gut wahr nehmen können. Eine Kamera kann dies nicht. Hier muss (mit zusätzlichem Licht) etwas getrickst werden.
Das Blitzgerät zusätzlich einsetzen
Auf die Kamera steckte ich meinen günstigen TTL-Yongnuo-Blitz (direkt in den „Hot Shoe“). Die TTL-Funktion, dies sei gleich erwähnt, nutzte ich hier nicht. Bei einem solchen Arrangement muss manuell gearbeitet werden!
Mit dem Blitzgerät als nun zweite Leuchtquelle (die erste ist die der Projektoren) wollte ich nun zusätzlich den Raum ausleuchten, ohne dass die Projektion selbst vom Blitzlicht übertüncht wird. Das Blitzlicht durfte also keinesfalls heller sein als das Licht der Diaprojektoren.
Damit der Raum gleichmäßig und ohne harte Schlagschatten ausgeleuchtet wird, braucht man den Reflektor nur gegen die Zimmerdecke richten. Ich wandte hier also die Methode des indirekten Blitzen an. Also ganz einfach! Den Lichtfleck an der Decke setzte ich jedoch eher näher an den Projektoren als hinten bei der Projektion. So hatte der vordere Bereich des Raumes etwas mehr Licht durch den Blitz als der hintere, um nicht doch noch die Projektion zu übertünchen und um die Diaprojektoren / die Bierkästen, auf den sie stehen, genügend hell abzubilden. Die Leuchtstärke meines Yongnuo-Blitzgerätes stellte ich völlig manuell ein! Dies musste freilich durch einige Testaufnahmen (die vorherigen Parameter an der Kamera: ISO, Blende und Belichtungszeit blieben natürlich unverändert) und mittels dem Histogramm der Kamera ausgetestet werden.
Falls jedoch die Leuchtstärke Ihre Blitzgerätes nicht ausreicht um bei der vorher an der Kamera eingestellten Blende den Raum genügend hell auszuleuchten (bei z. B. sehr hohen Räumen), können Sie einfach mit einer sogenannten Servozelle ein zweites Blitzgerät (oder gar noch mehr) gleicher Leistung zünden und erhalten somit mindestens eine ganze Blende zusätzlichen Lichtgewinn.
Als fast letzten Schritt musste unbedingt noch ein manueller Weißabgleich vorgenommen werden, denn durch das Mischlicht ergab sich ja auch eine gemischte Farbtemperatur: Ich richtete das Objektiv gegen die weiße Wand rechterhand und „zoomte“ einen Ausschnitt gänzlich heran. Nun machte ich den manuellen Weißabglich mit Rücksicht auf die Mischlicht-Situation: Licht des Blitzes + Licht der Projektion. Nun stellte ich die Kamera / das Objektiv wieder auf das eigentliche Motiv ein. Den Weißabgleich kann man später natürlich auch im RAW-Konverter der Bildbearbeitung vornehmen.
Nun nahm ich (ich bin da Perfektionist) noch eine kleine Wasserwaage und richtete die Kamera absolut lotrecht aus, damit es zu keinen optischen Verzerrungen kam (schiefe Wände).
Nach drei Testaufnahmen hatte ich mein Bild: Durch ein Mischlicht aus dem Dauerlicht der Diaprojektoren und dem zusätzlichen, schwächeren Blitzlicht ergab sich eine sehr ausgewogene Belichtung, bei der alles dieses Ensembles klar sichtbar-, jedoch die Lichtprojektion am Ende des Raumes nicht in ihrer Wirkung beeinträchtigt war. Eine schöne, technisch gut gemachte Aufnahme.
Ein weiteres Beispielfoto mit Mischlicht aus selbstleuchtendem Objekt und Blitzlicht
Auf der selben Ausstellung fertigte ich die nun folgende Aufnahme an:
Hier arbeitete ich nach dem selben Prinzip wie bei dem vorherigen Foto. Theoretisch ist der Raum selbst durch das Blitzlicht unterbelichtet: Die weißen Wände erscheinen ja nur grau. Dies tut der Bildwirkung jedoch keinen Abbruch! Der Raum durfte nicht zu hell ausgeleuchtet werden, denn dadurch wären die selbstleuchtenden Elemente vom Blitzlicht übertüncht gewesen. Ferner sollte natürlich das natürliche Dunkel des Raumes nicht zerstört werden. Auch hier arbeitete ich mit dem Zonenfokus, um möglichst alles scharf abzubilden (was nicht ganz gelang), mit einer Belichtungszeit von ca. zwei Sekunden vom Stativ und mit dem Aufsteckblitz, dessen Kopf gegen die Raumdecke gerichtet war. Auch ist das Foto leicht schief, aber in diesem Artikel soll es ja primär um das Mischlicht gehen.
Mischlicht aus Umgebungslicht und Blitzlicht
Und wieder eine Fotografie der selben Ausstellung:
Auch hier war mein Ziel, eine klare, sachliche Aufnahme anzufertigen, bei der alle Elemente gut sichtbar sind. Dies war wahrlich eine recht knifflige Aufnahmesituation. Warum? Hier haben wir drei verschiedene Lichtquellen mit unterschiedlicher Farbtemperatur!
Farbtemperaturen bei Mischlicht
Zum einen ist da das Tageslicht im Fenster. Dann gibt es das Raumlicht der Neonröhren. Und zu guter Letzt ist da auch noch mein Blitzlicht im Spiel, welches wieder oben gegen die Raumdecke gerichtet war, um den Raum gleichmäßig und weich auszuleuchten. Das sommerliche Tageslicht hat einen recht neutralen Farbton mit Tendenz zu „warm“, also Gelb. Die Neonröhren jedoch haben einen Grünton! Sie sehen diesen z. B. oben links. Auch das hölzerne Wägelchen besitzt einen leichten Grünstich, bedingt durch das Licht der Neonröhren. Mein Blitzlicht besitzt ebenfalls ein sehr neutrales, weißes Licht. Wie soll man diese drei Farbtemperaturen nun so zusammen bringen, dass einheitlich eine gleiche Lichttemperatur ohne Farbstich entsteht? Es geht nicht.
Halt! Es ginge doch, jedoch müsste man dann Farb-Korrekturfilter unter die Neonröhren hängen, welche ich natürlich in der Anzahl und Größe nicht dabei hatte bzw. besitze. Man hätte die Neonröhren aber einfach ausschalten können und die Räume rechts und links nur mit weiteren Blitzgeräten künstlich ausleuchten können. Dies ging vor Ort aber nicht, denn ich befand mich ja bei einer laufenden Ausstellung. Ich hätte aber einen leichten Grünfilter auf mein Blitzgerät schieben können, um wenigstens mit den Neonröhren d’accord zu sein (ein manueller Weißabgleich ist dann erst recht von Nöten aber keinesfalls ein Problem). Das Tageslicht hätte sich dann jedoch gegen Violett verschoben, was sicherlich ein Experiment wert gewesen wäre. Leider hatte ich meine Farbfilter (Korrekturfilter) nicht dabei.
Es ist aber dennoch eine schöne, klare Aufnahme geworden! Vielleicht sind die im Bild leicht unterschiedlichen Farben sogar etwas „Salz in der Suppe“. Diesmal war es das Fensterlicht anhand dessen ich die Belichtungszeit der Kamera einstellte. Dieses war sehr hell und sollte nicht „überstrahlen“. Leider büßte dadurch die Projektion des „Beamers“ auf der Leinwand etwas an Helligkeit ein (sie hätte durchaus noch heller erscheinen können).
Waren Sie mal beim Film? Hier hat man bei Innenraumaufnahmen mit genau diesen Problemen zu kämpfen. Auf einem Filmset werden dann Milchglasfolien von außen vor die Fenster gehangen und zusätzlich mit starken „Arri-Sonnen“ von außen die Sonne simuliert, die dadurch nämlich niemals im Laufe des Tages an Intensität bzw. Farbcharakteristik verlieren kann. Grünstichige Neonröhren kämen hier ohnehin nicht zum Einsatz. Jedoch konnte ich bei meinem Bild nur sehr bedingt in das Arrangement eingreifen. Und: Beim Film hat jeder Beleuchter einen großen Koffer mit allerlei Farbfolien dabei. Diese werden dann vor die Leuchtmittel (oder Fenster) montiert, um die einzelnen Lichtquellen ungefähr auf die gleiche Farbtemperatur bringen zu können.
Auf dem Dachboden: Tageslicht und Blitzlicht mischen
Für einen Artikel benötigte ich einige Aufnahmen eines Rudergerätes. Dieses sollte auf einem Dachboden fotografiert werden:
Sie sehen Es: Hier gibt es natürlich die typischen Dachbodenfenster, durch die das Tageslicht fällt. Dieses Tageslicht sollte die primäre Lichtquelle sein. Denn der typische „Dachboden-Charakter“ mit dem gerichteten Licht, welches wenig gestreut wird (da keine weißen Wände vorhanden), sollte beibehalten werden.
So schaut mein Foto ohne Blitzlicht aus:
Es wurde hier also nur „available Light“ genutzt, also nur das Licht, welches von schräg vorne durch das Dachbodenfenster fiel. Ein weiteres Fenster befindet sich hinter dem Ruderer und beleuchtete dessen Rücken. Eigentlich ist dies bereits eine aussagekräftige Fotografie. Sie ist mir aber zu aussagekräftig: Denn dadurch, dass es droben auf dem Dachboden keine weißen Wände und keine weiße Decke gibt, wird das Licht der beiden Fenster kaum im Raum reflektiert. Das bedeutet: Es entstehen markante dunkle Schatten!
Um genau zu sein: Der Ruderer wird bereits von der Seite durch das Bettlaken aufgehellt. Bereits ein simpler Klapp-Aufheller hätte bei dieser Fotografie gute Dienste getan! Aber wir wollen es doch noch etwas technischer wagen:
Diese Schatten sollten mittels Mischlicht abgeschwächt werden. Wie Sie auf dem ersten Foto unter diesem Punkt sehen, hatte ich einfach mein Lichtbildner-Bettlaken aufgespannt. Auf diese weiße Fläche waren zwei Blitze gerichtet (ich brauchte allerdings nur ein einziges, das war stark genug).
Und so sieht dann die erste Aufnahme aus:
Dies ist natürlich schon etwas anderes. Allein: Jetzt war mir der Aufhell-Effekt des Blitzes wieder zu stark. Beim Fotografieren mit Mischlicht ist es ja wichtig, dass man die Kunstlichtquelle (das Blitzlicht) fein auf das Tageslicht abstimmt. Daher nutze ich ja auch stets manuell einstellbare Blitzgeräte. TTL und Automatiken bringen mir hier kaum etwas.
Also verringerte ich die Leistung des Kunstlichtes:
Leider ist auf diesem Foto die Perspektive etwas anders. Aber die Wirkung sollte ersichtlich sein: Das Fensterlicht war weiterhin die primäre Lichtquelle, die den gesamten Charakter der Fotografie bestimmt. Zusätzlich gab es ein weiches Blitzlicht von der Seite. Dieses durfte aber nicht zu stark sein bzw. den typischen Dachbodencharakter zerstören. Es ist ja keine Aufnahme in einem Fotostudio, wo alles gerne vollständig ausgeleuchtet wird. Eigentlich hätte ich das Blitzlicht noch etwas weiter runter mischen sollen. Aber auch so bin ich mit der Aufnahme zufrieden.
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Übrigens: An der Kamera selbst wurde bei diesen Vergleichsbildern nichts geändert. Blende, ISO, Belichtungszeit – all diese Einstellungen blieben gleich. Es wurde je lediglich die Leistung des Kunstlichtes variiert.
Die sicherlich populärste Form des Mischens von Blitz und available Light (Sonnenlicht) ist das Aufhellblitzen. Wie im verlinkten Beitrag ersichtlich, kann aber auch ein entfesseltes Kunstlicht zusätzlich mit einem aufhellenden Blitz kombiniert werden. Und am häufigsten wird so etwas sicherlich mit dem aufgesteckten TTL-Blitz bei Gegenlicht durch Sonnenschein genutzt.
Sie sehen: Kunstlicht, available Light und beides zusammen als Mischlicht ist ein sehr faszinierendes Gebiet.